Brigitte MOM

Brigitte MOM hat zwar einen dämlichen Untertitel – dementgegen kann man es aber aushalten darin zu lesen. Jedenfalls wenn man einfach ein bisschen Unterhaltung erwartet (und nicht mehr).

Die Brigitte MOM hat 154 Seiten und kostet 3,80 Euro. Das macht knapp 2,5 Cent pro Seite, zieht man die 24 Seiten Werbung ab, bleiben 130 Seiten. Davon sind ungefähr 20 Seiten keine direkte Werbung, enthalten aber Kaufempfehlungen und weitere 20 Seiten bilden alberne Mode ab, die man als durchschnittliche Mutter weder tragen noch kaufen würde. Bleiben 90 reine Inhaltsseiten, für die man 4,2 Cent zahlt. Geizig Sparsam wie ich bin, muss es einen guten Grund geben so viel Geld auszugeben.

Die Verlagsgruppe beschreibt das Magazin wie folgt: „Der neue Titel richtet sich an Frauen zwischen 20 und 40 Jahren, die Mütter sind oder sich Kinder wünschen. BRIGITTE MOM beschreibt das Lebensgefühl dieser Frauen mit Liebe, Gelassenheit und Witz, ohne problemorientierte Ratgeber.

Seit Tagen denke ich über den Untertitel nach. „Das Magazin mit starken Nerven“. (Abweichend vom Bild oben steht ein ganz anderer Untertitel auf der Printausgabe). Was mir das sagen will, erschließt sich mir einfach nicht. Hat ein Magazin Nerven? Welchen Vorteil bringt es mir, wenn ein Magazin starke Nerven hat? Haben MOMs starke Nerven? Bin ich eine MOM? Habe ich starke Nerven? Bin ich ein Magazin? Ist das Wort Magazin ein Teekesselchen? Aber auf was bezieht es sich dann? Sind Mamas Vorratsvorrichtungen für Munition?  Eine kroatische Musikgruppe? Ein Hamburger Programmkino? Oder ist doch das facheinschlägige Periodikum gemeint?

Gut. Ich muss nicht alles verstehen…

Der Inhalt gliedert sich in die Rubriken: schön sein, schlau werden, haben wollen, weg wünschen und anders machen. Die Kategorien könnte man vermutlich super als Tags verwenden, um den Alltag als Frau/Mutter/Mensch angemessen zu verschlagworten.

Als ich das Magazin das erste Mal durchgeblättert habe, fand ich es ziemlich blöd. Vermutlich weil ich an der Stelle „Lust jemanden zu beleidigen“ hängen blieb. Da werden 5,5 Seiten für zehn läppische Beleidigungen verschwendet. Wahrscheinlich hat man sich so in den 60ern beleidigt: „Wenn ich Ihre Mutter wäre, würde ich mich schämen.“ (S. 134, Brigitte MOM 01 2011) Allein schon das Siezen! Wenn mir jemand total auf den Geist geht, dann sieze ich doch nicht. Mein Tipp an die Redaktion, wenn man zeitgemäß beleidigen möchte, einfach mal bei Twitter nach „Deine Mudda“ suchen. Da finde ich innerhalb von fünf Sekunden hundert Mal witzigere Beleidigungen.

Die Mode, die vorgestellt wird, finde ich genauso nichtssagend und überblätterungswert wie in jedem anderen Magazin. Welche (teilzeitarbeitende) Mutter leistet sich schon einen Schrank voll Blusen (wer bügelt die eigentlich?), die das Stück um die 200 Euro kosten? 200 Euro, das sind im Schnitt 1.300 Windeln – damit kann man ein Kind ungefähr ein halbes Jahr mit Windeln versorgen.

Wenn man die Zeitung also nicht gekauft hat, um was darüber zu schreiben, hätte ich sie an dieser Stelle schon aus der Hand gelegt.

Wäre aber schade darum gewesen, denn so doof ist sie auf den zweiten Blick gar nicht. Jedenfalls nicht, wenn man anfängt zu lesen und das sonstige Spektrum an Elternzeitschriften  kennt.

Positiv fiel mir beispielsweise die Bilderserie „iron MOM“ in Auge, die beschreibt wie viel Kalorien man verbraucht, wenn man tägliche Mama-Aufgaben bewältigt. Das Ganze ist mit witzigen Fotos (klobige Medizinbälle im Ergo-Carrier) und ernst gemeinten Haltungsempfehlungen einer Fitnessexpertin (Rücken gerade) versehen.

Auch die Seiten unter dem Titel „Das Leben ist ein langer ruhiger Fluss- von wegen“, die Mütter früher und heute portraittieren, hat mir sehr gut gefallen. Denn sie greift auf, was sich Frauen mit der angehenden Schwangerschaft vorgestellt haben, wie ihr Leben werden würde und vergleicht mit der tatsächlichen Lebensrealität.

Es gefällt mir zudem außerordentlich, dass auch Männer zu Wort kommen dürfen, denn ich mag es gerne ausgeglichen und dieses künstliche männerfrei halten einiger anderer Frauenzeitschriften, ist in meinen Augen unnötig und auch wenn meine Kinder nie fernsehen dürfen, musste ich über den Beitrag von Till Raether schmunzeln, denn er schreibt: „Meiner Meinung nach darf man Kinder vor den Fernseher setzen, sobald sie, wie die Formulierung sagt: sitzen können. Nie wäre ich auf die Idee gekommen zu sagen: Lass uns die Kinder vor den Fernseher legen […]“ (S. 86, Brigitte MOM 01 2011).

Was wirklich sehr auffällt (und allein deswegen sollte man diese Zeitung mindestens einmal kaufen) sind die Menschen, die abgebildet werden. Klar sind die alle schöner als ich – aber sie sind ja auch geschminkt. Nein, im Ernst. Keine hageren, ausgehungerten Frauen und keine ausschließlich 20jährigen, die für Antiaging-Produkte werben. Das gefällt mir wirklich.

Die erste Ausgabe von Brigitte MOM ist bis Ende des Jahres im Zeitschriftenhandel erhältlich. Je nachdem wie die ersten 180.000 Stück sich verkaufen, wird entschieden, ob es eine weitere Ausgabe geben wird.

Mein Fazit lautet: Ich würde gerne noch eine zweite lesen und dann final für mich entscheiden, ob ich das Magazin mit den starken Nerven (???) in Zukunft regelmäßig konsumiere. Tatsächlich habe ich hier nichts gelesen, was mich irgendwie tief bewegt oder mich an irgendeiner Stelle zusätzlich informiert hat. Aber das muss gar nicht sein. Manchmal genügt es eine Zeitschrift zu haben, die man immer mal wieder in die Hand nimmt und kurz dem Alltag entflieht. Ich schaue schließlich auch nicht nur ARTE und 3SAT-Dokumentationen.

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