Silke H. hat einen Freund namens Herbert W., der in einer Disko einen Typen kennen lernte, der ihm recht sympathisch erschien. Schnell hatten die beiden entdeckt, dass sie ein gemeinsames Hobby haben: Wasserfallartiges Reden. Herbert H. traf den anderen jungen Mann zufällig zwei weitere Male. So trug es sich zu, dass der junge Mann die Gelegenheit nutze und Herbert W. zu seiner Geburtstagsfeier einlud, die an einem sommerlichen Abend vor den Toren Berlins stattfinden sollte.
Abenteuerlustig wie Silke H. und Herbert W. waren, packten sie Bier und ein kleines Sortiment an Grillbarkeiten ein und machten sich am besagten Tag auf den Weg zur Geburtstagsparty des neu Kennengelernten.
An der Tür wurde man freundlich empfangen und in die Küche geleitet, wo Erfischungsgetränke auf die eingetroffenen Gäste warteten.
Als Silke H. und Herbert W. die Küche betraten, erstickte das Gespräch und ca. 35 Augenpaare richteten sich fragend musternd auf Silke H. Silke H. fühlte sich ob ihres Geschlechtes plötzlich peinlich berührt. Sie war die einzige Frau.
Alle anderen im Eingangsbereich waren kahlrasierte Männer mit muskelgestählten Körpern. Sie trugen entweder Profifahrradklamotten oder Rugbydresse. Sie fühlte sich wie ein Ferengi, der versehentlich in die Jahresversammlung des Bundes der Steuersparer geplatzt war.
Das Angelotztwerden dauerte glücklicherweise nur einen kurzen Augenblick. Man hatte Silke H. in Millisekunden als blickversperrendes Möbel kategorisiert, das ärgerlicherweise den Blick auf das runde Gesäß ihres Freundes versperrte.
Nach kurzem Smalltalk mit dem Gastgeber begab sich das Paar zum Grill. Während Silke H. nichtsahnend in die Glut starrte, hörte sie hinter sich Getuschel. Schließlich klatschte ihr eine Hand auf den Hintern und befahl ihr mit streng näselnder Stimme sich zu setzen. Der Anblick ihres Frauenhinterns sei nicht länger zu ertragen, so weich, so groß, so brrrr! Einzig und allein ein Hinsetzen errette die Umstehenden von dem Anblick des unsäglich, ekelerregenden Weibergesäßes. Sorgenvoll starrte man Silke H. an.
Herbert W., ganz auf das Würstchenbraten fokussiert, drehte sich nach einer Weile zu ihr und legte irgendwas berichtend, seine Hand an ihre Hüfte. Ein kollektives Aufatmen erfüllte den Raum. Ob das ihr Freund sei, wolle man wissen? Sie bejahte. So ein Glück, so gäbe es auch noch Hoffnung für Ärsche wie ihren. Einige hatten Freudentränen in den Augen, ein anderer zog sein T-Shirt hoch, ließ seinen wabbelnden Bauch auf den Tisch plumpsen und verkündete Halleluja, wenn ein Gesäß wie das ihrige einen Partner finde, so bestünde für ihn auch noch Hoffnung auf Sex nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahrs.
Man reichte ihr freundlich Senf für das Würstchen. Den Senf von den Bratwürsten lutschend, versuchte sie sich das Gegenstück dieser Party vorzustellen. Was müsste man da wohl tragen? Was war das Pendant zu den hier getragenen Radlerhosen und der Rugbymonitur? Die engen Höschen schienen gleichzusetzen sein mit den tiefen Dekolletees mit denen heterosexuelle Frauen um Männchen warben. Keinem anderen Zweck diente die hier getragene Kleidung, so mutmaßte sie, da das straff am Körper liegende Stück Stoff die zum Teil recht prächtigen Gemächter vorzüglich betonte.
Diesen Gedanken folgend versuchte sie zu ersinnen, welche Modeerscheinungen sich auf Partys gleichgesinnter Frauen durchgesetzt haben könnten. Würde man heikehenkelig Hotpants tragen, um die langen Beine zu präsentieren oder eher franziaalmsicklig im Schwimmdress erscheinen?
Wobei, wenn sie an die Damenwägen des Christopher Street Days dachte, kamen ihr nur Fächer aus Achselhaaren in den Sinn. Vielleicht flocht man sich Perlen in die Haarnester und klimperte flirtend den anderen Achselfeten entgegen?
Um locker zu erscheinen, kramte sie ihre schönsten Homogeschichten heraus. So wurde sie mal von einem Schwulen gefragt, ob denn das Abreißen der Binden vom Schamhaar nicht schmerzhaft sei. Allein bei dem Gedanken musste sie wieder losprusten.
Die Runde blickte sie abwartend an: Ob es denn nun wehtäte oder nicht?