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Wenn man raucht, hat der Tag genau 20 Pausen. Wenn man es aufgibt hat man 140 Minuten pro Tag, mit denen man nichts anzufangen weiß. Für Raucher ist der Tag in kleine Abschnitte unterteilt. Wenn man nicht mehr raucht wird die Zeit wie ein Berg Aspik durch den man sich Minute um Minute kämpfen muss. Ein Tag dauert wie zwei und alle Dinge, die man sonst Ewigkeiten vor sich hinschiebt, sind bereits erledigt. Die Spüle blinkt, der Herd hat keine Soßenspritzer, der Boden ist so sauber, dass man davon essen kann. Die Wäsche wird regelmäßig gewaschen, aufgehangen, wandert bevor man sie trägt zur Zwischenlagerung in den Schrank. Und trotzdem, andauernd ist Zeit übrig.
Und schlafen kann ich auch nicht mehr.
Manchmal frage ich mich, warum ich mir das antue. Naja immerhin stinke ich nicht mehr.

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Verkettungen von Zufällen müssen nicht immer Schlechtes nach sich ziehen. Manchmal führen sie auch zu unverhofften Überraschungen. So landete ich Samstag Abend auf einem Konzert von Tom Liwa.
Samstag Abend wurde somit zu einem einzigen Weihnachtgefühl. Erst die Vorfreude, dann in einer kleinen Gruppe bei Kerzenschein dem Gesang lauschen und zum Abschluss eine Schneeballschlacht vom feinsten.
Herr Liwa, der nicht gesiezt werden möchte, war großartig. Seine Stimme ist für mich wie Vanillekipferl und eine Fleecedecke wenn einem kalt ist. Außerdem mag ich die Texte, weil sie immer entgegen meiner Erwartung gehen und ich somit die CDs hundert mal anhören kann, ohne jemals wirklich den Text auswendig zu können.
In der Nacht nach dem Konzert habe ich von Tom Liwa geträumt. Ich verstehe einfach nicht, wie man eine Stimme haben kann, die manchmal so klingt als singe sie mit sich selbst im Chor. Im Traum habe ich in einen Vanillepudding ein Autogramm aus Himbeersoße bekommen.
Seinem Gesang live zu lauschen, kann durch keine CD ersetzt werden. Ab jetzt bin ich stiller Groupie und werde zu allen Berliner Konzerten gehen.

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Vor einigen Wochen, als ich meinen neuen Rechner bekommen habe, dachte ich noch, eine der geistreichsten Erfindungen aller Zeiten seien die Kartenslots an der Vorderseite des Gehäuses. Da konnte ich z.B. bequem die Bilder meiner Digitalkamera oder meine MP3s überspielen. Einfach so. Einstecken – runter oder rauf laden – fertig!
Gestern habe ich die Tücken dieser verteufelten Erfindung kennen gelernt. Wahrscheinlich passieren solche Dinge sowieso nur, um meine Willenskraft beim Rauchentzug zu testen. So wie im Gegenverkehr eine Tram nach der anderen fährt und in meine Richtung, sobald ich an der Haltestelle erscheine, die Trams für die nächsten zwei Stunden ausfallen. Es sei denn, ich entschließe mich zu Fuß zu gehen, dann kommt die Tram selbstverständlich genau dann, wenn ich gerade so weit von der Haltestelle weg bin, dass ich sie nicht mehr erwische. Das macht mich so wütend, dass ich wie Tarzan schreien könnte und am liebsten meine Wollmütze fressen, während ich mich auf dem schneebedeckten Boden wälze. Solche Gemeinheiten hält der Alltag für mich parat.
Deswegen, um auf die Kartenslots zurück zu kommen – DESWEGEN passiert natürlich nur mir, dass ich meine wunderbare 500 MB große Speicherkarte nicht in den dafür vorgesehenen Schlitz schiebe, sondern in das Diskettenlaufwerk darunter und kein noch so verzweifeltes Schütteln des Rechners bewirken kann, dass dieses Ding herausfällt. Nein anstatt dessen kommt eine Meldung irgendwelche HUBs (von denen ich nicht weiß was sie sind) seien überhitzt und irgendwie irgendwas anderes Dringendes auch und aus diesem Grunde würde der Rechner nun ausgeschaltet.
Macht ja nix!, denke ich innerlich kochend, wollte ihn eh ausmachen und in dem Laufwerk rumnesteln um diese ******** Karte aus dem Teil zu popeln. Dazu muss ich den Rechner aufmachen, so viel ist sogar mir klar. Doch schon an dieser Hürde scheitere ich. Ich hab nämlich keinen Schraubenzieher! Graaahhhhrraaaaaaaaggghhhh!
Also krepel ich mich mit einer Nagelschere halb tot, bis ich dieses Drecksgehäuse endlich auf habe, um dann das Diskettenlaufwerk auszubauen. Aus unerfindlichen Gründen schiebe ich sinnlos rumliegende Kabel mit der Nagelschwere beiseite und bekomme einen Stromschlag vom feinsten, bevor ich endlich das Diskettenlaufwerk abgezogen habe. Es klemmt und ich ziehe und zerre, bis es schlussendlich krachend auf der anderen Seite auf meinen Holzboden poltert, dort einen Krater hinterlässt. Die Karte der Digitalkamera springt dabei aus dem Diskettenlaufwerk heraus und rutscht unter das Sofa. Ich, mittlerweile puterrot vor Wut, schiebe ächzend das monströse Sofa beiseite, stoße dabei die Tür zu, welche die Kiste mit dem Altpapier mit einem Schwung in den Flur entleert. Endlich halte ich die Speicherkarte in der Hand. Mein Wohnzimmer und mein Flur sehen aus wie nach einer polizeilichen Durchsuchung und ich will wieder meine Wollmütze essen.

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Schon 89 Zigaretten nicht geraucht. Im Internet nach Kryotechnologie gegoogelt. Leider feststellen müssen, das es derzeit noch mit gewissen Risiken verbunden ist, sich ein halbes Jahr einfrieren zu lassen. Das finde ich sehr schade, denn ein solches Vorgehen hätte sicherlich einige unabstreitbare Vorteile. Erstens könnte ich endlich wieder schlafen. Schlafen geht derzeit leider nur bedingt und es macht mich sehr ärgerlich, wenn mein Gehrin ausschließlich in Thetawellen dahinschwingt und mir vorgaukelt gleich, ja gleich da schläfst du ein und es dann aber doch sein lässt. Mieses Stück!
Zweitens würde es mir ungemein helfen, wenn sich Deutschland, was die Nichtrauchergesetze angeht, am italienischen Vorbild orientiert und binnen sechs Monaten Rauchen in die privaten Gemächer verbannt. Da mein allgemeines Aktivitätslevel seit Montag um schätzungsweise 600% gestiegen ist, könnte ich dann, frisch aus dem Kryoschläfchen erstanden als Art Missionar durch das Land ziehen und anderen Rauchern die Zigaretten aus den Mündern schlagen.
Ich kaufe mir ein wallendes, weißes Gewand und male an den Saum kleine gelbe und rote Flammen und renne händefuchtelnd durch Berlin und berichte wie ein rehabilitierter Sünder vom Übel der Abhängigkeit, dabei ziehe ich die Vokale unnatürlich weit auseinander und leiere die Satzenden.
Ich bekomme meine eigene Fernsehsendung und werde reich und berühmt.
Schön, dass meine Phantasien alle mit „ich werde reich und berühmt“ enden.