Vor genau drei Jahren hatte ich meine letzte Diplomprüfung. Ich muss dazu sagen, meine letzte Prüfung war keine eins. Seit 1.095 Tagen kann ich deswegen nicht mehr schlafen.
07. Mai 2001
1. Akt (Die Prüfung)
Herr Professor John Doe macht die Tür auf und schaut wie der böse Wolf.
Prüfling: „Oho! Herr Prof. Dr. Doe, sie schauen aber sehr angespannt, sollten so nicht lieber die Prüflinge schauen?“
Die Miene von Herrn Prof. Dr. Doe verfinstert sich. Wir sprechen über feministische Theorien.
Prüfling: „Ich finde feministische Thesen etwas monokausal, ich denke nicht, dass psychische Störungen ihren ausschließlichen Ursprung in der Unterdrückung der Frau haben. Außerdem haben Männer auch psychische Störungen […].“
Prüfer: „Also ich werde ihnen jetzt bestimmt nicht die Thesen des Feminismus näher bringen, wenn sie es bislang versäumt haben sich mit diesem durchaus wissenschaftlich fundierten Themenkomplex auseinander zusetzen“
Prüfling: „Nun, zumindest wäre das doch was Neues, wenn ein Mann versucht, eine Frau vom Feminismus zu überzeugen.“
Prüfling und Beisitzer lachen, Herr Prof. Dr. Doe schaut als verschlingt er gleich die sieben Geißlein.
2. Akt (Bekanntgabe der Note)
Prüfer: „Sie haben eine 2,0“
Prüfling: „Aha.“
Prüfer: „Sind sie etwa nicht zufrieden?“
Prüfling: „Wenn ich ehrlich bin, nein – ich denke, man muss die Note in Relation zum Aufwand sehen.“
Prüfer: „WAAAS? Sie denken ernsthaft, sie können eine eins haben?“
Prüfling (steht auf): „Ja, ich maße mir so was an.“
Seitdem hege ich Phantasien der folgenden Art: der Lieblingsforscher des Profs heißt Kanfer (wird ausgesprochen: „Kenfer“), also trage ich zur Prüfung ein T-shirt mit dem Aufdruck „Ich kanfer für eine eins“. In meinem Traum nimmt die Prüfung zudem einen anderen Verlauf.
Zurück zu Akt 2:
Prüfer: „Sie haben eine 2,0. Passt ihnen die Note?“
Prüfling: „Das werde ich sie durch meine sizilianische Familie erfahren lassen.“
Meine Freundin wartet mit übergezogener Strumpfmaske auf der Toilette. Ich öffne die Tür und rufe in den Gang: Marleeeene, es ist eine zweiiiiiiii!
Sie rast aus den sanitären Anlagen, ich ziehe ebenfalls meine Strumpfmaske über. Wir nehmen den Beisitzer als Geisel und stellen ein Ultimatum. Meine anderen Freunde erfahren in den 20 Uhr Nachrichten vom Ausgang meines Diploms. Da Geiseldramen sich gelegentlich länger hinziehen, habe ich uns morgens in weiser Voraussicht ein Paar Käsebrötchen vorbereitet. Mein Prof bekommt nur Rindermark zum Abendessen. Im Fernsehen halte ein Transparent in die Kamera: GERECHTIGKEIT FÜR ALLE WOHLVERDIENTEN STREBER
Kommentare sind immer überaus erwünscht, v.a. wenn sie so vor Lob sprühen. Da schwillt meine Brust.
Und tatsächlich schreibe ich ja, weil ich hoffe, dass es jemand liest …
[wahrscheinlich sind kommentare längst nicht mehr erwünscht hier [?] und sowieso schon 1oo alte vor dem portieren da gewesen, aber:]
uber-fucking-großartig! das bestärkt mich erneut in dem wunsch, hier mal alles von anfang bis ende lesen zu wollen. ist Ihnen aber wahrscheinlich gar nicht recht. [?]