Monypolo – wie schön ist doch der Kapitalismus

Monypolo
Wir ziehen alle weiße Hemden und Krawatten an. Gleich gründen wir ein Unternehmen.

Ich trage einen Kopf aus Schaumgummi, der fast so groß ist wie der Rest meines Körpers. „TURBOKAPITALISMUS IST VIEL SCHÖNER ALS SOZIALE MARKTWIRTSCHAFT!!!“, schreie ich aus vollem Halse und laufe Kreise.

Monypolo - Lobby
In der Lobby kann man Geschäfte anbandeln. Nicht alle sind 100% sauber.

Warum ich das tue? Um Punkte für meine Fähigkeit Lobbyismus zu sammeln. Die Lobbydame braucht nämlich Aktien. Damit ich die bekomme, muss ich das tun, was ich gerade tun. Hat mir der Schatzmeister aus dem Tresor befohlen.

Tatsächlich bekomme ich nach Ausführung meiner Aufgabe einen schönen Stapel Aktien ausgehändigt und laufe wieder zur Lobbydame. Ich händige ihr zwei Stück aus.

„Nur zwei?“, fragt sie.

„Ja, Sie haben ja nur gesagt, dass sie Aktien brauchen. Zwei ist Plural. Haben Sie mehr erwartet?“

„Naja, drei hätte ich schon gerne gehabt, aber das ist jetzt auch egal.“

Sie hebt ihr iPad und erhöht meinen Wert für Lobbyismus. YES! Die geklauten Aktien übergebe ich einem Mitspieler. „Mach‘ sie zu Geld!“, raune ich ihm zu.

Moment! Wovon rede ich da eigentlich?

Am Samstag habe ich bei „Monypolo – Liebe Dein System“ mitgespielt. Eine Art Mitmach-Theater. Es gibt ca. 20 Schauspielerinnen und Schauspieler, die feste Aufgaben haben, ein paar Regeln und geschätzte 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Eine davon bin ich.

Ich habe gerade mit fünf anderen Spielerinnen und Spielern ein Unternehmen im Bereich Dienstleistung gegründet. Wir haben das Monopol in diesem Bereich. Die anderen waren mehr an der Rüstungs- und Pharmaindustrie interessiert. Einige arbeiten auch im Bereich Textil, Energie oder Lebensmittel.

Jetzt müssen wir Kapital bilden und unsere Fähigkeiten ausbauen. Je höher die Fähigkeiten, desto höher der Ertrag.

Ich absolviere also Aufgaben ohne Ende um irgendwie zum Gedeihen meines Unternehmens beizutragen. Meine Kolleginnen machen was ähnliches, glaube ich jedenfalls, so richtig haben wir uns nicht abgesprochen. Unternehmensstil „diffus“ haben wir in unser Gründungsformular eingetragen, das wir bei der Kammer eingereicht haben. Das trifft es ganz gut.

Das Spiel läuft mehrere Marktzyklen durch. Jeder Zyklus hat 90 Tage, die Tage laufen in einer Projektion runter wie ein Countdown.

Unsere Firma dümpelt so dahin. Mittelfeld.

Jeder Zyklus wird mit einer Bilanz beendet. Die Herren der Kammer verlesen dann die Ergebnisse, senken oder erhöhen Steuern oder verlesen andere Regeländerungen.

Monypolo - Tresor
Man erahnt an der Ausstattung des Tresors, dass das Geld nicht nur in die Firmen fließt.

„Wer Platz 2 ist, ist egal. Es zählt nur der erste Platz. Es gibt keine zweiten.“, verkündet der Mitarbeiter der Kammer.

In der Zwischenzeit gab es Fusionen. Ein Pharma-Rüstungskonzern steht an der Marktspitze.

OK! Ich muss an meiner Skrupellosigkeit arbeiten. Dafür muss ich einem Spieler sein Plüschschweinchen klauen. Diplomatie brauche ich auch! Fast scheitere ich an meiner Aufgabe: Ich muss einen Tisch korrekt eindecken. Irgendwas von innen nach außen, Dessertlöffel nach oben, aber der Rest?

Immer noch zu wenig Geld. Wir beschließen also Investoren aufzusuchen.

Monypolo - Finanzierungsräume
Nicht unbedingt einladend, der Vorraum zur Finanzierung

Nicht gerade freundlich diese Finanzierungsräume. Wir werden gemeinsam eingesperrt, das Licht wird aus gemacht, an den Wänden erscheinen in neonfarben Sprüche. Wir haben 60 Sekunden unser Unternehmen vorzustellen. Wie in diesen Realityshows.

45.000 bekommen wir, allerdings wollen die Investoren zu 40% am Gewinn beteiligt werden.

Wir versuchen zu handeln und obwohl unser CEO (den es in der Zwischenzeit gibt) sehr eloquent ist, setzen wir uns nicht so richtig durch.

Den Bereich Innovation sollen wir ausbauen. Alles klar, denke ich, und laufe zum Labor, wo das geht. Zu meiner großen Freude muss man dort basteln. Einen ganzen Wirtschaftszyklus bastle ich also.

Monypolo - Übersee
Sport im Schaumgummibecken. Hab schon weniger anstrengendes gemacht.

Dann muss ich nach Übersee, wo ich in einem Schaumgummipool Sport machen muss (ich schwitze!) und dann am Strand Treibgut einsammele, um daraus Schmuck zu fertigen.

Unser Kapital allerdings will einfach nicht wachsen.

Ich verdächtige einen meiner Kollegen, dass er im Tresor, wo er öfter ist, unser Geld verspielt. Dort kann man nämlich dem Glücksspiel frönen…

Eine Spielstunde später verstehe ich etwas peinlich berührt, dass ich das ganze Geld ausgegeben habe. Wie im echten Leben kostet Fortbildung nämlich eine Menge Geld. Der Ausbau meiner Fähigkeiten, die in der Zwischenzeit sehr gut ausdifferenziert sind, hat schlappe 50.000 gekostet.

Monypolo - Fähigkeiten
Upsi. Fährigkeiten erwerben kostet Geld. Ich hab aus Versehen ziemlich viel Geld ausgegeben.

Im letzten Spielzyklus erkennen wir, dass wir nicht mehr gewinnen können. Wir entscheiden unseren gesamten Kapitalwert an der Bar zu verjubeln (das geht!).

„Was hast du eigentlich gemacht ausser unsere Finanzierung klar zu machen? Hast du deine Eloquenz noch anders einsetzen können?“, frage ich meinen Freund, der auch mit dabei war.

„Ich musste jemanden unangenehme Dinge durch die Blume sagen. Dafür habe ich eine Vase mit Blumen vor mein Gesicht gehalten und einer fremden Frau gesagt, dass ihre Augenringe wie kleine Teetassen aussehen.“

Ich muss lachen und sonst?

„Habe ich versucht die Spielregeln zu verstehen und habe verhandelt.“

Wir stoßen mit unserem Bier an. Die anderen Firmenmitglieder haben in der Zwischenzeit einen Fusionierungsvertrag gegengezeichnet. Gut, dass die nicht die TAN Liste für Firmenaktionen haben. Bestimmt wäre ich sonst entlassen worden.


Ich hatte am Samstag viel Spaß bei Monypolo. Leider war das auch schon die letzte Vorstellung. Letztes Jahr hat das Team, „Das Spiel des Lebens“ angeboten. Nächstes Jahr wird es wieder etwas geben. Folgt den Spielemachern Prinzip Gonzo doch auf Twitter oder abonniert deren Newsletter oder den des Ballhaus Ost. Dann könnt ihr 2017 auch mitmachen.

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