Habt ihr es nicht satt? Über Babes und Babys

Es folgt: ein undifferenzierter Artikel über eine Väterzeitschrift, die ich heute morgen selektiv gelesen habe.

Heute morgen habe ich mein Rezensionsexemplar Men’s Health Dad gelesen. Vor einigen Wochen bin ich angeschrieben worden, ob ich interessiert sei und tatsächlich – ich bin interessiert. Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Irgendwann wird irgendwer ein Elternmagazin auf den Markt bringen, das gut ist. Men’s Health erstmal nicht.

Zugegeben, neutral habe ich das Magazin ohnehin nicht gelesen. Schon der dritte Satz hat bei mir eigentlich alle Vorurteile aktiviert, die es zu aktivieren gibt: „Früher haben Sie die Nächte durchgemacht? Schön, dass sich manche Dinge nie ändern! Zugegeben, der Grund für die langen Nächte war damals sicher ein anderer (die Babes!) als heutzutage (das Baby!), …“

Der Klischeemann zwischen Babes (früher) und Babys (heute). Immerhin. Immerhin, ja! Die neuen Väterhelden!

    • Sie nehmen Elternzeit (also 27%, davon 77% 2 Monate lang*),
    • die stehen morgens auf (S.89 Die Sex-Hürde Müdigkeit „[Kinder] Morgenschicht übernehmen“, „Baby nachts öfter versorgen“, dann klappts auch mit dem Sex) und
    • bleiben bei den kranken Kindern (20% der gesetzlich versicherten Väter nehmen Kinderkrankentage in Anspruch).

Was selbstverständlich sein sollte, wird gefeiert.
Männer kümmern sich 2015 tatsächlich auch um ihren Nachwuchs, womöglich beteiligen sie sich sogar im Haushalt.

Das klingt verbittert? Ja! Das ist verbittert. Was normal sein sollte, wird bejubelt und als das Besondere herausgestellt. Ich habe das so satt.

Vorne auf dem Magazin „Was coole Väter anders machen“ – Diese Strategien klappen trotz stressigem Job, nörgeligen Kids und Helikopter-Mama. Zwischendrin Werbung, die Männer anspricht:

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Innen dann eine bunte Vielfalt an Einzelbeispielen. Der Schichtarbeiter, der Alleinerziehende (übrigens sind 10% der Alleinerziehenden Männer*), der Wochenendarbeiter und viele, praktische Tipps. Endlich erfahren Männer, wie man Kindern Nägel schneidet, wie man Schnuller reinigt, wie man im Doggy-Style weitere Kinder zeugt, wie man Zöpfe flechtet und Windeln wechselt. I S T  D A S  N I C H T  T O L L???

Ich habe mich da wirklich gefragt: Fühlt sich da ein Mann nicht beleidigt? Wie ein Idiot behandelt? Muss einem Erwachsenen wirklich erklärt werden, wie man Kindern die Nägel schneidet?

Und dann das Thema Elternzeit. Warum nehmen so wenig Männer Elternzeit in Anspruch? Achtung! Jetzt kommt’s: Sie befürchten Nachteile im Job! Und: Der Mann verdient mehr, da ist es ja irgendwie sinnvoll wenn die Frau in Elternzeit geht, nä? Nicht zu letzt: Das Bundesfamilienministerium ist Schuld. Es hat zu Beginn die Partnermonate „Vätermonate“ genannt. Ein kommunikativer Fauxpas (Zitat S.97).

Mehr hab ich nicht gelesen. Unerträglich fand ich das.

Ich frage mich wirklich: Warum können Magazine nicht das leisten, was zB Elternblogs leisten? Warum nicht mal Männer befragen, die keine 50er Jahre Modelle leben?

Vorschläge erwünscht?

Wie wäre es mit Caspar Clemens Mierau? Jochen König? Malte Welding? Fragen Sie doch mal Tobias Scholz von „Papa kann auch stillen“ oder Sascha Verlan von der „Rosa-Hellblau-Falle„? Christian vom Familienbetrieb oder Johnny vom Weddingerberg? Konstantin von Großeköpfe? Maximilian Buddenbohm? Heiko Bielinski? Sven Dietrich?

Das sind die, die mir nach 3 Minuten einfallen. Wenn ich 10 Minuten nachdenken würde, wären es doppelt so viele, die interessante, würdevolle Beiträge für ein Vätermagazin verfassen könnten. Ja, würdevoll! Es ist nämlich gänzlich würdelos, wenn man sich als Mann auf diesen Bier – Coolness – Karriere – Auto – Fußball – Kram reduzieren lässt.

Nicht zu letzt, noch ein Zitat aus dem Magazin (ist ja nicht alles schlecht da, das Interview mit „Deine Freunde“ zB nicht): Im Grunde Geschlechtertrennung aufheben. Ein Elternmagazin statt eines für Mütter (die in der Regel ebenso dämlich sind, nur anders dämlich) und eines für Väter.

„Wir werden mit dem ganzen Genderkram noch sehr lange zu tun haben. Das wird dann immer in so Teilbereichen diskutiert, aber das große Ganze bleibt außen vor. Die Antwort müsste eigentlich sein, mal aufzuhören zwischen Mann und Frau immer wieder so stark zu unterscheiden.“ (S.79)

Zum Abschluss dann noch ein schönes Lied.

P.S. Der Vollständigkeit halber: Es schreiben bei Men’s Health Dad auch Frauen doofes Zeug.

33 Gedanken zu „Habt ihr es nicht satt? Über Babes und Babys“

  1. ******************KOMMENTAROMAT**********************
    Genau!
    *****************/KOMMENTAROMAT**********************
    Btw:

    Muss einem Erwachsenen wirklich erklärt werden, wie man Kindern die Nägel schneidet?

    Mir als kinder- und familienlosem Altnerd müsste man das langsam und (am besten mehrmals) sehr genau erklären. Wäre schade um die Finger.

      1. Vermutlich mit dem Seitenschneider, mit dem ich das bei mir mache. Naja, vielleicht nicht mit dem großen aus Schwedenstahl, der auch 2mm-Klavierdraht schneidet, sondern mit dem filigranen für Silikonschläuche und Plastik. Und vermutlich viel zu vorsichtig.

        Immerhin habe ich gelernt, dass es abgerundete Nagelscheren gibt und gemerkt, dass ich die aus dem Werkzeugkoffer der Gemahlin kenne. Gut, dann vielleicht doch damit, aber trotzdem viel zu vorsichtig.

  2. Den Rest kommentiere ich in den Kommentaren zum neueren Beitrag.
    Hier nur kurz und ganz ehrlich: Wer liest denn bitte so eine Zeitschrift? Für mich ist das ein fast genauso unnützes wie überaltertes Medium das bei mir gänzlich verdrängt worden ist. Elterninfos gerne, aber doch nicht im Print.

  3. „Men’s Health“ ist ja schon ein Magazin für den Proll von nebenan, der mal gerade kein DMAX gucken kann. Was soll man da bei dem Ableger schon erwarten ??
    Das Cover ist genauso unsympathisch und künstlich wie bei „Nido“, bei den von dir gezeigten Anzeigen spricht es sowieso eher die gehobene Mittelstandsfamilie an.

  4. Ich fand die Idee so etwas wie „Men’s Health“ mit Interesse lesen wollen ja schon mutig.
    Nun ja, das Ergebnis war für mich vorhersehbar und das, obwohl ich solche Magazine nur vom Titelblatt am Kiosk kenne.

    Aber: Bei der mitschwingenden Forderung, Väter sollen doch bitte genauso lange Elternzeit machen wie Mütter, habe ich (als Vater) folgendes anzumerken.

    Ich hätte gern mehr als zwei Monate Elternzeit gemacht. Da meine Frau und ich aber beide erwerbstätig sind und wir uns einen Totalausfall eines Verdieners nicht leisten können, waren es dann doch nur zwei Monate. Warum?
    Weil die Natur mich nun mal nicht mit Milchdrüsen ausgestattet hat und wir für uns aber entschieden haben, dass das Kind so lange wie für uns möglich gestillt werden soll.
    Die Väter-Elternzeit-Verteilung hat also nicht zwangsweise etwas mit männlichem Egoismus oder staatlicher Nachlässigkeit zu tun. Manchmal sind die Dinge eben wie sie sind.
    Ja, okay. Jetzt kann man wieder argumentieren, der Staat sei Schuld, weil er nicht 24 oder 36 Monate Elterngeld zahle … das mache ich aber nicht.

    1. Das war bei uns ähnlich, „Papa kann auch stillen“ ist halt leider nur ein Buchtitel praktisch kann ich als Mann niemanden an meiner Brust nähren. Klar kann man beispielsweise abpumpen, aber ich empfand das als irre aufwendig und unsere Tochter hat Fläschchen auch jedes mal abgelehnt als wir das mal ausprobiert haben. Im Ende hat meine Frau über ein Jahr gestillt, ich bin nach zwei Monaten wieder arbeiten gegangen und wir sind damit glücklich.

      Es gibt halt nicht das richtige Modell für alle und wie so oft im Leben kann man nicht alles gleichzeitig haben. Ich fände es auch geil wenn wir beide 12 Monate bei vollem Lohnausgleich daheim bleiben könnten, aber das sind Utopien.

  5. Der Versuch mit einem solchen Heft Geld zu verdienen ist so alt, wie das Verlagsbusiness selbst. Man bietet vermeintlich das, was LeserInnen haben wollen. Dabei irrt man oft, weil Verlage gar nicht genug Geld in die Marktforschung stecken oder die Verantwortlichen nicht mehr merken, wie weit sie selbst von den Veränderungen in der Gesellschaft entfernt sind. Das passiert jeden Tag mit Frauen-, Eltern- und nun auch mit Papa-Zeitschriften. Die 70.000er Auflage zeigt, wie wenig der Verlag an das Projekt glaubt. Nehmen wir eine Remissionsquote von knapp 50% sind wir nämlich nur noch bei 35.000er verkaufter Auflage. Das ist nicht viel. Deshalb mache ich mir keine Sorgen, dass die neuen Väter damit wieder in alte Muster zurückfallen.

    Du fragst: Fühlt sich da ein Mann nicht beleidigt? Wie ein Idiot behandelt? Muss einem Erwachsenen wirklich erklärt werden, wie man Kindern die Nägel schneidet?

    Nein, ich fühle mich nicht beleidigt, denn ich lese solche Magazine nicht. Deshalb fühle ich mich auch nicht wie ein Idiot behandelt. Und ja, den Artikel über das Schneiden von Nägeln würde ich eventuell lesen. Der könnte nämlich auch in anderen Ratgebern stehen, die ich eventuell lesen würde.

    Grundsätzlich ist diese Postille also in Summe genau so dumpf, wie es Frauenzeitschriften in der Mehrzahl auch sind. Alles bleibt wie immer. ;-)

  6. Ich fühle mich davon nicht mehr oder weniger beleidigt, als von dem anderen Schund, der mir aus dem Magazinregalen entgegenspringt: Männermagazine, Elternmagazine, Frauenmagazine, Heimatmagazine, Steak-brat-Magazine…
    Ich wünschte auch, die Zielgruppe für die Men’s Health (ob mit oder ohne „Dad“) existierte nicht, aber so ist es wohl nicht. Was mich allerdings auch wundert ist, warum niemand eine interessante Elternzeitschrift herausbringt. Aber vielleicht kauft DIE Zielgruppe einfach keine Zeitschriften?

  7. Kann Dir nur voll zustimmen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich überhaupt keine Magazine lese, die sich als „Männermagazine“ positionieren, eben weil ich die Themenauswahl als unfassbar dämlich betrachte. Ich persönlich bin nicht daran interessiert ein übermotorisiertes Auto zu fahren, die Hälfte meiner Freizeit im Fitness-Studio zu verbringen, mir alberne Flirttipps durchzulesen oder Abenteuerreisen für lahmarschige Manager zu buchen, damit die sich wie echte Kerle fühlen können. Oder was da sonst noch so geschrieben wird. Außerdem bin ich mit 17 Monaten Elternzeit beim zweiten Kind in deren Augen vermutlich sowieso ein gefährlicher Spinner.
    Genauso hirnlos finde ich allerdings die Verkürzung von Frauenthemen auf Mode, backen, Flirttipps (passen die eigentlich zu denen in den Männermagazinen?). Daher danke ich Dir für die diversen Links zu den Väter-/Männerblogs.

  8. „Fühlt sich da ein Mann nicht beleidigt? Wie ein Idiot behandelt? Muss einem Erwachsenen wirklich erklärt werden, wie man Kindern die Nägel schneidet?“

    Wahrscheinlich messen die Hinschreiber die Lebenserfahrungen & den Doofheitsfaktor der Leser an den eigenen.

  9. Schließt du bei den Elternmagazinen, die ja offensichtlich alle „nicht gut sind“ (Zitat: „Irgendwann wird irgendwer ein Elternmagazin auf den Markt bringen, das gut ist.“), eigentlich das mit ein, für das du auch ab und an schreibst oder geschrieben hast?

    1. Ich drücke das mal diplomatisch aus. Ich habe mein Abo vor ca. 2 Jahren gekündigt. Ich fand, die haben sehr gut angefangen, über den Tellerrand hinaus geschaut, interessante Themen aufgegriffen, sogar schöne Basteltipps präsentiert… und dann leider sehr stark nachgelassen.
      Ab und an kaufe ich mir eine Ausgabe, aber es sind wenige Artikel, die bei mir ein zufriedenes Gefühl hinterlassen. Leider gehen die auch immer mehr in diese Mainstreamecke und reproduzieren die Themen, die schon 100% da waren.
      (Hab da übrigens genau einmal was geschrieben). Interessanterweise sind die spannenden Sachen von Menschen, die ich aus dem Internet kenne wie z.B. Maximilian Buddenbohm und Isabel Bogdan oder Christoph Koch…

      1. Ah, danke für die Aufklärung. Ich hatte von denen auch immer nur die Artikel aus der Bloggerecker mitbekommen, ansonsten geht es mir ja so wie Malik – ich kaufe mir das einfach nicht. Vermutlich bin ich zu sehr damit beschäftigt, meine Vaterrolle zu definieren, als dass ich noch Zeit für Vätermagazine hätte ;-)

  10. Wenn es die Väter, die auf diese Art der Klischee-lastigen Ansprache reagieren, NICHT GIBT, dann geht das Magazin alsbald unter.

    Wenn es sie aber gibt, dann ist es doch nur gut, wenn auch DIESE VÄTER motiviert und beiläufig über das HowTo belehrt werden – ja warum denn nicht?
    Auf jeden Fall wirkt das Magazin doch ganz klar der Meinung entgegen, väterlicher Umgang mit Säuglingen sei irgendwie unmännlich – oder etwa nicht?

    Warum also etwas beschimpfen, das doch immerhin bisher mit wenig „Vater-Kompetenz“ gesegnete Zeitgenossen dabei unterstützt, das Vater-Sein psychisch und ganz praktisch (=tätig mitarbeitend) positiv zu bewältigen?

  11. Als überhaupt-kein-Magazin-Leser wundere ich mich natürlich zuerst mal warum man das überhaupt so gut. Was ist die Erwartung? Und im Grunde, so traurig es ist, hat der Kommentator über mir recht: genau wie bei RTL verkauft sich nur das was die breite Masse akzeptabel findet. Also ist Das Lamentieren eigentlich ein (berechtigtes) Lamentieren über den Zustand in der Gesellschaft. Sobald eine Zeitschrift mit diesen unsäglichen Namen (ich dachte wirklich erst, es ist ein Scherz) kritische und progressive Artikel bringt, kauft die Käuferschicht die einfach nicht mehr. Wenn man über den Hebel „Magazin“ etwas ändern will, müsste das graduell und subversiv sein, fürchte ich.

    Das muss man schließlich erst mal kaufen, bevor man sich beeinflussen lässt. Und man kauft es mit einer gewissen Erwartungshaltung.

    Besser wäre doch mal ein selbstverständlicher gleichberechtigter Film mit so einem Apologeten der „Männlichkeit“ wie Vin Diesel oder dieser andere furchtbare Glatzkopf aus UK (Name vergessen, Transporter und so).

  12. Ich finde Tipps zum Nägelschneiden toll und hilfreich. Gibt da doch viel zu beachten: Nimm ne Schere ohne Spitze, nix schnippeln in den ersten X Wochen, wann ist Knippser besser wann Schere, lieber öfter mal schneiden sonst hat Papa bald mal nen Fingernagel im Auge, statt mit Festhalten und Geschrei einfach mal im Schlaf probieren, etc.

    Die Zahlen oben legen ja nahe das der Ist-Zustand noch recht 50er-Jahre-mäßig ist. Vielleicht hat da so ein sehr niederschwelliges Angebot wie Men’s Health Dad im Ende sogar den größeren Hebel (die Zahlen zu verbessern), da es ganz andere und viel größere Schichten anspricht als z.B. über Inhalte wie in den genannte Blogs?

  13. Und dann wundern sich alle über die sinkenden Verkaufszahlen? Nachdem auch bei G&J ordentlich rausgeschmissen wurde, was an JournalistInnen noch übrig war, braucht man auch keinen Blick mehr in die BrigitteWoman zu werfen (die ich, obwohl ich U40 bin als einzige Frauenzeitschrift ab und zu gekauft habe).
    Kann jmd ein Magazin empfehlen, bei dem man beim Lesen nicht das Gefühl hat zu verblöden, bzw. ein einziges Werbejournal zu lesen? Ich kaufe nur noch regelmäßig „Das Magazin“, aber andere, bzw. ähnliche Blätter kenne ich leider nicht.

    @fraunuf: Möchten Sie nicht mal ‚Barbara‘ für Ihre Leserschaft rezensieren? Das verspricht zwar „ohne Diät, WörkOut und ToDoListen“, sieht aber beim ersten Durchblättern genauso schlimm aus wie alle anderen Frauenzeitschriften.

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