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Mein Nachbar, der leider, da ich umziehe, bald nicht mehr mein Nachbar ist, hat mir sein altes Handy geschenkt. Ich wiederhole g e s c h e n k t.
(Für alle Kinder der kapitalistischen Hemisphäre hier eine Erklärung zum Verb „schenken„).
Mein erstes Handy habe ich 2000 gekauft. Ich erinnere mich noch genau an das erste Mal. Ich kam vom Land und hatte einen Freund aus Berlin. Der wiederum hatte ein Handy. Etwas was ich bislang nur als Attrappe aus meinen Italienurlauben kannte. Jedenfalls war ich zu Besuch in Berlin, es war der 22. Januar 2000 und ich stand im Eingangsbereich von H&M women in der Tauentziehstraße und plötzlich klingelte das Handy. Ich wurde puterrot, kramte hektisch in meiner Tasche, lief wie ein Huhn auf der Straße ab und auf, um einen ruhigen Platz zu finden und meldete mich dann mit vollständiger Grußformel, gefolgt von Vor- und Nachnamen. Mein Herz konnte sich erst im Verlauf der anschließenden Stunde beruhigen.
Jedenfalls bekam ich ein Jahr später ein Handy von meinem Arbeitgeber und das war bis gestern im Einsatz. 2003 überlegte ich kurz, ob ich mir vielleicht eines Tages ein neues Handy gönnen wollte. Ich verliebte mich in das kleine Sony Ericsson T610, erkundigte mich nach dem Preis, legte meine leidenschaftlichen Gefühle auf Eis um reumutig zu meinem alten Telefon zurückzukehren.
Als mir gestern mein großherziger, nobler, selbstloser, blendend aussehender, über die Maßen kluger, begabter, kreativer, geistreich und lustiger Nachbar genau jenes einfach schenkte, konnte ich mein Glück nicht fassen. Auf dem Weg nach Hause hielt ich Passanten an und zeigte ihnen meine neue Errungenschaft. Nachts legte ich das Handtelefon neben mich ins Bett und immer wenn ich aufwachte, streichelte ich es sanft.
Großherziger Nachbar, ich danke Ihnen!

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