Gelegentlich bekomme ich das Gefühl, dass meine Obstphobie nicht ernst genommen wird, in schlimmen Fällen sogar als Erfindung abgetan wird.
Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, in einer spannenden Serie meine abzählbaren Erlebnisse mit Obst zu schildern. Da vergangene Woche offiziell die Erdbeerzeit eingeläutet wurde, hier mein Erdbeererlebnis.
Es trägt sich in dieser Jahreszeit des öfteren zu, dass ich mit meinen Freundinnen an einem Tisch sitze und helles Freudengekreische ertönt, wenn die Gastgeberin verkündet, dass sie nun Erdbeeren auftischen wird. Alle klatschen in die Hände und bekunden onomatopoetisch ihre Vorfreude auf die gereichte Köstlichkeit. Jahr für Jahr wird vergessen, dass ich keine Erdbeeren esse. Wenn ich also sage: „Ich esse keine Erdbeeren“, wird der Freude darüber Ausdruck verliehen, indem, ebenfalls Jahr für Jahr, der Satz: „Oh, dann haben wir ja mehr!“ ausgesprochen wird.
Eines Tages entschloss ich mich also, im sicheren privaten Raum eine Erdbeere zu verspeisen. Ich kaufte mit eine bei einem türkischen Obsthändler. (Ich möchte betonen, dass sich dieser Schritt als schwieriger als gedacht herausstellte. Offensichtlich wachsen Erdbeeren in zu 200 Gramm abgewogenen Schalen. Die Entnahme einer einzigen Erdbeere führt offensichtlich zu einem Ungleichgewicht in der gesamten Erdbeer-Produktions-Verkaufsindustrie).
Zuhause wusch ich die Erdbeere. Sie erschien mir unnatürlich groß. Sie erreichte fast die Größe eines als S-kategorisierten Hühnereis. Sie war uneben und stank, wie die meisten Erdbeeren, bedauerlicherweise süßlich nach Erdbeere. Ich starrte eine gute halbe Stunde ihre Unebenheiten an und stellte fest, dass ich nicht in der Lage sein würde, sie komplett zu essen. Nach näherer Analyse der Problemsituation entschied ich die Erdbeere zu zerteilen, was das Geruchsbelästigungsproblem deutlich verstärkte. An dem Messer rann ekelerregende klare Flüssigkeit herab. Tapfer einen Würgereiz unterbrechend starrte ich die zerteilte Erdbeere eine weitere halbe Stunde an. Mein Ziel war es, eine halbe Erdbeere zu essen. Essen hatte ich im Vorfeld als mindestens drei Mal darauf rumkauen definiert. Mandalaartig redete ich mir ein, dass es wunderbar sein musste eine Erdbeere zu verspeisen und steckte sie mir todesmutig in den Mund.
Was ich dann erlebte, war schrecklich. Statt einer zuckrig schmeckenden Frucht, ein säuerlicher Geschmack und überall diese kleinen Pocken, die von der Haut der Erdbeere abstanden. Haarig und pockig rieb sich die äußere Schicht der Erdbeere meine Zunge entlang, während das weiche Innere zwischen meinen Backenzähnen klebte. Es war G R A U E N H A F T. Alle Haare stellten sich vor Ekel auf. Ich habe es nicht geschafft drei mal zu kauen. Das Ganze Schreckenserlebnis konnte nur durch ein Beherztes herunterschlucken der Erdbeerbröckchen beendet werden.
Erdbeeren sind demnach lebenslang von meiner Speiseliste gestrichen.
Irgendwie beruhigend, dass es auch anderen so geht. Ich habe bei nur wenigen Pflanzen ein geschmackliches, aber bei fast allen ein haptisches Problem. Mir selbst rational nicht erklärbar, aber leider irgendwie auch unüberwindbar.
Jedes Obst. Aber keine Erdbeeeren – die sind wirklich widerlich. Nicht einmal meine Eltern hatten darauf bestanden, dabei waren die wirklich old-school.
Kirschen. Direkt vom Baum. Oder aufm Kuchen. Oder als Marmelade. Oder, worst case, eklig mit Zucker verhunzt zu so einem neon-roten Dings im Cocktail! GEHT GAR NICHT!!!
Ich wundere mich über solche Aussagen immer erst. Erdbeeren! Die sind doch großartig! Dann erinnere ich mich dass ich nur wenige Käsesorten, keine Oliven, Paprika, Peperoni, Kapern, Auberginen, Tomaten, Blattsalat…… essen kann ohne würgen zu müssen und akzeptiere. Essen ist kompliziert. Mein Neid gilt denen, denen alles Schmeckt.
Dieses kollektive Ausfluppen zu Beginn der Erdbeerzeit ist mir auch suspekt.
Ein Leben ohne den exzessiven Konsum verschiedenster Obstsorten wäre (frei nach Loriot) für mich möglich, aber sinnlos.
Aber jeder nach seiner Facon.
NIEMAND muss Obst essen.
Irgendwie schön zu lesen, dass anderer Leute Obstphobie noch ausgeprägter ist! Ich kann Obst eigentlich nur in der Darreichungsform „Kuchen“ verspeisen. Oder Smoothies. Für mich wurde diese Mode erfunden. War jedenfalls bisher mein Eindruck. ;-)
Wow :D Ich dachte immer ich wäre alleine mit miener Obstphobie. Ich kann das voll und ganz nachvollziehen. Sehr beruhigend (:
das ist ja ein Ding? Sonstige Orale Porbleme ;-)