Es schläft, wehe Du atmest

Wenn Säuglinge schlafen, schlafen sie. Sie fallen von einer Minute zur anderen in den Tiefschlaf. Da könnte Godzilla nebenan die Nachbarschaft zertrampeln; sie würden nicht wach werden.
Das ist eine wunderbare Zeit.
Gegen Ende des ersten Lebensjahres ändert sich das leider. Die Kleinstkinder schlafen schlecht ein und wenn sie endlich schlafen, werden sie bei jedem Mucks wach.
In der alltäglichen Kommunikation bin ich großer Freund einer differenzierten Ausdrucksweise, doch es gibt Situationen da kann ich ruhigen Gewissens sagen, dass die Stärke des Ausdrucks durchaus angemessen ist.
Denn was in mir aufkeimt ist nichts anderes als Hass, wenn man es endlich geschafft hat, dass das Baby schläft und irgendwer beispielsweise hustet und somit das sofortige Wecken und Dauerschreien bewirkt.
Hass, Hass, Hass.
Auch den knarrenden Diele, der Klospülung, dem Wind und Blähungen wünsche ich die Pest an den Hals.

Ich will nach Norwegen, im 60km Umkreis keine Menschenseele und morgens nach dem Frühstück knalle ich alle Vögel ab. Dann ist endlich Ruhe. RUUUHHHHEEEEÄÄÄHHH!

Sigourney Weaver und ich

Wer Alien I bis III gesehen hat, hat eine ungefähre Vorstellung davon, wie es ist, schwanger zu sein. Letztendlich ist der einzige Unterschied, wie das Alien geboren wird. Während nämlich das garstige Alien aus dem All in einer angemessen kurzen Zeitspanne aus dem Bauch platzt, muss das Menschenbaby in einer mehrtägigen Tortour aktiv aus einem winzigen Loch gepresst werden.
Wichtig ist es deswegen für jede Frau sich die glückerfüllten Momente einer Schwangerschaft vor Augen zu führen. Da wäre zum Beispiel das erste Ultraschall, wo man eigentlich nur einen kleinen Saurier sieht, dessen Arm- und Beinstümmelchen an einem großen Körperballon hängen. „Wunder der Natur! Produkt meiner Gene!“ freut man sich und weint Tränen der Glückseeligkeit.
Die nächsten Wochen verbringt man blass, erbrechend und halbschlafend. Doch dann in Woche 16, das nächste Hoch. Das Ding in einem bewegt sich. Wie verschluckte Fischlein, beschreibt die eine romantisch. Wie große, dicke Puddingblasen im Bauch, korrigiert die andere. Wie grässliche Blähungen, umschreibt eine weitere.
Ab da setzt der sog. Schwangerschaftsautismus ein. Immer wenn das Baby sich nämlich bewegt, bekommt die Frau einen seltsam verklärten Gesichtsausdruck und brummelt unverständliche Worte, die im Grunde auch gar nicht für die Außenkommunikation gedacht sind. Wenn das Kind weiter wächst, wird aus dem verzaubertem Gesicht, das eine sanfte Bewegung gemeldet hat, bald eine Fratze. Denn das Kind übt zunächst Milchtreten auf der Blase. Manchmal zerrt es auch an der Nabelschnur wie ein LKW-Fahrer bei 120 an der Hupschnur. Dann kommen die Wochen in denen sich das Baby dreht und dauerhaft mit dem Kopf auf der Blase liegt und mit den Füßen eifrig Magen, Rippen und Zwerchfell traktiert.
Hormone sorgen dafür dass man über die Schmerzen hinaus ächzt: „Ein kleiner Rocky Balboa! Ach wie süß, ein eifriger Ronaldo!“
Doch in diesem Stadium ist der Kontakt der Schwangeren zur Außenwelt ohnehin nur noch sporadisch.
Für die Psyche der Frau ist das ohnehin besser. Die Kinderlosen können das langweilige Gefasel über Stillmethoden, Kinderwagen und Babypflege ohnehin nicht mehr hören. Die Personen, die neulich erst gebärten und deswegen unfreiwillig aber dauerhaft auf jene Themen reduziert wurden, wollen nicht mehr hören. Bleibt also nur der Partner, der sich bereits heimlich beim Chef erkundigt hat, welche Projekte er ab Geburtstermin zusätzlich übernehmen könnte, damit er erst zuhause ankommt, wenn der propere Nachwuchs sauber und gestillt im Bettchen liegt und seine Frau ebenfalls erschöpft auf dem Boden vor dem Stubenwagen zusammengesunken ist.
So schön wird das Leben einer Frau nie wieder!

Reinkarnation einer Führungskraft

Babys zu bekommen, macht aus vielerlei Gründen gläubig. Z.b. glaube ich, nach längerer, ausführlicher Betrachtung des Säuglings, an Reinkarnation.
In meinem Baby steckt ein an einem Herzinfarkt verstorbener, 40jähriger, kaltblütiger Top-Manager, der mit voller Erinnerung in den kleinen Körper eines weiblichen Kleinstkindes geboren wurde und nun ob seiner Boshaftigkeit und Kälte sein Dasein als kleines Mädchen fristen muss. Nichts anderes kann der Gesichtsausdruck bedeuten, den das Kind gelegentlich macht.
„Ja“, denkt sich die ehemalige Führungskraft, „ach wäre ich doch humaner gewesen …. muss saugen … ahhhh … dann wäre ich jetzt …. ahhh eine riesige Brust, muss saugen …. nicht in dieser misslichen Lage“ und wünscht sich nichts sehendlicher als die Gabe zu besitzen, die Arme und Hände zu koordinieren, um sich die Ohren zuzuhalten, während Mama mit heller Stimme den cremigen Windelinhalt oder das feine Bäuerchen lobt.
Als Führungskraft eines Konzerns lohnt es sich eben doch menschlicheren Grundsätzen zu folgen.