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Freitag morgen fährt mein Mitbewohner mit dem Auto in die Arbeit, weil er Nachmittags nach Bamberg fahren will. Die Batterieleuchte blinkt. Als er sich dann auf den Weg Richtung Autobahn macht, dauert es keine fünf Minuten und die Karre geht aus. Also mitten im Berufsverkehr auf die Busspur rollen und den ADAC anrufen. Die Dame im Call-Center verkündet: Wartezeit eine Stunde. Eine halbe Stunde später klopft es an sein Fenster: „Hey, hassu Problem?“ Mitbewohner schildert die Lage. „Machsu Auto an.“ Mitbewohner dreht Schlüssel, nichts tut sich. „Machsu Motorhaube auf!“ Mitbewohner öffnet Motorhaube. „Ah, isse Lichtmaschine!“ Mitbewohner im naiven Optimismus, „Ne, das ist nur die Batterie, ich warte auf den ADAC“. „Könne wir versuche su überbrücke, müsse nur Auto über Straße schiebe:“ In Anbetracht der Tatsache, dass das Auto im stetig wachsenden Rushhourverkehr auf einer vierspurigen Straße steht, besteht mein Mitbewohner darauf, auf den ADAC zu warten. Der freundliche Herr wartet mit, fragt alle Viertelstunde, ob er das Auto verkaufen will und geht ab und zu weg, um „eine Tüte Tee“ zu holen. Eine weitere Stunde später ruft der ADAC an und fragt, wo das Auto steht, er sei nun in der Potsdamerstraße in Zehlendorf. Dummerweise stand mein Mitbewohner in Schöneberg. Wieder dreißig Minuten später kommt das gelbe Auto endlich, überbrückt, Auto geht aus, Diagnose: Lichtmaschine. Therapie: Auto abschleppen, Lichtmaschine reparieren. Serdal (nach 1,5 Stunden gemeinsamen Wartens, ist der Name bekannt), sagt: „Ich helfa Dir!“ Also ADAC fährt von dannen, Serdal ruft „Fachmann“ an und schildert auf türkisch kurz die Lage. „Alles klar, Fachemann kommte sofort.“ Fünf Minuten später ein zweites Telefonat. „Ah, kommsu mit in mein Auto, holen wir Fachemann!“ Mitbewohner steigt gutgläubig ein und fragt sich erst als sie bei einsetzender Dunkelheit im Regen unter einer Brücke stoppen, ob das Vorgehen eine gute Idee war. Statt eines Überfalls, steht da freundlich der Fachmann. Zehnminütige Diskussion auf türkisch, es fällt mehrere Male das Wort Lichtmaschine. Offensichtlich gibt es in der Türkei keine Lichtmaschinen. Also zurück auf die Busspur. Wortlos macht sich der Fachmann daran die Lichtmaschine auszubauen. Der andere erläutert „Werkestatt isse überall, was willsu zahlen?“ 100 € so lautet der Vorschlag, 300 € so die Gegenfoderung, während der Erste auf der Busspur versucht, die ausgebaute Lichtmaschine zu öffnen. Längere Diskussion, Serdal schlägt vor zum Preisvergleich zu einem VW-Händler zu fahren. Kostenvoranschlag 400 €. Also wieder zurück, die Einigung lautet 200 €. Mittlerweile sieht der Fachmann ein, dass sich die Lichtmaschine nicht öffnen lässt. Verschwindet kurz und kommt mit einer anderen Lichtmaschine unterm Arm wieder. Nachdem diese eingebaut ist, springt das Auto leider immer noch nicht an. Also geht er wieder los und baut die Batterie aus Serdals Auto aus, baut sie bei meinem Mitbewohner wieder ein. Wagen springt an, bei laufendem Motor wird die alte Batterie wieder eingebaut. „Willsu Auto jetzt verkaufe?“ Mitbewohner will immer noch nicht. Sie tauschen Telefonnummern aus und vereinbaren sich wiederzutreffen, um die reparierte Lichtmaschine gegen weitere 100 € auszutauschen.
In Bamberg dann bietet sich zufällig die Gelegenheit, ein anderes Auto zu kaufen. Also ruft mein Mitbewohner auf dem Rückweg Serdal an und verkündet: „Ich möchte mein Auto verkaufen“. Ein Treffpunkt wird verabredet. „Was willse Du haben?“ Der Mitbewohner pokert: 800 €? Serdal lacht herzlich, „Gebe ich Dir 100 €“. So handeln sie hin und her, bis sie nach einer Probefahrt schließlich bei 500 € angekommen sind. Der Kaufvertrag wird auf die Rückseite einer Telefonrechnung, die gerade im Auto rumliegt, schriftlich fixiert. Serdal drückt ihm 400 € in die Hand und sagt: „Hole ich in swei Woche ab, schöne Abend noch.“ und verschwindet in der Nacht.

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