Unmenschliche Überwachung

Der Hauptteil meiner Diplomprüfungen war mündlich. Eher so etwas wie ein Gespräch. Der Professor stellte ein Paar Fragen, ich antwortete und im Anschluss wurde beraten welche Note zu vergeben wäre.

Wäre ich Professor und hätte heute einen Studenten bei mir sitzen, ich würde fragen: Die DDR hatte 1988 um die 16,5 Millionen Einwohner. Die genaue Altersverteilung kenne ich nicht, jedoch nehmen wir an, dass ca. ein Drittel von den massiven staatlichen Überwachungsmaßnahmen wußte und sie missbilligte. Nehmen wir weiter an, dass ein Großteil der Menschen heute noch lebt. Wie kann es sein, dass die Straßen im Angesicht von Programmen wie Prism und Tempora nicht voller protestierender Menschen sind?

Gerne hätte ich 20-30 Antworten dazu gehört. Mein Studium ist leider zu lange her, um differenzierte Antworten auf diese Frage zu geben. Wie immer gibt es wahrscheinlich mehrere Erklärungen. Vielleicht spielt mit rein, dass Menschen sehr schlecht mit Wahrscheinlichkeiten umgehen können. Nicht wenige spielen regelmäßig Lotto und das obwohl die Chance beim 6 aus 49 bei 1 : 13.983.816 steht. Hätte man eine tatsächliche Vorstellung von 13.983.816, dann würde kein Mensch Woche für Woche Geld in eine Lotterie einzahlen. Wenn also die Worte „Vereitelung von Terror“ oder „Vorsichtsmaßnahme“ fallen, dann liegen vermutlich ähnliche Wahrscheinlichkeiten dahinter. Vielleicht sogar noch niedrigere. Wahrscheinlich müssen weit mehr als schlappe 13.983.816 E-Mails abgehört werden, damit sich ein Hinweis ergibt, der zur Aufdeckung irgendeiner staatsfeindlichen Handlung führt. Aber weil diese Zahlen unbegreifbar sind, lassen sie sich vielleicht besser ausblenden?

Ein anderer Faktor mag die (mangelnde) Vorstellung automatisierter – computergesteuerter – menschenunabhängiger Überwachung sein. Ein Computer hat schließlich keine Motive, keine Moral, er (korrekter wäre „es“) bewertet nicht. Die Überwachung in der DDR – so wie sie mir bekannt ist (ich bin im Westen zu keinerlei Bezug zum Osten aufgewachsen) hatte dementgegen einen eher menschlichen Schwerpunkt. Technikgestützt, aber es scheint mir so, als hätte hinter der Überwachung ein größerer Aufwand gesteckt. Menschen mussten unter Druck gesetzt werden, Menschen mussten „rumgedreht“, überzeugt werden. ÜberwacherIn für ÜberwacherIn musste rekrutiert werden und wenn am Ende die Überwachung ans Tageslicht kam, dann war damit sicherlich oft ein Gefühl der Enttäuschung verbunden. Der menschlichen Enttäuschung. Ein Schock, ein tiefsitzender Vertrauensbruch. Die Überwachung spielte sich also auf menschlicher Ebene ab. In Interaktionen, in der eigenen Erfahungs- und Erlebenswelt war sie nachvollziehbar. Die gesamte Überwachungsinfrastruktur musste mühsam aufgebaut werden.*

Heute ist sie einfach da und kann genutzt werden. Die Infrastruktur, die zur Überwachung genutzt werden kann ist so eng mit unserem persönlichen Leben, mit unserem wirtschaftlichem Leben verbunden. Es gibt fast keine Möglichkeit vollständig auf sie zu verzichten und so möglichst wenig Optionen zur Überwachung zu bieten.

Vielleicht begünstigt das zum einen den Umstand, dass es quasi unvorstellbar ist, was da passiert und vielleicht setzen da Verdrängungsmechanismen ein, weil es so wenige Handlungsmöglichkeiten gibt dem ganzen zu „entkommen“. Und daraus entsteht vielleicht eher ein Gefühl der Ohnmacht als irgendein Handlungsimpuls, der zur Beendung dieser Überwachung führt.

Es scheint also bequemer zu sagen „ich habe nichts zu verbergen“ und wieder seinem Alltag nachzugehen. Zumal das Argument der Terrorabwendung ein schwerwiegendes ist. Terror ist in meinen Augen gar nicht so sehr ein einzelnen gewalttätiger Akt sondern vielmehr die damit geschürte Angst, der Kontrollverlust. Niemand weiß was als nächstes passiert, niemand weiß wo etwas passiert, es gibt keinen Ausweg – vielleicht nur den Rückzug, die Komplexitätsreduktion der eigenen Welt, das Einschränken alles in der Hoffnung die Welt wieder kontrollierbarer zu machen.

Es ließe sich noch viel zu den Mechanismen mutmaßen. Jedenfalls bin ich wirklich erstaunt und entsetzt wie wenig die breite Öffentlichkeit sich für die Sache interessiert. Ich frage mich, warum die Straßen nicht voll sind von Demonstranten und warum es so wenig hörbare Stimmen gibt, die die Einhaltung der Grundrechte, die die Freiheit der deutschen BürgerInnen verlangen.

Es ist seltsam.

 

*Christoph Kappes greift diesen Aspekt ebenfalls in seinem sehr lesenswerten Artikel „VERTRAUEN, VERRAT UND SCHATTEN – A LETTER FROM HAMBURG“ auf:

„Wenn Computer Daten aufzeichnen, geschieht es äußerlich ruhig und ohne irgendein Bewusstsein. Vielleicht ist es deswegen für viele Bürger nicht ganz leicht, diesen Vorgang zu bewerten. Es ist aber richtig, darin ein „Abhören“ zu sehen, weil das Aufzeichnen auf einer menschlichen Entscheidung beruht, fortwährende Tätigkeiten erfordert und auch Teil eines komplexen Vorgehens ist, an dessen Ende wieder Menschen stehen, die Zwecke verfolgen. Die stillen und unbeweglichen Maschinen offenbaren also nicht, dass sie Teil einer Handlung sind. Unsere Bilder von menschenleeren Rechenzentren oder Unterwasserkabeln zeigen uns nicht die Heimtücke, die wir im Alltag sonst gut erkennen können, etwa wenn ein Mensch den anderen von hinten bedroht. Dass digitale Angriffe so heimtückisch sind wie biologische Waffen, das müssen wir erst noch emotional erfassen lernen.“

36 Gedanken zu „Unmenschliche Überwachung“

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  2. Hat zwar nichts direkt mit der DDR, zu tun, ist jedoch eine nach wie vor relevante Satire: Pizzabestellung im Überwachungsstaat – Gutes Gelingen.

  3. Torrent sagt:

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  4. Volatilelife sagt:

    Ich denke das hier ist doch eine schöne Ideensammlung Deiner 30 Studenten ;-)

    1) STASI war spürbar, Internetüberwachung NSA ist es nicht
    – Spürbar bedeutet – siehe JST, 18. Juli 2013 um 14:10
    2) Wir leben in einer Demokratie, zumindest empfinden einige von uns das so, siehe ben_ 17. Juli 2013 um 09:04
    3) Wir befürworten Überwachung grundsätzlich als legitimes Instrument der Strafverfolgung / Abschreckung (Kameras auf U-Bahnhöfen), gleichzeitig haben wir vielleicht noch nicht ganz herausgefunden wo die Grenzen liegen sollten
    4) Meine persönliche Anekdote dazu ist noch, dass wir in einem gewissen Maße den Verwertern der Daten trauen – also wir glauben grundsätzlich an die Begründung warum die Daten gesammelt werden und glauben auch, dass wir dann nur im absoluten Ausnahmefall die Maßnahmen zu spüren bekommen (in etwa der Aspekt ich habe nichts zu verbergen, aber auch ein bißchen mehr als das)

    Wir müssen heute auch nicht unbedingt für jeden Kram auf die Straße gehen. Wir haben andere Mittel und Wege gefunden, bspw. das Internet. Wir mobilisieren eine Meinung durch das Internet, wir nutzen das Internet um Petitionen zu unterzeichnen und Menschen zu erreichen. Die Demonstration auf der Straße kommt aus einer Zeit, wo es kein Internet gab und die Vernetzung und Sichtbarmachung eines Protests quasi alternativlos war (ich finde Demos nicht verkehrt, aber sie sind nicht alternativlos).

    Und somit schließt sich ein Kreis – es gibt Gründe warum es viele Leute nicht interessiert, und es gibt Gründe warum interessierte Leute nicht auf die Straße gehen. Die Anzahl der Leute die interessiert auf die Straße gehen ist damit wie man sieht sehr klein.

    Trotzdem und das muss man hier mal festhalten, kann ich anhand der Meinung wie ich sie derzeit im Internet nachlese durchaus eine große Skepsis gegenüber dieser Datensammelwut erkennen, ich würde auch sagen, dass die Skepsis überwiegt.

  5. HeiG sagt:

    endlich aufgewacht? jetzt mal ehrlich habt IHR echt an die Anonymität geglaubt, Demokratie beginnt im Herz, mach dich frei und sei ein wahrhaftiger Mensch

  6. Gallenstein sagt:

    Liebes Nuf,
    wenn Du die Grundrechte in D kontemplierst (z.B. hier: http://www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html), wirst Du feststellen: Hier stimmt doch irgendetwas nicht.
    Wenn von Verfassungsbruch die Rede ist, schau doch mal hier:
    GG – Art 146 
    Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.
    Daraus folgt: …, bzw. Legaldefinition des Sankt Nimmerleintages.

    Hättest Du in den vergangenen 30 Jahren jeden Sonntag den Weltspiegel gesehen, wärest Du heute entweder stark depressiv oder nur noch extrem zynistisch und von Sarkasmus und Sardonismus durchdrungen.

    Und PRISM und Tempora wären nur noch Petitessen am Rande.

    Demokratie ist, wo man ein Kreuz machen darf.

    Ein tröstlicher Kontemplationsgedanke zum Schuss:
    Wo ist es besser oder weniger schlecht?

  7. dasnuf sagt:

    Ich habe sehr gut verstanden, dass die Zustände der DDR nicht mit unseren zu vergleichen sind. Das wollte ich auch nicht sagen mit meiner Überlegung.

  8. HMPF sagt:

    Zum ersten Teil muss ich mal sagen, unterhalte Dich bitte mal mit jemanden aus der DDR Generation über solche Themen, die hätte nicht mal gewagt die Schulter zu zucken, sondern so getan als gäbe es das nicht!!!! Wie kommst Du nur zu solchen Aussagen? Es sind konkret Menschen ins Gefängnis gekommen jahrelang, wegen Nichtigkeiten. z.B. Wände mit Kreide beschmiert wurden mit “weg mit der SS 20?, wenn man Pech hatte war’s das für 5 Jahre und danach wurde man nicht mehr glücklich.
    Und ich denke auch, die Zeit wird es zeigen, die Menschen müssen erst mal kapieren was da passiert oder sehen was die Folge der Überwachung ist. Bislang ist es alles nahezu folgenlos.
    Aber mit so Kleinigkeiten wie, dass man nicht mehr in die USA einreisen darf, weil man e-mail Freunde im Iran hat, oder gar festgehalten und befragt wird, wo man doch eigentlich nur mal kurz nach Florida wollte und Krokodilsteak essen.
    Oder ein/e Student/in fährt zum Shopping nach London (das übrigens zum Schengen Raum gehört aber es gibt noch Passkontrollen) und darf nicht mehr ausreisen, weil man sich mit einem/r xyz angefreundet hat und mehrfach getroffen, vorher natürlich mit e-mails verabredet. NUR xyz wird verdächtigt eventuell einen Anschlag zu planen (weil er/sie sich in FB agressiv geäussert hat, weil jung und betrunken) und plötzlich wird aus der Freundschaft mit dem Studienkollegen im fernen Osten und der Freundschaft zu xyz etwas was den Nachrichtendiensten komisch vorkommt. usw usw, zack Ausreiseverbot aus UK und Befragung vom Geheimdienst.
    Wenn so was häufiger passiert, dann werden die Menschen sicherlich etwas wacher.
    Die Frage hier ist: wie hysterisch werden unsere angelsächsischen “Musterdemokratien”!? Und was für greifbare Folgen hat das für uns?
    Was passiert wenn man nur noch innerhalb der EU reisen “darf”, weil die anderen Staaten einen auf einer schwarzen Liste haben?
    Die USA drehen ja fast schon durch und beißen sich selbst in die Beine, weil sie sich verfolgt fühlen, nicht ohne Grund.
    Bislang ist für die deutschen Staatsbürger noch nicht viel passiert was Angst macht (wenige Ausnahmen gibt es aber http://de.wikipedia.org/wiki/Khaled_al-Masri). Hoffen wir, dass es so bleiben wird!

    Was mich noch viel mehr erschreckt ist, kann man durch die Daten, die man so rumschickt auch instrumentalisiert werden, weil man angreifbar ist? Siehe Steuer CDs, damit kann man auch prima erpressen.

    *dieser Text wurde via Google Chrome geschrieben!*

  9. JST sagt:

    PS: Aus oben ausgeführten Gründen sind es heute sicherlich weniger Leute, die gegen PRISM & Co. protestieren, weil es eben nicht das Gleiche ist, wie damals. Und auch nicht für Jede/n spürbar ist.

  10. JST sagt:

    Als Ostkind, das mit knapp 14 Jahren in die Wende kam, kann ich vielleicht ein klitzekleines Stück Licht ins Dunkel bringen.

    In der DDR war es für mich so, dass ich gefühlt täglich diese Überwachung in Form einer Lehrerin oder eines Lehrers oder generell von Erwachsenen um mich herum hatte. Die LehrerInnen achteten darauf, dass wir in der Schule nicht über die ARD-Tagesschau oder den RIAS (Westberliner Radiosender der Amerikaner – Rundfunk Im Amerikanischen Sektor) sprachen. Sie ermahnten uns, wenn wir darüber sprachen. Es gab LehrerInnen, die es aus Sorge taten, weil wir Kids unsere Eltern in Schwierigkeiten hätten bringen können und es gab LehrerInnen, die uns ermahnten, weil sie dem Staat dienen wollten. Das Verhältnis war in etwa 50:50.

    Bei den Erwachsenen rund um mich herum war diese 50:50-Quote ebenfalls so. Alle wussten von der Überwachung und sie kannten auch jeweils Leute, die Repressionen ausgesetzt waren.

    Andererseits war es schon damals so, dass wir Kids trotzdem über den Westen, seine Medien und Colt Seavers sprachen. Egal wo, egal wann. Nur gab es eben manchmal Ärger.

    Da liegt vielleicht der Unterschied zu heute: Es werden zwar heute Millionen Menschen überwacht, aber die Folgen dieser Überwachung erlebt kaum jemand. Das ist sicherlich auch so gewollt.

    Die Opfer der heutigen Überwachung werden entweder öffentlich/medial als die „Bösen“ inszeniert und sind uns in 99,9% der Fälle völlig unbekannt und weit weg. Oder sie werden heimlich an nicht einsehbare Orte verbracht (z.B. geheime CIA-Gefängnisse oder Guantanamo) – und sind uns somit ebenfalls wieder unbekannt. Am Ende sollen es ja immer Terroristen sein – also eine abstrakte Gruppe Unbekannter.

    Die Opfer der Überwachung in der DDR waren hingegen Bekannte, FreundInnen oder KollegInnen. Die unmittelbare Bedrohung der Überwachung bzw. die Opfer der Überwachung wurde(n) bewusst nah an den Menschen inszeniert. Das Ziel war ja Abschreckung und Angst – Einschüchterung sollte die Konsequenz sein.

    Damals hat selbst ein Kind, wie ich, die Folgen der Überwachung einschätzen können (im Rahmen der kindlichen Möglichkeiten). Heute ist es ein abstraktes Thema – weit weg von den Menschen, weil sie die Folgen nicht mal verstehen können, wenn sie Erwachsene sind. Die heutige Überwachung ist auch nicht sichtbar – also wieder nur abstrakt.

    In der DDR musstest du nur zu einem Fußballspiel der ersten Liga gehen und du hast die Pappnasen von „Horch und Guck“ in ihren Lederjacken in den Hausfluren entlang der Strecke zum Stadion stehen sehen. Das war so gewollt – sie sollten erkennbar sein und einschüchtern.

    Die Legitimierung von Überwachung war auch eine andere. Damals war es eine „Diktatur des Proletariats“ (Selbstverständnis der DDR-Führung), die einfach sich selbst gegenüber klar sagte: Wir überwachen euch, um den „Sozialismus“ zu sichern und wer hier kritisiert, kriegt richtig Stress. Offene Repression ist ein Merkmal einer Diktatur und die wurde in der DDR lehrbuchmäßig gelebt.

    Die Legitimierung der Überwachung heute ist doch in einer Demokratie viel schwieriger, weil die überwachenden Organe/Behörden an einer demokratischen Reporting-Linie hängen. Diese Organe/Behörden müssen ja deshalb erst eine Drohkulisse aufbauen, um ihre Überwachungsarbeit legitimiert zu bekommen – von den dafür demokratisch gewählten Strukturen. Würde also die Drohkulisse nicht abstrakt sein und die Überwachung dafür konkret gegen die NachbarInnen, FreundInnen oder Bekannten gehen und spürbar sein – dann würden doch die demokratischen Strukturen gar nicht die entsprechenden Freigaben erteilen, weil sie bei der nächsten Wahl um ihre Stimmen fürchten müssten.

    Also ist mein Fazit: Diktaturen überwachen offen, um den Druck auf die Bevölkerung auszuüben. Die Organe/Behörden in Demokratien überwachen heimlich und versuchen keinen Druck auf die Bevölkerung aufzubauen, aber bauen Drohkulissen auf, um für ihre Arbeit trotzdem die Freigabe zu erhalten.

  11. Susanne sagt:

    Ich glaube, dass es nicht mehr Proteste gibt, weil wir seit Jahren – berechtigt – mit Datensicherheit bei Facebook & Co. Zugetextet wurden und sich ein resigniert-trotziges „Die haben eh schon alle meine Daten.“ breitgemacht hat. Jetzt lesen die auch noch meine paar E-Mails? Stöhn… Zudem tut es auch erstmal nicht wirklich weh, dass das jemand tut. Proteste kommen erst, wenn die Überwachung irgendwelche Folgen hat (Reisebeschränungen, ungerechtfertigte Verhaftungen, Kündigungen, etc.)

    In mir weckt das eher das Bedürfnis mehr Datenmengen zu erzeugen: Ihr wollt schnüffeln? Gut, ich sende für Euch jeden Tag 20 E-Mails mehr ohne Inhalt aber mit einem Betreff, den Ihr sicher beachtet… Ersticken sollen die in sinnlosen Datenmassen.

    1. TheCounterpart sagt:

      Wäre auch ne Idee. Als Demonstration eine Woche lang massig Mails versenden, auf deine Art und alle Menschen gleichzeitig xD

  12. Frau-Irgendwas-ist-immer sagt:

    Das Geheimdienste Datenhamster sind, das ist ja wohl kein Geheimniss. Und das INet und EMails toll zum datenhamstern sind, ist wohl auch jedem klar. Das die gute alte Post auch nach wie vor überwacht wird, und ich denke nicht bloß in der USA, ist dann auch nicht weiter verwunderlich.
    Und das mich das alles nicht weiter verwundert ist wohl meiner DDR-Vergangenheit geschuldet, uns war schon klar das so ziemlich alles beobachtet/ausgewertet wurde.
    Aber jetzt und hier, Demokratie!!, wird wenigstens darüber geredet, es ist öffentlich, Hoffung auf Besserung also … irgendwann …

  13. B.Anker sagt:

    Hmm, vielleicht geht es vielen wie mir. Durch deinen Blogpost musste ich erstmal googeln, was tempora und prism sind. Ich schaffe es maximal 10min am Tag die News zu scannen und die Begriffe hab ich in dem Kontext noch nicht gehört. Bin jetzt also informiert und erschreckt.

  14. ben_ sagt:

    Wer sich vor Stasi-Vergleichen nicht scheut, muss sich auch Nazi-Vergleiche gefallen lassen: Die Kinder und Enkel der Millionen, die von Deutschen, von der Generation unserer Großeltern ermordet wurden leben noch. Menschen, die selber in Ausschwitz waren leben noch. 300.000 Amerikaner sind dabei gestorben, uns die Demokratie einzuprügeln. Wenn ich Amerika wäre: Ich würde uns auch nicht trauen. Ich würde diesen unseren obrigkeitshörigen Staat bis ans Ende aller Zeiten mit Argusaugen überwachen. Wenn es mal wer verdient hat von A bis Z überwacht zu werden, dann doch wohl wir.

    Und jetzt wieder etwas sachlicher: Der Grund, warum die Millionen nicht auf die Straße gehen ist ziemlich einfach: Unser Staat funktioniert. Unser Staat ist demokratisch. „Die Demokratie“ existiert in sehr viele Facetten in unseren Köpfen. Sie hat Rückhalt in hunderten und tausenden Aspekten des täglichen Lebens in unserem Staat. Du kannst ja zur Abwechslung mal wen fragen, wie’s in der DDR war. Wie sehr sich das Leben von dem unterschied, was heute Dein Leben unser aller Leben ist. Überwachung dürfte da vermutlich nur ein Aspekt von vielen sein.

    Vermutlich ist tatsächlich niemand in diesem Land diskrimiert worden, weil seine Emails von der NSA gerasterfahndet worden. Niemand ist in seiner Lebensplanung eingeschränkt worden, niemand wurde davon abgehalten, wählen zu gehen, niemand wurde in seiner politischen Karriere behindert worden, niemand wurde auf Grund von Prism oder Tempora schikaniert.

    Und weiter noch: Wir alle haben ja nicht grundsätzlich etwas gegen Überwachung. Überwachung ist seit langem ein legitimes Werkzeug. Wir erwarten halt nur, dass sie gerechtfertigt und maßvoll eingesetzt wird. Sich jetzt auf die Straße zu stellen und zu sagen: „Bitte etwas maßvoller!“ ist doch irgendwie etwas komisch.

    Damit wir uns nicht falsch verstehen: Anlaßlose Überwachung des gesamten Internets ist falsch, ist sogar Unrecht. Die Geheimdienste haben weit außerhalb ihrer Befugnisse gehandelt und gehören dafür zur Verantwortung gezogen. Ja, wir wären eine bessere Gesellschaft, wenn das Internet nicht überwacht wäre.

    Aber Vergeliche mit der DDR sind ebenso an der Sache vorbei, wie Nazi-Vergleiche oder der Schrei nach der „Gefahr für die Demokratie“.

    1. dasnuf sagt:

      Das sehe ich anders, wie man meinem Artikel entnehmen kann.
      Falsch ist vermutlich rüber gekommen, dass ich die Zustände der DDR pauschal mit unseren Zuständen vergleiche/vergleichen wollte. Für mich hat dieser Gedanke lediglich die Frage aufgeworfen, warum es nicht mehr Proteste gibt, v.a. unter denen, die Überwachung und die damit verbundene Machtlosigkeit bereits erleben mussten.
      Ansonsten finde ich sehr passend, was Sascha Lobo gesagt hat „Die ausufernde Spionagemaschinerie ist keine Krise des Internets sondern eine Krise der Demokratie…“ (Quelle: http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/aktuellste/414#/beitrag/video/1941270/Kalter-Krieg-um-unsere-Daten)

      1. TheCounterpart sagt:

        Danke für den Link. War sehr interessant.

  15. Pterry sagt:

    das „ich habe nichts zu verbergen“ Argument ist keins, wie hier dargelegt:
    http://chronicle.com/article/Why-Privacy-Matters-Even-if/127461/

    des weiteren scheint es bei der Überwachung weniger um Terrorverhinderung als um Wirtschaftsspionage zu gehen, sagt auch Constanze Kurz
    http://wahrheitueberwahrheit.blogspot.de/2013/07/ne-bombennummer.html

    zum Thema Überwachung in der DDR: ein entfernter Verwandter von mir hat doch tatsächlich die Zeit aufgebracht, sich regelmäig an der Autobahn zu postieren, um dort die fremden Nummernschilder aufzuschreiben. ob das vergütet wurde, weiß ich nicht. sieht man mal, wie wenig technisiert das ganze damals war…

    ein persönlicher Eindruck ist: viele erwarten, dass die Regierung handelt, obwohl sich die Hinweise mehren, dass diese schon voher Bescheid wusste. und jetzt stellen etliche (endlich) fest, dass unser Innenminister ne absolute Nullnummer ist. ich vermute, dass manche sich von der Wahl im September mit danach hoffentlich neuem Innenminister erhoffen, dass sich dann was tut.
    andere werden sich nicht betroffen fühlen bzw auf dem „nichts zu verbergen“ Argument ausruhen wie du schon richtig erkannt hast.

  16. <°((( ~~< sagt:

    „Jedenfalls bin ich wirklich erstaunt und entsetzt wie wenig die breite Öffentlichkeit sich für die Sache interessiert. „ … sagt die Frau, die ihre Daten bereits freiwillig bei google+, Twitter, Facebook und noch etlichen anderen abgegeben hat… :-)

  17. Schwarzmaler sagt:

    Eine der hässlichen Wahrheiten, die im Westen niemand und im Osten nur wenige hören wollten, ist, daß sich die meisten in der DDR kaum an der Staatssicherheit gestört haben dürften, daß sie ihr kleines Leben gelebt haben und kaum mitbekommen haben und mitbekommen wollten, ob irgendwo eine Akte über sie existierte. Hinterher waren sie dann alle dagegen, aber vorher…?

    1. JST sagt:

      Ziemlich üble Unterstellung.

    2. martin III. sagt:

      Diese Wahrheit wollte wirklich niemand hören – weil sie keine ist. Die meisten Leute hat die Spitzelei durchaus gestört, weil sie eben jeden und überall betroffen hat, es wurden eben nicht nur politische Aktivitäten durchleuchtet sondern buchstäblich alles – wer z. B. als Genosse beim Fremdgehen „erwischt“ wurde musste sich unter Umständen vor einem Parteigremium rechtfertigen, wer zu oft den falschen Radiosender hörte kam für einen begehrten Posten nicht mehr in Frage usw., Dinge die auch simplere (oder nicht unbedingt systemkritische) Gemüter als unangenehm empfanden.
      Dass die Leute nicht nur hinterher sondern auch vorher gegen das System und dessen Auswüchse waren hat man im Herbst 89 gesehen, oder dachten sie ernsthaft die Menschenmassen sind auf die Straße gegangen weil sie Coca-Cola trinken wollten?

  18. Sabine sagt:

    Ich habe nichts zu verbergen ist eine schwachsinnige Argumentation, weil sich aus jedem noch so harmlosen Kontext ein anderes Bild konstruieren lässt UND was heute als harmlos, unpolitisch usw. gilt könnte morgen oder übermorgen auf einmal regimekritisch, feindlich usw. sein, alles eine Frage der Definition und der aktuellen politischen Lage.
    Was ich von mir preisgeben möchte, bestimme ganz allein ich und niemand sonst, das ist ein Grundrecht und das möchte ich von unserer Regierung geschützt wissen. Erbärmlich, was stattdessen passiert (bzw. nicht passiert).
    Im Internet gibt es übrigens etliche Initiativen (z. B. Campac) wo man sich engagieren kann!

  19. Selah sagt:

    Viele sind auch einfach zu sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt. Job + Überstunden + Partner und/oder ganze Familie + Freizeitstress…
    Wer ist denn überhaupt noch aufmerksam in einem politisch-gesellschaftlichen Sinn?
    Ich bin Mitte 30 und ich weiß genau, dass ich mit 20 deutlich kritischer war als heute…
    Die einen sind überarbeitet und gestresst, die anderen ziehen sich auf die oben genannte Brot-und-Spiele-Kombi zurück und manche tun irgendwie beides, weil man sich von dem einen mit dem anderen ablenken muss…
    Wir sind keine „Protest-Generation“, deswegen bringt uns auch nichts „auf die Straße“.

  20. TheCounterpart sagt:

    Ich für meinen Teil wundere mich über diese ganzen Bekanntgaben nicht. Habe es im Grunde stark vermutet und nun die Bestätigung dessen. Natürlich wird noch viel mehr gemacht, was noch nicht bekannt ist, aber darüber machen sich die Leute ebensowenig Gedanken wie jetzt über die Auswirkungen und was wohl noch alles getan wird ohne dass wir es wissen. Ja, es ist für viele nicht „fassbar“, also zu weit entfernt und ich erlebe eher eine Ohnmacht in der Umgebung, dass es heißt „Wir können nichts dran ändern. Sind doch nur kleine Leute.“ oder ein seltsames blindes Vertrauen in die Regierung, dass sie einen schon schützen werden und es unter anderem vielleicht deswegen tun.
    Ich denke es verhält sich ähnlich wie Emule, Torrent und co. niemand denkt dass es ihn erwischt, es wird immer jemand anders sein, wegen der Masse der Daten und Menschen.
    Momentan heißt es ja auch dass Absender, Empfänger der Mails und Betreff gespeichert werden. Mehr nicht. Das könnte Vielen auch eher egal sein oder noch nicht genug Anreiz geben etwas unternehmen zu wollen. Hinzu kommt auch würde man etwas unternehmen, woher wüsste man tatsächlich ob es aufhört?

    Auf unser Gesetz ist z.B. auch kein Verlass. Unter Merkel wurden über 50 neue Gesetze erlassen die gegen das Grundgesetz verstoßen. Dennoch gehen alle durch. Diese Gesetze werden nicht angepasst, sie werden modeliert, bis sie dem gezielten Nutzen entsprechen.

    Wir haben wenig Alternativen. Fast jede Partei wird doch fast genau das weiterführen was die vorige begonnen hat. Egal was sie versprechen. Wenn Menschen erstmal nicht mehr mit dem Finger auf den Regierenden zeigen können, sie selbst an dessen Stelle sind, sind sie oft auch nicht besser.

    Außerdem hat Deutschland anscheinend Angst vor der Macht der USA. Sonst würde die Regierung in der jetzigen Situation nicht so kriechen wenn sie dort zu Besuch sind.

  21. Hans-Jürgen sagt:

    Es ist in der Tat ein nicht zuendedenkbares Paradoxon, wie das Geheimdienstwirken demokratisch überwacht werden soll, wenn das Ergebnis der Überwachung doch sein müsste, dass das Geheimdienstwirken ungesetzlich ist und deshalb eingestellt werden muss. So wie das Investmentbanking „systemisch“ ist und von Zeit zu Zeit zu gigantischen Eigentumsumverteilungsorgien von unten nach oben führt, so ist das Übertreten gesetzlicher Bestimmungen das Bewegungsgesetz von Geheimdiensten.

    Mithin ist es [versuchte] Volksverdummung, von demokratisch überwachten Geheimdiensten, ganz gleich, in welcher sozialen Konstellation, zu sprechen.

  22. Chris sagt:

    Die Leute sind zu sehr mit „Deutschland sucht den Superscheiß“, „Germanys next Schrottmodel“, ihrem nächsten Schnäppchenurlaub auf Malle (billig!!), der BLÖD-Zeitung, ihrer Fertigpizza und der nächsten Saufparty beschäftigt.
    Und ach ja, sie brauchen auch Zeit um in sozialen Netzen ihr Innerstes nach außen zu kehren.
    Das mögen Klischees sein, aber „Brot und Spiele“ haben noch nie besser funktioniert als jetzt. Wenn die Leute abgelenkt sind und sich irgendwas in die Luken schaufeln können – dann sind sie schon ruhig.
    Die Möglichkeiten für Ablenkung und Dinge die man essen kann (ich verwende bewusst nicht den Begriff „Lebensmittel“) waren noch nie so zahlreich vorhanden und so leicht zugänglich.

    Und es wird nicht lange dauern, bis PRISM & Co. nicht mehr das Top-Thema sind. Ich sehe das schon jetzt abflachen. Es wird andere Aufreger geben. Ein neuer Lebensmittelskandal vielleicht.
    Gegenüber ‚mörderischen TODESkeimen‘ (BLÖD) auf dem Toast ist die NSA dann schnell weit weg…

  23. yeda sagt:

    Es ist halt die Art, wie man Propaganda macht. Wenn man in der noch bestehenden DDR deren Bürger gefragt hätte, ob sie die Überwachung stört, die meisten hätten genauso mit den Schultern gezuckt.

    Es ist im Endeffekt so wie immer: Der Sieger schreibt die Geschichte. Der Westen hat gewonnen, er hat die DDR als „Unrechtssystem“ gelabelt, weil da alles scheiße und unrecht war und den Westen als vorbildlichen „Rechtsstaat“ als Gegenpol positioniert. Wenn der Rechtsstaat aber so systematisch Unrecht tut, wird er nicht automatisch Unrechtssstaat nach den eigenen Maßstäben, die man früher mal angelegt hat? Oder sind das, wie die Politiker immer nicht müde werden zu beteuern, angeblich immer nur Einzelfälle, oder wichtige Abwägungen von Grundrechten, die sich halt widersprechen, sorryproporry!

    Daß dieser Bullshit jetzt offensichtlich wird, ist eine kognitive Dissonanz, die die Bürger hier jetzt erstmal schlucken müssen. Das Ergebnis eines solchen Prozesses kann Verdrängung sein, damit man so weiter machen kann wie zuvor, aber auch Wut ist möglich. Vielleicht müssen wir dem ganzen also nur noch ein wenig Zeit geben.

  24. Sebastian sagt:

    Ich denke, dass der entscheidende Unterschied zwischen dem Gefühl, von der Stasi überwacht zu werden, zu dem PRISM-Gefühl ist, dass uns der Ausweg fehlt. Ich meine: Als Ost-Berliner hatte man die Mauer vor der Nase. Man wusste, dass man nicht gehen darf, aber das man das hier – theoretisch – zurücklassen könnte. Das Leben dort war nicht alternativlos.
    Wohin wollen wir fliehen? Welches Gegenmodell haben wir denn? Wir haben doch alles mal durchprobiert und nichts lief wirklich gut – selbst unsere geliebte Demokratie erweist sich nun im Nachhinein als von Geheimdiensten verseucht.

    Vielleicht finden wir uns gerade damit ab, dass es keinen Ausweg gibt. Dass jeder, der uns Hoffnung gibt, am Ende doch nur ein O’Brien ist.

  25. Ich verstehe es genauso wenig wie du. Mal ganz abgesehen davon, dass das Argument „Ich habe nichts zu verbergen, also kann das ruhig gemacht werden“ schon lange entkräftet wurde.

  26. Jenny sagt:

    Nuf, ich versteh den Anfang nicht – was hat das mit Diplomprüfungen und der DDR zu tun? Bzw. gut, in der DDR gab es auch Überwachung, aber es klingt, als wolltest du sagen, dass doch die Ex-DDR-Bürger bitte mal was tun sollen… irgendwie versteh ich einfach nicht, worauf du mit dem Einstieg hinauswillst.

    1. dasnuf sagt:

      Nein, ich meine nicht, dass die Ex-DDR-Bürger was tun sollen. Ich finde, wir sollten alle was tun. Schließlich haben wir eine gemeinsame Geschichte der Überwachung.
      Ich will darauf hinaus, dass es gerade in diesem Licht und Kontext seltsam ist, dass Prism und Co. einfach so hingenommen werden.

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