Ode an das Glücksgefühl

Langjährige Freundinnen werden es bestätigen können, früher war mir alles peinlich. Und ich kann versichern, mit alles, ist ALLES gemeint. Ein Gang auf die Toilette im vielfrequentierten Restaurant, allein das Betreten desselben, die Platzsuche oder das Bestellen eines Nachtisches: peinlich, peinlich, peinlich.
Ich war perfekt und wunderschön. Ein Viertelmillimeter abstehende Beinhaare, waren das beste Verhütungsmittel. So wäre ich keinem Mann unter die Augen getreten. Ich stand jeden Morgen um fünf Uhr auf, um mich zu stylen. Hatte immer angst etwas falsch zu machen oder etwas dummes zu sagen. Also schwieg ich lieber süffisant lächelnd und wurde für klug gehalten.
Jetzt bin ich Mutter und alle Peinlichkeit ist bei der Geburt meines ersten Kindes von mir abgefallen.
Rückblickend auf meinen gequälten Seelenzustand, bin ich voller Mitleid für all diejenigen, die ebenfalls so leben und kann ihnen nur dringend empfehlen, sich ebenfalls Kinder zuzulegen. Notfalls vom Nachbarn geliehene.
Jetzt, da alle Perfektion von mir abgefallen ist, bin ich ein fröhlicher Mensch und die beste Tierstimmenimitatorin der Stadt.
Wenn ich krähe wie ein Hahn, schreie wie eine ganze Affenhorde oder trompete wie ein Elefant, leuchten Kinderaugen und Babys fallen vor lachen um.
Meine Frisur ist wüst und meine Kleidung schmutzig, aber ich kann nach Herzenslust mit meinen Kindern am Spielplatz spielen.
Wir bewerfen die Model-Mamas am Rand mit Sand und wenn sie nicht hinsehen, buddeln wir kleine Löcher, in denen sie mit ihren hochhackigen Schuhen stecken bleiben.