Und? Schläft es schon durch?

Wenn man Kinder hat, dann gibt es Fragen, die total nerven. In den Top Ten ist die Frage „Und? Schläft es schon durch?“ Alltime Spitzenreiter. Das letzte Mal wurde mir diese Frage wenige Tage nach der Geburt von Kind 3.0 gestellt.
Ich habe geantwortet: „Nein, aber ich mache mir keine Sorgen. Mein Mann ist 38 und der schläft auch noch nicht durch…“

Durchschlafen. Erziehungsziel Nummer eins.

Die allerwenigsten Kinder schlafen einfach durch. Mir ist auch kein Rat bekannt, der Kinder dazu bringt durchzuschlafen. Es passiert, wenn es passiert. Über das Durchschlafen gibt es also im Grunde nichts zu schreiben. Über die Art und Weise wie man die Nächte mit seinen Kindern verbringt hingegen schon.

Klar hat man mit kleinen Kindern zu wenig Schlaf. Klar, es wäre toll einfach so mal acht Stunden am Stück zu schlafen. V.a. wenn man berufstätig ist. Für den Wunsch habe ich vollstes Verständnis. Evolutionär bedingt, so meine Überzeugung, bleibt es in den allermeisten Fällen jedoch beim Wunsch.
Ich würde furchtbar gerne etwas völlig undogmatisches und wertfreies über das Schlafen schreiben. Ich fürchte aber, es wird mir nicht gelingen.

Kinder schreien zu lassen und zu erzwingen dass sie alleine im eigenen Bett im eigenen Zimmer schlafen, finde ich persönlich furchtbar und glaube auch nicht, dass es den Babys besonders gut tut.

Mich haben nachhaltig zwei Bücher beeindruckt. Das eine „In Liebe wachsen“ und das andere „Kinder verstehen“. Beide haben in mir das Verständnis wachsen lassen, dass Kinder, v.a. Säuglinge nicht einfach durchschlafen. Ich habe aufgehört darauf zu warten, ich zähle nicht mehr, wie oft wir nachts wach weden und es ist mir auch wirklich egal. Am Ende einer jeden Nacht fängt einfach ein neuer Morgen an.

Ich bin großer Freund des Familienbetts. Die ersten Monate haben unsere Kinder direkt in unserem Bett geschlafen und dann in einem Kinderbettchen welches direkt an unser Bett anschließt. Sie waren da die ersten Jahre und haben irgendwann ein eigenes Zimmer samt Bett bekommen und dort schlafen sie jetzt meistens und v.a. freiwillig.
Für uns als Eltern hat das nur Vorteile und unsere Kinder wirken auf mich angstfrei und fröhlich. Das Familienbett erleichtert z.B. ungemein das nächtliche Stillen. Ich wälze mich nur zur Seite (meistens werde ich nicht mal richtig wach) und wir schlafen gemeinsam wieder ein.
Es freut den Vater, der tagsüber mehr als 10 Stunden unterwegs ist und wirklich wenig Zeit mit den Kindern verbringen kann. So ein freudig strahlendes Baby am Morgen fördert doch sehr das Vergessen einer anstrengenden Nacht. Denn trotz des Familienbetts können Nächte natürlich anstrengend sein. Ich habe aber das Gefühl, dass es weniger anstrengend ist.
Woher ich das weiß? Beim ersten Kind habe ich tatsächlich versucht das Neugeborene mehr oder weniger rasch ans eigene Bett zu gewöhnen (Ratgebern der Risikominimierung von SIDS und gesellschaftlichen Zwängen geschuldet). Ich erinnere mich an die Qualen nachts aufzustehen, neben dem Bettchen zu wachen, das Baby nicht rauszunehmen, meine mütterlichen Gefühle zu übergehen, etc. Nach unendlichen drei Wochen habe ich aufgegeben und es tut mir heute noch leid, dass ich es versucht habe.
Die Babys ins Elternbett zu holen, fördert für mich in erster Linie nicht das Durchschlafen sondern das Seelenheil und zwar für Babys und Eltern.

Wie gesagt, macht es wie ihr wollt. Denen, die aber die geringsten Zweifel haben, ich kann sie nur bestärken: Nehmt die Kleinen in Euer Bett, an Euren Körper und schaut, ob ihr Euch damit besser fühlt.

Babybett

Energiespartipps

Ob man reif  für ein Kind ist, lässt sich leicht herausfinden. Man imitiert vor Zuschauern einen schlafenden Menschen. Kindern und Jugendlichen gelingt das kaum überzeugend. Sie blinzeln, rollen unter den geschlossenen Lidern die Augäpfel oder kichern sogar.
Solange man sich aber nicht glaubhaft schlafend stellen kann, ist vom Kinderhaben dringend abzuraten. Denn wenn man sie hat, muss die Schlafalsobkompetenz so ausgereift sein, dass sie jeden oscarprämierten Schauspieler in den Schatten stellen würde.
Zum Warming-up schaut man sich eine Woche, jeden Tag die ungekürzte Fassung von Andy Warhols Sleep an. Wenn man das Gefühl hat, man ließe den authentisch schlummernden Hauptdarsteller John Giorno weit hinter sich, ist man so weit.
Denn dann kann man zwei Mal täglich mittags und abends die neu erworbene Kompetenz zum besten geben.
Da zeigt man dem Kind wie toll Mami schläft weil doch Schlafenszeit ist.
Dazu legt man sich in Sichtweite des Babys, schließt die Augen, atmet regelmäßig ein und aus und entspannt die Gesichtszüge.
Das Baby wird die Szene zunächst ruhig betrachten und beginnt dann mit seinen Schläft-Mami-wirklich?-Versuchen. Diese bestehen aus langsamen und daher sehr schmerzvollen Wimpernauszupfen, Haareverwuscheln, Ohren- und Nasenbepoplung und enden indem das zuckersüße Kleinkind die Stabilität der mütterlichen Nasenwurzel testet, indem es regelmäßig mit dem Kopf auf ebendiese einschlägt.
Es gilt nun alle Tränen zu unterdrücken und notfalls drei Stunden lang im Geiste das Schlafmandala „Irgendwann ist ihm so langweilig, da schläft es. Langweile bedeutet Schlaf“ aufzusagen.
Verschwendete Lebenszeit? Nicht doch, werte Damen.
Ein Erwachsener mit etwa sechzig Kilogramm Körpergewicht verbraucht während eines achtstündigen Schlafs schätzungsweise 560 kcal. Das sind pro Stunde 0,15 kWh – ungefähr so viel wie ein laufendes Fernsehgerät verbraucht. Wenn Sie also einen Weg finden, ihre nicht verwendete Energie in das Stromnetz einzuspeisen, sparen sie Unmengen an Geld und erfreuen Ihren Gatten, der ohne die Kommentare eines Unwissenden in Ruhe Fußball schauen kann.