Die Hackfleischbesprechungen, Teil 2

Wie versprochen, fahre ich heute fort mit den Besprechungen von Hackfleischbildern.

Real_Schweinemett

REAL, 1 Kilo Schweinemett, pikant gewürzt
Verschwindend klein neben einer gigantischen, groben Bratwurst platziert, liegt eine rohe Schweinefleischbulette, die wie ein Brötchen gemustert von einzelnen Zwiebelringen garniert ist.
Die Schweinebulette besetzt einen viereckigen, reinweißen Porzellanteller.
Zu Zeiten Freuds wäre eine solche Darstellung vermutlich verboten worden. Ein wenig schauderlich wirkt sie selbst in heutigen Zeiten in denen jede sexuelle Abart bereits in mindestens einer Talkshow ausführlichst und detailgetreu einer großen Öffentlichkeit zu Gehör gebracht wurde.
Der Kreis, hier als vier Zwiebelringe zu sehen, gilt seit Anfang des 20. Jahrhundert als Symbol für das weibliche Geschlechtsorgan. Auch die etymologische Herkunft des Wortes Porzellan, welche auf die Bezeichnung der Kaurischnecke zurückgeht, die auf italienisch „porcellana“ genannt wird und somit zurück greift auf den Vulgärausdruck für das weibliche Geschlechtsorgan, spielt auf das Weibliche an.
Die übergroße Bratwurst am Rande des Bildes wirkt zunächst bedrohlich und unterdrückerisch, kann jedoch nicht in das Hackfleisch ‚eindringen’, da dieses durch den Porzellanteller geschützt ist.
Somit steht die Frau in der Gesellschaft wenngleich isoliert dennoch gestärkt und eigenständig.
Die Brötchenmusterung versinnbildlicht, dass die Boulette Frau von heute ihre sprichwörtlichen Brötchen selbst verdienen kann und somit ihren eigenen Wurst Mann steht. Das Schweinemett steht somit an der Schwelle zur Bratwurstwerdung.

Die Hackfleischbesprechungen, Teil 1

Es gibt viele missachtete Kunstformen. Einer möchte ich in meinem Blog angemessen huldigen: Fotos von Hackfleisch in Werbeprospekten. Heute:

hackepeter1

Reichelt, 1 Kilo Hackepeter
Reichelt präsentiert ein Kilo frisch gehacktes Schweinefleisch auf einem runden Silbertableau – eingebettet in gehackten Zwiebeln.
Nahezu ideal gewölbt erhebt sich der Fleischberg auf dessen höchstem Kuppelpunkt mehrere Zwiebelringe thronen, die durch einen kleinen Zweig Petersilie in Szene gebracht werden.
Auf die Fleischkuppel wurde mit einem Messer ein netzförmiges Muster geritzt.
Auf den ersten Blick eine übliche Inszenierung von Hackfleisch. Tatsächlich offenbart der genaue Blick erschreckende, ja nahezu beunruhigende Spannungen.
Das zerhackte Fleisch auf einem Bett zerhackter Zwiebeln gaukelt ein friedliches Nebeneinander von Arm und Reich.
Das Element Arm und Reich wird gleich ein weiteres Mal dargestellt durch das Drapieren von Hack – Symbol des (Frühstücks des) armen Mannes – auf einem blank poliertem Silbertablett.
Der Gegensatz lenkt hier die Aufmerksamkeit auf eine gesellschaftskritische Dimension dessen sprichwörtlicher Fleischberg durch Petersilie geschmückt wird.
Als Lieblingsmuster der Königin Victoria dominiert die Petersilie, (siehe „Paisleymuster“) als Versinnbildlichung des wohlhabenden Teils der Bevölkerung, obgleich in der Minderheit (!), den Hackfleischberg, welcher das einfache Volk repräsentiert.
Zerkluftet durch scharfe Messerschnitte vergeht der nur auf den ersten Blick Einheit demonstrierende Pöbel des Hackfleischhügels in wenigen Stunden und es bleibt nichts als ein stinkender Haufen Biomasse.

Die Hackfleischbesprechungen, Teil 2

Die Hackfleischbesprechungen, Teil 3

Die Hackfleischbesprechungen, Teil 4

Die Hackfleischbesprechungen, Teil 5

Die Hackfleischbesprechungen, Teil 6

Die Hackfleischbesprechungen, Teil 7

Die Hackfleischbesprechungen, Teil 8

Die Hackfleischbesprechungen, Teil 9