Vermutlich bewirkt das Nahen des dreißigsten Geburtstag eine Art Regression. Wenn ich nachts nicht schlafen kann, fallen mir die schlimmsten Erlebnisse aus meiner unbeschwerten Kindheit ein, die meist mit Schule und einer Lehrerin verbunden sind, die wie eine Tonne auf zwei Beinen aussah und ihren Rock konsequent bis unter den massigen Busen zog (Aus Gesprächen mit Freunden erwächst übrigens die Vermutung, dass es sich bei dieser Lehrerin um einen der ersten Klonprototypen handelte). Sie zwang Mädchen zum Blockflöte spielen und Jungs quälte sie indem sie sie im Stimmbruch „Es ist ein Ros entsprungen“ singen lies. In Handarbeiten waren ihre Ansprüche so hoch, dass sie selbst meine handarbeitsmäßig durchaus begabte Mutter nicht befriedigen konnte. Alle zu erhäkelnden oder erstrickenden Stücke wurden ausschließlich durch meine Mutter erstellt, die es zu ihrer großen Empörung aber nie schaffte eine eins zu bekommen.
In meinem ersten Zeugnis steht: „Nuf sollte es langsam lernen sich verbal und nicht so sehr durch Taten durchzusetzen.“
Mein leicht aggressives Fehlverhalten war allein dem Umstand geschuldet, dass meine oben erwähnte Dominagrundschullehrerin mich nie verstand, ja sogar versuchte meine Eltern davon zu überzeugen dass meine lebhafte Phantasie meine komplette Zukunft in Frage stellen würde (stülle). Durch dieses Vorurteil geprägt korrigierte sie einst einen meiner Aufsätze zum Thema „Karl und Ben“ zu „Karl und der Ball“, da sie behauptete „Ben“ sei kein Name sondern ein Verschreiber. Gemeint sei „Ball“. Ihre durchgehende Korrektur von Ben zu Ball bewirkte eine völlige Sinnentstellung meines Aufsatzes, was sie dann mit einer vier quittierte.
Aus Rache behauptete ich beim nächsten Vorlesen bei „Am Schulhof liegt Papier* auf dem Boden“ handle es ich um einen gestürzten französischen Schüler.
Witzig war ich eben schon immer …
*gesprochen Pa-piääär