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Heute habe ich darüber nachgedacht, ob ich einen neuen MP3-Player brauche. Mein alter, mit sage und schreibe 64 MB ist jetzt fast fünf Jahre alt und sein damaliger Preis in Höhe von 75 DM hat sich schon lange amortisiert. Aus Prinzip denke ich natürlich nicht daran mir einen iPod zu kaufen. iPod-Käufer gehören zu den klassischen Opfern einer gut funktionierenden Marketingstrategie. iPodähnliches gab es schon lange – nur billiger. Da hat es niemanden interessiert und dann kommt iPod und alle wollen es haben. Allein die Speicherkapazität* ist völlig bescheuert. 40 GB. Wie viele Menschen gibt es, die das wirklich brauchen? Selbst wenn ich alle meine CDs (und ich meine ALLE: auch die ersten, die ich Ende der 80er Jahre erstanden habe, Stichwort Leila K …) auf so ein Ding packe – ich bekomme es im Traum nicht voll. Persönlich kenne ich nur zwei Menschen, die aufgrund des Umfangs ihrer CD-Sammlung 40 GB voll bekommen würden. Beide würden jedoch nie ein neumodisches Teil wie den iPod kaufen, geschweige denn benutzen. Für Menschen wie mich, die unter großen Entscheidungsschwierigkeiten leiden, ist das ohnehin ein Gerät des Teufels.
– So jetzt höre ich Scissor Sisters. (10 Sec) Hm, lieber das andere Lied. (9 Sec) Oder vielleicht doch lieber Missy Elliot? (10 Sec) Ach ne, ich hab Lust auf Jack Johnson (20 Sec). Boah Carla Bruni wärs jetzt eigentlich eher.
Unerträglich.
Inakzeptabel auch der Preis. Bei apple sowieso – aber auch bei den anderen Anbietern.
Wie gesagt, ich hab nur kurz darüber nachgedacht. Aber ich gehöre eben nicht zur Zielgruppe. Ich bin marketingresistent. Kein Wunder, diese 3-D-Bilder kann ich auch nicht sehen.

*nuf hat auch schon mitbekommen, dass es verschiedene Größen gibt.

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Das Thema Neid durchzieht wie ein roter Faden meine Biografie. Es gibt eigentlich kaum einen Tag an dem ich nicht irgendwas neide. So neidete ich heute den unerschütterlichen Willen zur Schönheit bei einigen Frauen. Die laufen ohne Stiefel, ohne Schal, am besten ohne Unterhemd (die Nieren!!!) und Strümpfe (die Eierstöcke!!!) im Minirock durch den kältesten Wintersturm. Ganz so wie Giunevere in King Arthur. (Das arme Ding trägt den ganzen Film über nur ein zusammengenähtes Bettlacken. Später hat sie gar die gesamte Kleidung verbummelt und versucht ihren Busen notdürftig unter zwei dünnen Ledergürteln zu verstecken.)
Jedenfalls kenne ich ein solches Verhalten aus meinen frühen Twenjahren, in denen ich um nichts in der Welt meine stundenlang gekämmte Frisur durch das Aufsetzen einer Mütze gefährdet hätte. Doch wenn man älter wird, dann hat man es satt zu frieren und so entschließt man sich eines Tages dicke Stiefel, Schal und Kopfbedeckung zu tragen und nimmt es in Kauf wie eine Preßwurst auszusehen. Kaum auf den Geschmack gekommen, will man jedoch nie mehr davon ablassen.
Und doch, wenn ich also warm eingepackt durch die winterliche Landschaft laufe und die edlen Damen sehe, die so tun als sei es Sommer, so neide ich ihrer Willenskraft. Ich glaube denen, die es schaffen, diesen Irrsinn über das 28. Lebensjahr hinaus durchzuhalten, steht eine große Führungskarriere bevor. Jedenfalls wenn sie bis dahin nicht erfroren sind.

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Wäre ich Großmutter und hätte ich eine Enkelin, die bereits im arbeitsfähigen Alter ist, würde ich ihr folgendes raten: „Liebe Enkelin, wenn es an einem Seminarort eine schöne Therme gibt und Du einen Tag vor Beginn der Tagung anreist, gehe auf keinen Fall in diese Therme, denn alle anderen, haben genau die selbe Idee. Das wäre Dir sehr peinlich, denn sicherlich möchtest Du Deine neuen Kollegen nicht alle nackt kennen lernen, nicht wahr?“

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Ich habe bereits in Köln gelebt. Geholfen hat es nichts – den Karneval kann ich nicht leiden.
Das war nicht immer so. Zwischen dem 6. und dem 12. Lebensjahr zählte der Karneval zu einem der wichtigsten Events des Jahres und stand in der Rangreihe begeisterungsauslösender Ereignisse gleich hinter Weihnachten. Absoluter Höhepunkt einer jeden Karnevalsaison war wiederum der Faschingsball im Turnsportverein. Jahr für Jahr kannte ich nur ein Ziel: den ersten Preis für meine Kostümierung zu erlangen. Jahr für Jahr habe ich versagt. Kreativität wurde nicht belohnt. Ich kann mich nicht an alle Kostüme erinnern. Zu den Highlights gehörten ohne Zweifel meine Verkleidung als Regenbogen, als Spinne und als Schweinebraten. Da packte meine Mutter mich in eine braune Filzröhre mit fransig abgeschnittenen Enden, welche die Fleischfasern darstellten und stopfte mich mit Kissen aus. Rechts und links baumelten Kartoffelklöße in Form von gelblich angemalten Styroporkugeln von mir. Auf dem Kopf trug ich hell- und dunkelgrüne Wollfäden, die vermutlich die Wirsingbeilage imitieren zu suchten. Zwischen all den Cowboys, Prinzessinnen und Feen kam ich mir freilich ein wenig verloren vor, doch aufgeregt präsentierte ich mich den ganzen Tag im Zentrum der Tanzfläche, beteiligte mich mit höchstem Einsatz an allen Spielen und gab auch sonst alles, um mich vor den Jurymitgliedern in den Mittelpunkt zu katapultieren.
Im Nachhinein betrachtet hätte es sicherlich genügt salzstangenknabbernd am Rande der Tanzfläche zu stehen, denn ein Kind, verkleidet als ein Schweinebraten, scheint mir aus der Erwachsenenperspektive auffällig genug.
Nun, was ich eigentlich sagen wollte, war folgendes: Seit gut 18 Jahren interessiert mich der Karneval einen Dreck. Hochburg des karnevalistischen Horrors ist und bleibt Köln. Dort wird man bis zum Aschermittwoch an jeder Straßenecke von ekelhaft betrunkenen Kerlen abgeknutscht, betatscht und als Spaßbremse in den Menschenstrom zurückgeschubst, wenn man nicht johlend mitmacht.
So gebe ich in der Regel alles die jecke Jahreszeit an mir vorbeiziehen zu lassen.
Manchmal, so wie beispielsweise gestern, gerät man nichtsdestotrotz nichtsahnend mitten in einen solchen Irrsinn. Sogar in Berlin. Ich kann mich leider nicht erinnern, was man in Berlin statt „Alaaf“ oder „Helau“ rufen muss. Es klingt ein bisschen nach einem Ausruf sächsischer Gleichgültigkeit ([ohnö]?!) und beschreibt somit trefflich das Gefühl, das in mir aufkommt wenn ich diese Irren sehe.
Zugegebenermaßen erlitt ich (im Gegensatz zu meinen Erfahrungen in Köln) keine Prellungen durch herabfallende und aktiv aus Umzugswägen weggeschmissene Gegenstände. Keine der 60 Tonnen Bonbons, Blumen, Stofftiere und Fußbälle prasselten auf mich nieder.
Dennoch fehlt mir jedes Verständnis für die Tradition des Karnevalumzugs. Was macht bloß so viel Spaß daran, wenn Erwachsene sich in Marienkäferkostümchen quetschen und laut singend durch Menschenmassen schlängeln?

Wahrscheinlich sage ich das nur, weil ich neidisch bin. Sehr neidisch. Und weil ich nie den ersten Preis für das schönste Kostüm gewonnen habe.

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Ich habe mich kürzlich entschlossen, dass ich ab und an auch mal private Dinge hier rein schreibe. Dem folgend hier ein Geständnis:
Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie verschlafen.
Es ist schrecklich, ich weiß. Viele werden sich voller Abscheu von mir abwenden. Aber ich stehe dazu. Es ist mir noch nie gelungen, irgendwas zu verschlafen.
1995 habe ich mal geträumt, ich hätte mein Abi verschlafen. Das wars aber auch schon.
Ich habe auch schon mal als Ausrede gesagt: „Sorry, ich hab verschlafen!“. Aber das war leider gelogen. Immer. Ich bin einfach zu spießig und kontrolliert. Ich werde sogar ohne Wecker wach. Dabei wünsche ich mir wirklich mal zu verschlafen. Ich stelle mir das sehr aufregend vor.

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Manche Berliner Wahnsinnige machen mich wirklich wahnsinnig.
Als Psychologin darf ich das natürlich nicht, hätte ich aber sehr gerne und zwar laut geschrieen: „Verdammte scheiße, leben sie ihre Zwangsneurose doch woanders aus!“
Heute bin ich ihm das dritte Mal begegnet. Das erste Mal war eigentlich fast ein nettes Erlebnis.
Es ist acht Uhr zwanzig. Ich befinde mich in der U 2 Richtung Ruhleben sitze, glücklich einen Platz ergattert zu haben, und lese. Märkisches Museum. Ein Mittfünfziger, optisch unauffällig mit grauem Parka betritt das Abteil und setzt sich auf meinen Schoß. Es saßen bereits fünf Leute auf der Bank und ich anscheinend da, wo der Herr sitzen wollte. Also setzt er sich auf mich! Ich habe erst geschaut wie ein verdutztes Kaninchen und musste dann sehr lachen. Der junge Herr gegenüber lacht ebenfalls und wir zwinkern uns zu. Schöner Start in den Tag. Jemand steht auf und wir rutschen alle wieder in Position.
Unsere zweite Begegnung. Wieder U 2, aber anderer Wagon. Märkisches Museum. Wir sitzen zu viert auf der Bank. Mr. Ichpassdasuperhin schlendert auf die Sitzbank zu, dreht sich in Zeitlupe, wackelt einmal mit dem Gesäß und platziert sich wieder zwischen die Sitzenden.
Dann heute: Ich sitze, höre Musik, neben mir ist frei. Der Herr im Parka erscheint erwartungsgemäß an der Haltestelle Märkisches Museum, kommt auf mich zu und wedelt mit den Händen. Ich ignoriere ihn. Er fuchtelt wilder, spricht lauter, ich höre durch meine Musik den Befehl. „Rutschen!“.
Ich denke, rutsch Du doch und zwar mir den Buckel runter und verstehe nicht, wieso er sich nicht einfach neben mich auf den freien Platz setzen kann. Stressresistent wie ich bin, konzentriere ich mich wieder auf Musik und regelmäßiges Atmen, reißt mir dieser neurotische Mann die Kopfhörer vom Kopf und brüllt „RUTSCHEN!“. Entgeistert schau ich ihn an: „Wie wäre es denn, wenn Sie sich einfach auf den freien Platz neben mich setzen und ich bleibe, wo ich bin?“
„RUHUUUUTSCHEN!“, brüllt er und schiebt seinen Arsch zwischen mich und meine Sitznachbarin. Dann breitet er seine Zeitung aus, so dass ich die eine und meine ehemalige Sitznachbarin die andere Seite lesen kann und ich bin wieder kurz davor eine Wollmütze zu verspeisen.