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Achtung. Das ist eine Werbeunterbrechung für eine fremde Seite -> mein zukünftiger Ehemann schrieb folgendes

/Hm. Eben bin ich durch die Wilmersdorfer gelaufen und höre schon von weitem die üblichen Geschäftseröffnungsgeräusche: Eine mittelschlechte Band, ein Glücksradkommentator und Propagandisten, die irgendwas zu verticken versuchen. Ach ja, fällt mir da ein, FIELMANN eröffnet heute seinen „MEGASTORE“. Wie man mit ein paar blöden Brillen einen Megastore aufziehen will, habe ich mich schon nach der dauernden Ankündigung im Radio gefragt. Meine
Vermutung: Wir haben unterschiedliche Vorstellungen von MEGA~, der Herr Fielmann und ich. Aber. Jetzt wollte ich diese meine Annahme überprüfen. War aber nix mit überprüfen. Vor dem Laden befanden sich nämlich drei Schlangen (in Worten: 3!) – und zwar nicht Reptilien, sondern hintereinander in Wartehaltung anstehende Menschen, jeweils etwa 40m, also jeweils ca. 60 Leute (hab nicht gezählt).

Fragezeichen??? Unsereiner versteht ja schon nicht, was an irgendeinem blöden Laden so interessant sein soll, daß man überhaupt dafür anstehen würde. Aber gleich DREI Schlangen?

Bei genauem Hinsehen ergibt sich: Nur eine Schlange führt überhaupt zur Tür des Geschäfts. In einer Schlange warten die Leute nur darauf, an einem Glücksradspiel teilnehmen zu dürfen. An der dritten ist überhaupt nichts zu sehen, sie endet vor einem runden Stehtisch mit ein paar blauen Anzugträgern auf der anderen Seite (also: Die Anzüge waren blau), deren Tätigkeit nicht erkennbar ist.

Haben die Leute nix zu tun? Oder besser: Haben so viele Leute nichts zu tun? Oder noch genauer: Haben so viele Leute nichts sinnvolles zu tun?

So langsam erschließt sich mir die Zuschauerschicht der Nachmittagstalkshows und Vorabendserien. Und ich hatte das für ein Phänomen meiner sehr abgelegenen Heimatstadt in der Provinz gehalten, wo wirklich nichts anderes passierte, als daß vielleicht alle drei Jahre mal ein Supermarkt eröffnete und sich die Leute davor drängelten, weil die sich zwischen Hausputz und Einkauf kaum andere sinnvolle Beschäftigung ausdenken konnten. Das waren allerdings andere Zeiten: Damals, zu Beginn der siebziger Jahre, gab es noch keine
Fernsehprogramme around the clock, und selbst von diesen nur drei, es gab keine Computerspiele, nicht mal einen vernünftigen Buchladen in der Ortschaft, keine Handys, CDs und auch die Individual-Motorisierung war nur halb so weit wie heute, es gab keinen Zoo, keine Museen, und nur zwei mäßig gute Cafes, in denen sich wohlhabende Rentnerinnen trafen.

Jetzt stehe ich also hier, mitten in der Großstadt, anfangs des 21. Jahrhunderts, vor einer Menschenschlange, die dringend Einlaß in einen Brillensupermarkt begehrt und dafür die Zeit aufwenden will, mit der sie wirklich nichts besseres anzufangen weiß. Ob Herr Fielmann und ich unterschiedliche Vorstellungen von MEGA haben, werde ich nicht erfahren. Zum einen handelte es sich um einen freudschen Hörfehler meinerseits – in der Werbung war nämlich nur ein SUPER-Store angekündigt, nix MEGA. Und außerdem ist es mir zu blöd, mit diesen Dummbeuteln so lange anzustehen, bis genug andere Hohlbrote den Laden verlassen haben, damit Platz für uns wird. Der Laden wird ja nächsten Montag auch noch existieren./

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