110009643398903791

Als ich heute Nacht exakt um 02.00 Uhr erwachte und bis zum Morgen nicht mehr einschlafen konnte, erinnerte ich mich an folgendes seltsame Ereignis, welches sich letzten Winter zutrug.
Mein Vater rief mich kurz nach Weihnachten an und berichtete, daß er beim Tanken von einem Mann meines Alters angesprochen worden sei. Der wollte wissen, ob er rein zufällig mein Vater sei.
Mein Vater bejahte und wollte wissen, warum er dies zu wissen wünschte. Der junge Herr sagte, er kenne mich von früher. Die beiden plauschten eine Weile, mein Vater übertrieb in seinen Schilderungen über mein Tun in Berlin gewohnt maßlos und die beiden trennten sich.
Das erste merkwürdige an der Geschichte ist der Umstand, daß mein Vater an öffentlichen Plätzen als selbiger zu erkennen ist.
Das zweite Wunder offenbarte sich, als ich meinen Vater fragte, wie der Herr denn hieße, denn er hatte sich entgegen seines Habitus den Namen gemerkt.
Als er den Namen aussprach, tat sich eine große Leere in meinem Hirn auf. Der Name verhallte echogleich ohne daß ein Engramm angestoßen worden wäre.
Keine Assoziation. Nichts.
Der Zwischenfall lies mir keine Ruhe und so arbeitete es offensichtlich in den tieferen Ebenen des Hirns weiter und schätzungsweise eine Woche später rückte mein Gedächtnis endlich raus mit der Sprache.
Thomas Müller, das war ein Junge aus der 7. Klasse der Realschule, der eine einzige Woche Kontakt zu mir hatte, als ich selbst noch in die 5. Klasse ging.
Wir trafen uns 1986 im Schulbus und nach einer kurzen Konversation, fragte er mich, ob ich mit ihm gehen wolle.
Ich hatte keine Ahnung, was diese Frage bedeutete und bat um Aufschub der Beantwortung. Zuhause angekommen, fragte ich sogleich nichtsahnend meine Mutter, ob ich mit Thomas Müller gehen dürfe. Sie antwortete, ohne vom Kartoffelschälen aufzusehen, mit „nein“, was ich umgehend an Thomas weiterleitete.
Die Enttäuschung war groß und wir trafen uns noch einige Male am Nachmittag an den Mülltonnen unseres Mietshauses.
Dann war Thomas Müller verschwunden.
Fast zwei Jahrzehnte (!!!) später, trifft Thomas Müller meinen Vater und erkundigt sich nach mir.
Das ist unglaublich. Erstens: wieso erinnerte er sich noch an mich und zweitens was mag ihn innerlich getrieben haben nach solch einer Zeitspanne einen wildfremden Mann auf mich anzusprechen?
Für mich gibt es nur zwei Erklärungen. Die erste ist sehr naheliegend – nach seiner 1986 entflammten Liebe hat er nie mehr eine bessere als mich getroffen. Diese Erkenntnis trägt er seit Jahren mit sich herum und ist todunglücklich.
Die zweite Erklärung könnte so lauten: Mein Vater, der bis zu meinem Auszug stets bemüht war, meine Ehre unbefleckt zu halten, hatte sich das Bürschchen irgendwann einmal gehörig zur Brust genommen und ihm überzeugend dargelegt, daß seine Tochter vor ihrer Hochzeit weder gedenke, mit einem Mann zu gehen noch schlimmeres zu tun.
Dies hat ein solches Trauma bei dem jungen Mann ausgelöst, daß er es nur verarbeiten konnte indem er sich erneut mit dem Auslöser konfrontierte.
Seltsam bleibt es trotzdem. Leider kann ich keinen Kontakt zu Thomas aufnehmen. Der Depp hat sich seinen Namen ja so gewählt, daß ein googeln völlig sinnlos wäre.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mehr als 5x können Sie in einem Monat nicht kommentieren. So sorry! Ist das Gegenteil der Fall und sie möchten einen Kommentar hinterlassen, wissen aber nicht, was sie schreiben sollen, dann nutzen Sie den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken