Die Liebe in Worten oder die Schönwettervaterschaft

Jetzt muss ich eben doch.

Ich hatte bereits geschrieben, dass mich der Text „Ich liebe meine Kinder vom Büro aus“ bewegt hat. Denn ich teile die Meinung, dass die bloße Anwesenheit des Gefühls Liebe bei einer Person nicht ausreicht, um als Leistung (oder irgendwas) bei einer zweiten Person anerkannt werden zu können.

Der zitierte Text ist eine Antwort auf einen anderen Vater-Text, der im Grunde sowas sagt wie: Ich bin kein schlechter Mensch nur weil ich kaum Zeit mit meinen Kindern verbringe. Früher war das Standard, davon ist auch keiner gestorben. Die Väter haben ihre Kinder auch lieb gehabt!

Jetzt gibt es wieder eine Antwort auf die Antwort sozusagen, in der konkret steht:

Die Aussage, dass Liebe kein Kriterium für die Beurteilung der Leistung eines Vaters sein kann, ist für mich ebenso schwer nachvollziehbar und niveaulos, wie die Aussage, dass ein Mensch anderer Hautfarbe nicht mein Nachbar sein kann. [1]

Mal abgesehen davon, dass ich überhaupt nicht verstehe was der 2. Teil des Satzes mit dem ersten zu tun hat, möchte ich entschieden widersprechen.

Meiner Auffassung nach kann man sich das Wort Vater auch schenken und durch Mensch ersetzen.

Einem Freund, einem Vater, einem Partner, einer Freundin, einer Mutter, einer Partnerin, der/die sagt „Ich liebe dich“ und den Worten keine Taten folgen lässt, kann ich persönlich wenig abgewinnen.

Für solche Oberflächlichkeiten ist mein Leben zu kurz.

Wenn ich in meinem Leben zurück blicke, gibt es allerdings ausreichend Personen dieser Art. Aber waren sie da als ich sie brauchte? Nein.

Natürlich geht es nicht nur um die Einheit „Zeit verbringen“, natürlich ist das als bloßes Kriterium genauso dumm und wertlos wie die bloße Aussage „Ich liebe dich“.

Bin ich also nur ein guter Vater, wenn ich so viel Zeit wie möglich mit meinem Sohn verbringe? Egal wie? [1]

Ne, biste nicht. Genauso wenig wie der Vater, der jeden Tag bis 20 Uhr im Büro abhängt und am Telefon „Ich lieb dich“ zu den Kindern sagt, wie andere Leute „Tschüß“ sagen.

Und diese Diskussion um Leistung. Elternschaft sei schließlich keine Leistung oder etwas das man messen könne oder solle. Ist sie in meinen Augen doch (nicht nur, aber auch).

Care-Arbeit.

Am Anfang war mir dieses Wort fremd und ich hab mich gefragt, ob man wirklich für alles immer einen hippen Anglizismus braucht. In der Zwischenzeit denke ich: Ja, den braucht man. Weil der Begriff eben sehr gut beschreibt, was Elternschaft auch umfasst. Arbeit! Es wird organisiert, mitgedacht, geplant, geteilt, mitgetragen, gepflegt, es werden Opfer gebracht (die man auch gerne bringt, weil man das Kind ja liebt).

Aber ein hinreichend guter Vater – eine hinreichend gute Mutter ist man nicht, weil man es im Herzen sein will und für sich sagt: Ich liebe das Kind doch.

Ein hinreichend guter Vater – eine hinreichend gute Mutter ist man wenn man da ist, wenn man präsent ist, wenn man eine Stütze ist, wenn man einen Hafen bietet und im Notfall ein verlässlicher Kämpfer an der Seite des Kindes.

Wenn man sich verdammt nochmal einbringt und nicht nur ein Schönwettermensch ist. Verantwortung übernimmt. Wenn man auch da ist, wenn es schwer wird, wenn es anstrengend wird, wenn es an die eignen Grenzen geht.

Das regt mich so auf.

Im Text steht auch:

Ob sie ihren Kindern etwas mitgeben, ihren Kindern etwas beibringen, ihre Neugier wecken, ihnen Geduld schenken, etwas auszutüfteln und Herausforderungen selbst zu schaffen. Das geht schon beim Abknibbeln von Fußball-Klebebildchen los. Es geht meiner Meinung nach auch darum, den Kindern neue Horizonte zu bieten aber auch Grenzen aufzuzeigen. Und als Vater die damit verbundenen Konsequenzen auszuhalten. All das hat nichts mit Zeit, sondern mit Liebe zu tun.

Genau und es hat mit noch mehr Liebe zu tun Kotze aufzuwischen, Windeln zu wechseln, Nächte zu durchwachen, Seelennöte zu lindern.

Wenn meine Mutterschaft sich beschränkt auf Fußball-Klebebildchen abknibbeln, gemeinsam Sendung mit der Maus schauen und Achterbahnfahren, dann bin ich echt die tiefenentspannteste Mutter der Welt.

Aber die Frage ist: Wie fühlt sich mein Kind, wenn es krank ist und ich immer im Büro bin, weil es angeblich sein muss? Wie fühlt sich mein Kind, wenn es etwas Tolles erlebt und das Erlebnis nicht mit mir teilen kann, weil ich im Büro bin und erst nach Hause komme, wenn es schon schläft?

Ach, was rege ich mich auf. Ich gehe jetzt lieber Eis essen.

Lesen Sie auch „Neue Väter. Ein Abgesang„, da steht alles strukturierter.

Passt auch irgendwie „Eltern machen alles möglich bis es sie zerreisst„:

Mein Kind hatte einen angeknacksten Fuß, lag morgens im Bett und konnte nicht aufstehen. Das war die Situation: Mein Mann ist weg, ich muss zum Flughafen, das Taxi steht schon vor der Tür. Und da fange ich an, hektisch rumzutelefonieren, wer jetzt das Kind nehmen kann. Das Kind weint und klammert. Und ich sage nicht: So, mein Kind hat einen angeschwollenen Fuß, dies ist der Tag, an dem ich zu Hause bleiben werde. Ich hab das heulende Kind im Taxi bei der Kinderfrau vorbeigefahren und bin pflichtschuldigst zum Flughafen weitergerast. Und erst im Flugzeug hab ich gedacht: Was hast du denn da gerade gemacht? Welches Gefühl bleibt da beim Kind zurück? Egal, was mit mir ist: erste Prio hat Mamas Job?!

Denn an der Stelle spätestens kann man sich fragen, was die Liebe alleine in so einem Fall dem Kind bringt und ob man sich und dem Kind solche Situationen nicht ersparen möchte.


[1] Was macht einen guten Vater aus?

114 Gedanken zu „Die Liebe in Worten oder die Schönwettervaterschaft“

  1. Yvi sagt:

    Liebes Nuf,
    ich bin deiner Meinung. Vollumfänglich. Unsere Beziehung ist (zum Glück?) schon vor dem ersten Kind an diesen Punkten gescheitert.
    Ich merke trotzdem, wie sehr ich in der Frauenrolle bin. Ich bin Single und ohne Kind. Trotzdem mache ich einen Job, der vor allem sicher und flexibel ist. Wäre ich ein Mann, würde ich kündigen und etwas aufregenderes machen. Aber so bleibt der Gedanke „es ist doch aber sicher, der andere Job ginge mit Kindern nicht und dann werde ich arbeitslos und mit Kind ist es schwer etwas neues zu finden.“.
    Ich habe einige Freunde, die sich fest vorgenommen haben, die Kinderbetreuung hälftig zu teilen. Da sind Menschen, die das wollen.
    Aber 6 Monate Elternzeit und 10 Tage Kinderkrank und 10 Stunden weniger Arbeitszeit sind genauso schwierig bis unmöglich wie die Variante 12 Monate, 20 Tage, 20 Stunden.
    Da ist das befreundete Ärztepaar. Zusammen studiert und gemeinsam als Notfallchirurgen im Krankenhaus angestellt. Beide hatten den Wunsch zu reduzieren. Beide wollten nicht mehr 70 Stunden arbeiten, Nächte im Krankenhaus verbringen. Beide wollten Zeit fürs Kind.
    Beide haben versucht dafür zu kämpfen und bei beiden hieß es „entweder ganz oder Kündigung abholen“.
    Was macht man dann? Schlussendlich arbeitet einer ganz und einer gar nicht und beide finden das doof. Bewerbungen für andere Stellen in Teilzeit oder zumindest mit verlässlichen Arbeitszeiten verlassen das Haus regelmäßig. Aber es regnet Absagen. Wenn alle das fordern würden ginge es bestimmt. Aber bis dahin?

  2. Pingback: just a thought
  3. Franziska sagt:

    Ob die Mütter, die meinen, das Kind sei vom Büro aus (vom Mann nämlich) genauso gut zu lieben wie in echter Begegnung, dieselben sind wie die, die die Auffassung vertreten, ein Kind schon so früh“fremdbetreuen“ zu lassen und nicht komplett zuhause (bei Mama nämlich), sei ganz schlimm für die Entwicklung der Kleinen, denn wozu bekommt man (hier besser: frau)die Kinder dann überhaupt? Das würde Einiges erklären:).

  4. Sehr schöner Blogpost! Mich nervt dieses Gequatsche von Quality Time – gerade bei Kindern braucht es imho eine gewisse Zeit, um überhaupt auf Qualität zu kommen. (Merke ich immer besonders an den Tagen, an denen ich spät hole und dann nur noch das Abendessen-Bettbring-Programm durchrödel. Quality Time entsteht dabei selten.)

    1. dasnuf sagt:

      Das ist sehr wahr. Mich macht das auch immer ganz unglücklich wenn am Nachmittag/Abend nur Abfertigungszeit bleibt.

  5. Tina sagt:

    Seit letztem Jahr ist mein Vater in Rente…und hat Zeit. Er war meine ganze Kindheit lang Montagearbeiter, dann Montagearbeiter mit berufsbegleitendem Studium, dann diplomierter Ingenieur, dann….
    Wir hatten vor kurzem die für uns nicht alltägliche Gelegenheit eine ausgiebige Wanderung in der umliegenden Gegend meines Elternhauses zu machen und ich erzählte ihm, dass ich dort viel Zeit als Kind verbracht habe: im meterhohen Gras „Buden“ mit Freunden gebaut habe, verbotene Lagerfeuer und ich zeigte ihm meinen damals heiß geliebten Kletterbaum. Das fand er alles total überraschend bis ihm einfiel, dass er nie Zeit hatte, überhaupt zu fragen, was ich so machte, wenn er die ganze Zeit arbeitete. Als wir im Nachhinein Fotos von dem Tag austauschten, schrieb er mir: „das müssen wir unbedingt wiederholen, die Zeit vergeht so schnell“. Ja, dass müssen wir. Ich würde mal sagen: ich bin ein mittlerweile 40 jähriges Kind, deren Vater sie geliebt hat und lieb hat, aber als Kind/ Teenager/ junge Frau nie eine (wahrhaftig spürbare) Beziehung zu ihm hatte haben können, weil er einfach nie da war oder mit anderen Dingen beschäftigt war und jetzt ein wenig nachholen kann.

    1. dasnuf sagt:

      . (und wie gut, wenn ihr das jetzt erkennen und noch nutzen könnt)

  6. „und es hat mit noch mehr Liebe zu tun Kotze aufzuwischen, Windeln zu wechseln, Nächte zu durchwachen, Seelennöte zu lindern.“
    genau das. danke <3

  7. Sven sagt:

    Ich kann das Wehklagen der Karriere-Väter ehrlich gesagt schon seit langem nicht mehr hören. Und habe mir deshalb eigentlich auch abgewöhnt entsprechende Artikel zu lesen.
    Meine Frau und ich sind beide Vollzeit berufstätig. Wir haben zwei Kinder (9 und 5 Jahre). Beide Kinder „mussten“ ab ihrem 1. Geburtstag in die KiTa – von 8:00 bis 16:00 Uhr (das allein hat bei dem überwiegenden Teil unsere Freunde und Familienmitglieder zu mehr oder weniger deutlich ausgesprochenem Missfallen geführt.)
    Meine Frau arbeitet in einem internationalen Maschinenbaukonzern im Controlling. Ich habe bei meinem Arbeitgeber, einer Softwareschmiede, vor ca. 10 Jahren als „normaler“ Angestellter angefangen und bin mittlerweile Abteilungsleiter.
    Ich habe/hatte zwischen 20 und 40 Mitarbeiter, verteilt in 7 Standorten auf 3 Kontinenten mit insgesamt ca. 8 Stunden Zeitverschiebung. Mein Team muss Störungen auf den Systemen unsere Kunden i.d.R. innerhalb weniger Stunden an 365 Tagen im Jahr 24 Stunden am Tag beheben. Ich beschreibe das deshalb so ausführlich, damit klar wird, dass dies eben kein normaler 8 to 5 Job ist.
    Trotzdem war es nie wirklich ein Problem für mich für meine Kinder da zu sein. Da sich traditionelle Maschinenbaufirmen mit neuen Konzepten teilweise etwas schwer tun, habe ich im Homeoffice gearbeitet wenn die Kinder krank waren. Wenn auch Homeoffice nicht mehr ausreichte, da es den Kids wirklich richtig schlecht ging, haben wir uns die „Kinderkrankschreibung“ aufgeteilt – wer eben gerade besser seine beruflichen Termine schieben konnte.
    Seit meine Tochter ein paar schulische Probleme hat, fahre ich 1-2-mal in der Woche mittags nach Hause um für sie da zu sein, die Hausaufgaben mit ihr zu besprechen usw..
    Ich engagiere mich außerdem in der Schulkonferenz der Schule sowie als Vorsitzender des schulischen Fördervereins – meine Frau übernimmt ähnliche Tätigkeiten in der KiTa.
    Die U-Untersuchungen beim Kinderarzt teilen wir abwechselnd aufeinander auf. Zu den Elternsprechtagen gehen wir gemeinsam – obwohl sie um 15:00 Uhr stattfinden. Morgens sorge ich dafür, dass meine Tochter mit Brotdose und Getränk pünktlich aus dem Haus geht – meine Frau ist dann schon mit Sohnemann unterwegs zur KiTa. Zu Kindergeburtstagen, die dank halbtags oder gar nicht arbeitenden Müttern schon um 14:00 Uhr stattfinden, bringen wir die Kinder ebenfalls abwechselnd.
    Und als meine Tochter anfing 3-mal in der Woche zum Sport zu gehen habe ich mich in der Anfangszeit brav 2 Stunden auf die Tribüne der Sporthalle gesetzt und ihr zugeschaut, mit ihr gefiebert und sie angespornt.
    Und selbstverständlich habe ich nach der Geburt der Kinder jeweils 3 Wochen Urlaub und 3 Monate Elternzeit genommen (mehr als einen Monat hat meine Frau mir nicht abgegeben…).
    Sicherlich gibt es auch Situationen in denen ich nicht da bin – bedingt durch meinen Job bin ich eben ab und zu auf Dienstreisen – i.d.R. für mehrere Tage. An solchen Tagen klappt das „Aufteilen“ dann eben nicht.

    Ich erlebe aber im Kollegen- und Freundeskreis so viele Väter die eben keine Ambitionen auf Karriere haben. Trotzdem aber nicht vor 9:00 oder 10:00 Uhr anfangen zu arbeiten (obwohl sie schulpflichtige Kinder haben) um abends dann lange im Büro sitzen zu „müssen“. Die Überstunden machen, wo es keine Arbeit für Überstunden gibt.
    Väter die mir gegenüber ernsthaft behaupten „Kotze aufwischen, kann ich nicht. Da muss ich mich selbst übergeben“, aber die Hundekacke ihres Hundes beseitigen können. Oder die stolz darauf zu sein scheinen, dass sie nicht in der Lage sind Windeln zu wechseln. Väter die weiter Vollzeit bei einem mittelmäßig bezahlten Job arbeiten gehen, und deren Frauen z.B. ihren Job als Bauleiterin mit Dienstwagen aufgeben um für die Kinder da zu sein. Väter, die mir sagen, sie können nicht im Homeoffice arbeiten, denn da wäre es immer so unruhig mit den Kindern. Väter die grundsätzlich keinen Brückentag frei nehmen, denn „irgendjemand muss die Arbeit ja erledigen“. Väter die die Namen der Freunde ihrer Kinder nicht aufzählen können. Väter die nach der Geburt ihrer Kinder nach knapp zwei Wochen wieder arbeiten gehen, da es ihnen „nichts gibt“ dem eh nur schlafenden und weinenden Kind zu zusehen.
    Und alle behaupten sie so froh zu sein, Kinder zu haben und diese über alles zu lieben…
    Vielleicht habe ich ja auch nur ganz besonderes Glück gehabt, aber bis mich jemand vom Gegenteil überzeugt bin ich der festen Ansicht:
    Zeit für Kinder und Familie und Job und Karriere ist kein Wiederspruch. Sondern nur eine Frage der Organisation und der Priorisierung. Und bei mir stehen an erster Stelle eben die Kinder.
    Wer etwas anderes behauptet, lügt.
    (Natürlich gibt es immer wieder prekäre Lebenssituationen, die eine deutliche Priorisierung zu Gunsten der Familie nicht erlauben, das ist mir klar.)

    1. dasnuf sagt:

      Priorisierung. That’s it. (Ganz deiner Meinung)

      1. Sanne sagt:

        Ganz genau! Danke!!
        Immer wenn einer aus dem Familien- oder Bekanntenkreis (egal welchen Alters) sagt: „Da habt ihr aber Glück, dass dein Mann auch Teilzeit machen kann!“, sage ich: Kein Glück. Wir haben Prioritäten gesetzt! Und ja: wir verdienen mit zwei Teilzeitstellen auch weniger als ihr – und wollen das auch nicht anders!!

  8. Okay Britta sagt:

    Dazu passt dieser „Artikel“ (ürgs), der im Babycenter-Newsletter anlässlich des 9. Monats meines Babys empfohlen wurde:
    http://www.babycenter.de/a35204/wie-sie-ein-toller-papa-mit-nur-15-minuten-zeit-am-tag-sein-können?scid=de_de_mbtw_baby_post9m0w
    Kotz.
    Ich bin dermaßen froh, dass ich hier ein Exemplar Papa zuhause habe, der nicht nur seit über vier Jahren meinen Großen seinen „Angeliebten“ nennt und mit allen Konsequenzen den damals 3jährigen in sein Herz geschlossen hat- sondern, der auch unser Baby von Anfang an an drei kompletten Tagen in der Woche hat, damit ich auch arbeiten kann… Der genauso morgens um fünf mal das Baby übernimmt, damit ich noch ein zwei Stunden pennen kann- obwohl heute sein Arbeitstag war und ich „nur“ mit dem kleinen Dicken spazieren war… Also mit 15 Minuten täglich kann man vieles sein, ein toller Papa …. Fragwürdig.

    1. Dann würdest Du auch unterschreiben, dass eine Frau, die sich (warum auch immer) für eine Vollzeit-Berufstätigkeit entscheidet und ihre Kinder deswegen entsprechend wenig sieht, eine schlechte Mutter ist? Oder nur dann, wenn sie Vollzeit arbeitet und sich zuhause zu wenig einbringt?

      1. dasnuf sagt:

        Faktor ist für mich immer das wenig einbringen – nicht das Arbeitsmodell (wobei wenn jemand 60 Stunden die Woche arbeitet und viel reist etc. dann ist es schon schwer irgendwie an den Kindern teilzunehmen… schwer zu sagen, denn manche müssen das ja machen aus finanziellen Gründen… die würde ich gerne außen vorlassen.)

        Persönlich geht es für mich immer um die Menschen, die ihren Job als Ausrede benutzen, Verantwortung in Sachen Care-Arbeit zu übernehmen.
        „Ich arbeite mehr, ich kann den Hortantrag nicht ausfüllen.“
        „Ich arbeite mehr, ich kann nicht morgens auch noch aufstehen und Stullen schmieren.“
        „Ich arbeite mehr, ich kann nicht auch noch nachts aufstehen, wenn das Kind weint“
        „Ich arbeite mehr, ich kann nicht zuhause bleiben wenn das Kind krank ist, mein Job ist zu wichtig.“
        etc.

        1. Absolut d´accord. Wir hängen noch zu sehr im „Erwerbsarbeit ist wichtiger als alles andere“-Modell. Und mir ist völlig klar, dass es vermutlich viel mehr Männer als Frauen gibt, die ihre Vollzeit-Tätigkeit für eine solche Argumentation einsetzen. Um ehrlich zu sein bin ich immer wieder schockiert davon, wie verbreitet das heute noch ist.

          Dennoch wollte ich (auch aus Eigeninteresse, da ich in genau dieser Situation bin) anmerken, dass es auch Allein- bzw. Vollzeiterwerbstätige jeden Geschlechts gibt, die sich bemühen, aber natürlich trotzdem spektakulär viel weniger Familienarbeit machen als ihre Partner/innen.

  9. Auf den Punkt gebracht! Danke!

  10. Carola sagt:

    Sorry, was folgt, ist ziemlich durcheinander, aber ich gerate bei dem Thema auch ganz schnell in Empörung.

    Es ist halt dieser „Vereinbarkeit ist nur eine Frage der Organisation“-Quatsch. Natürlich kann ich versuchen Kinder und ihre Wehwehchen wegzuorganisieren, aber das hat dann nicht mit „vereinbaren“ zu tun.
    Und Liebe = Zeit. Genau was du sagst, die Windeln, die Kotze, unendlich oft in einer Nacht aufstehen … und da sein. Im richtigen Moment für jemand da sein lässt sich nicht planen, terminieren und nach der Arbeitszeit takten.
    Beziehungen entstehen durch Zeit – einerseits durch jahrelange Dauer, andererseits durch hohe Frequenz des Kontakts. Das heißt nicht, dass wir keine Zeit für uns selbst brauchen oder nicht arbeiten gehen können. Aber es heißt, dass das jedes Mal ein Balance-Akt ist, jedes Mal ein Abwägen, wie viel verpasse ich, wie viel Beziehung mit meinem Kind baue ich NICHT auf bzw. bekommt jetzt gerade jemand anders. Und Beziehungen entstehen gerade dann, wenn man gemeinsam auch durch langweilige und quengelige Zeiten, heftigen Streit, durch Krankheit und durch freudige Momente geht.
    Ich bin ganz sicher, dass Väter, die behaupten, gelegentlich eine Stunde hier und da mit ihren Kindern würden ebenfalls bedeuten, dass sie sie lieben und eine Beziehung zu ihnen haben, das aus voller Überzeugung sagen können. Weil sie das nicht sehen können, was sie ihnen fehlt. Es ist wie so oft im Leben – wenn man es nicht hat, nicht kennt, nicht weiß, fehlt es auch nicht.
    Es fällt aber ganz krass auf, wenn mein Mann gelegentlich im Gespräch mit seinen besten Freunden merkt, dass die alles das, was meinen UND seinen Alltag ausmacht, nicht wissen: welche Zähne ihren Kindern gerade ausfallen, welches Kind als nächstes zu welchem Geburtstag eingeladen ist, welches gerade das Lieblingsbuch des eigenen Kindes ist, welches Essen das Kind gerade komplett verweigert, welchen unserer Kinder gerade welche Schuhe (Fußballschuhe, Hallensportschuhe, Draußensportschuhe, Sandalen …) wieder mal zu klein geworden sind, dass das Kind vielleicht nicht zur Schule will, weil es sich da gestern mit dem besten Freund gestritten hat, warum es einen dicken blauen Fleck am Schienbein hat oder dass da der fürchterlich schmerzhafte winzige Kratzer am Fingernagel ist, der bejammert werden muss …
    Ich merke schon, wenn ich mal zwei Tage weg bin, dass ich nicht auf dem aktuellen Stand bin, dass der Papa fast vollständig Ansprechpartner geworden ist, weil ich nicht weiß, was läuft, nicht beurteilen kann, wer noch wie viel Computerspielzeit vom Wochenende übrig hat, welche Hose gerade unbedingt ganz schnell gewaschen werden musste – was auch immer. Es dauert dann einen halben Tag, bis ich wieder im Bild bin. Und nur die, die da noch nie waren, in solcher Nähe, solcher Beziehung, können glauben, gelegentliche „Quality-Time“ sei eine Beziehung und es fehlte ihnen nichts.

    Und mit dem Blick auf die Empörung oben: eigentlich tun die mir alle sehr leid, diese Väter, aber doch mehr die Mütter. Denn ich weiß, dass ihnen unglaublich was entgeht, nicht nur mit ihren Kindern, sondern auch in der Beziehung zwischen den Partner_innen. In meiner Beziehung haben wir als Eltern nämlich meistens eine ähnliche Einschätzung, wenn es um die Kinder geht, weil wir alle beide einen engen Kontakt zu den Kindern haben.

    PS – um das Klarzustellen: wir Eltern erwerbs-arbeiten beide relativ viel, die Kinder sind/waren teilweise auch relativ lange Tage, aber nicht super lang, betreut (als Kleinkinder bis 14/15 Uhr, Kindergarten bis 15/16 Uhr, Grundschule 14/16 Uhr). Und der Haushalt ist nicht gehegt und gepflegt … :-)

  11. Ich glaube, man muss hier Ideal und Realität unterscheiden. In der Realität bin ich nach Mütter-Maßstäben ein mieser Vater (Vollzeit+ Job, selten zuhause, Mutter organisiert fast alles …). Das Ideal gleichberechtigter Elternschaft finde ich jedoch erstrebenswert, werde es aus wirtschaftlichen Gründen jedoch vermutlich erst bei den Enkelkindern erreichen. Das ist jedoch bei vielen Vätern sicher kein böser Wille – wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist nun mal ein wichtiges Auswahlkriterium für die Elternschaft, und so sehr man das als Feminist(in) auch blöd finden mag ist es doch noch die Realität, dass viele Frauen sich einen Partner wünschen, der genug verdient. Erst wenn man dieses Auswahlkriterium systematisch unterläuft wird man eine Situation haben, in der Frauen und Männer gleiche Voraussetzungen haben. Und bis dahin finde ich es verständlich, das auch Väter mit ihrer Rolle nicht zufrieden sind – sie opfern ja auch einiges für die Familie und sind, wie auch Mütter, heute trotzdem permanent nicht gut genug. (das Mütter hier größerem Druck ausgesetzt sind, unterschreibe ich jederzeit) Ich glaube dass Problem ist einfach, dass es hier und heute einfach schwierig ist, Eltern zu sein, weil es so viele Lebensmöglichkeiten gibt, die egoistisch und kurzfristig viel attraktiver sind. Also balgen sich beide Eltern um die knappen Ressource „Zeit für mich“. Puh, das wird gerade lang, muss ich mal ausführlicher zu schreiben glaube ich …

    1. Thankmar sagt:

      Jaja, stimmt, solange die Frauen sich nicht ändern wird das nie was mit der Gleichberechtigung. Und dass es eben nicht ausreicht, im fiktionalen Ideal ein supi Vater zu sein, dass hat der Artikel ausführlich beleuchtet.

    2. Carola sagt:

      „dass viele Frauen sich einen Partner wünschen, der genug verdient“
      Ich stimme 100% zu, dass finanzielle Fragen ein Hauptgrund sind. Deshalb setzen die Väter, die eine gleichberechtigte Arbeitsteilung in der Familie wünschen, sich auch so stark für eine gerechte Bezahlung von Frauen und von typischen „Frauenjobs“ ein. Das wird nämlich die Grundlage für eine andere Arbeitsteilung.

      1. Höre ich da ein wenig Ironie heraus? :-) Ist doch kein Wunder, dass Väter in diesem Bereich nicht so aktiv sind – die meiste Förderung im Bereich Beruf und Karriere hilft Vollzeit-Karrierefrauen und nicht Müttern oder Familien. Ja, soziale Berufe benötigen auch mehr finanzielle Anerkennung. Aber es steht heutzutage jeder Frau frei, Ingenieurin, Ärztin oder Bankerin zu werden und ihren Assistenten zu heiraten, der dann aus ökonomischen Gründen zuhause bleiben muss, weil sie mehr verdient. Die realen 6,6 Prozent Gender Pay Gap sind sicher weniger der Grund für die hohe Zahl an Teilzeit arbeitenden Müttern als vielmehr die Berufswahl. Männer wählen aufgrund von tradierten Geschlechterrollen eher finanziell besser vergütetete Jobs aus und Frauen eben nicht. Das kann man doch durch Abstimmung mit den Füßen ändern und da finde ich es in der Tat unangemessen, das den Vätern anzulasten.

        Dass es genug Väter gibt, die sich unabhängig von der individuellen Rollenverteilung zu wenig einbringen, steht auf einem anderen Blatt …

        1. Thankmar sagt:

          Aber das ist doch das Thema des Artikels: die „Abstimmung mit den Füssen“ kommt nicht zustande, weil die Väter sich der Care-Arbeit entziehen mit der Ausrede, dass sie das Geld verdienen müssten.

          Daher ist es eben keine freie Entscheidung, ob ich als Frau mal eben Karriere mache und trotzdem Kinder bekomme. Mal eben den Assistenten heiraten, der sich dann um das Kind kümmert, das gibt es in der Realität nicht nicht, weil Frau und Mann sich „nun mal anders entscheiden“, sondern weil durch die tradierten Geschlechterrollen und deren Auswirkungen auf die Karriere das lediglich eine theoretische Möglichkeit ist. Auch das ist immer wieder das Thema der Autorin hier.

  12. Uli sagt:

    „Fußball-Klebebildchen abknibbeln“ ist wirklich ein absurdes Beispiel, das machen die meisten Männer auch ohne Kinder. Man sollte lieber fragen wer das Kind vom Ballett abholt, obwohl an dem Tag Deutschland im Wasweißichfinale steht.

    1. arlit sagt:

      Ich finde, nach 4 Jahren sollte genau dieser Kommentar noch mal zelebriert werden! Danke – herrlich!

  13. Wolf sagt:

    Sehr wahr. Ein Gefühl ohne Handlung ist unkonkret und schwammig. Ich würde sogar sagen: es ist nutzlos.

  14. Maike sagt:

    Dem gibt es nichts hinzuzufügen, ein sehr guter Text, finde ich.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mehr als 5x können Sie in einem Monat nicht kommentieren. So sorry! Ist das Gegenteil der Fall und sie möchten einen Kommentar hinterlassen, wissen aber nicht, was sie schreiben sollen, dann nutzen Sie den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken