Der Ort meiner Hochzeitsreise steht fest. Sollte ich jemals diesen waghalsigen Schritt gehen, werde ich mich für das Romantikhotel „Rheinischer Hof“ in Bad Soden im Taunus entscheiden. Was sich nach außen unscheinbar creme-gelb gibt, entpuppt sich nach Betreten als Traum eines jeden barbiebesessenen Jungteenagermädchens. Es warten seidig glänzendeStoffblumentapeten, Rüschenvorhänge, Messingarmaturen und ein gigantisches Marmorbad. Im Frühstücksraum stehen auf jedem Tisch weisse Lilien und es erklingt leise kartzend Jazzmusik aus einem echten Gramophon. In jedem Zimmer stehen nebst verschnörkeltem Mahagonitisch und Deckenstuck, kleine, zartrosa Blechmülleimerchen. Vor dem versteckten Fernseher (mit kostenlosem Erotikkanal auf jedem dritten Sendeplatz) steht ein Bügeleisen der ersten Elektrogeneration nach Ablöse der Gußeisernen. Mitten in diesem Plüschwahnsinn finden sich Eindrücke, die dann doch eher meinen Humor als meinen Romantiksinn ansprechen. Auf zwölf Quadratmetern sind vier Telefone installiert. Mein Lieblingsexemplar befindet sich direkt neben den sanitären Anlagen in Griffhöhe. Das Bett ist unter „damals waren die Menschen alle noch kleiner“ abzuhaken. Mein Kopf stösst an die Wand, wohingegen meine Füße knöchelabwärts freischwebend im leeren Luftraum baumeln. Die Minibar hat nur Schnaps im Angebot und ich darf im Nichtraucherzimmer rauchen, aber keinen Aschenbecher haben. Also liege ich den ganzen Abend füßebaumelnd bei einem Schnäpschen auf dem Mädchenbett, asche in meinen Zahnputzbecher und schaue staunend dem sprichwörtlchen Treiben am Fernsehempfangsgerät zu. Das lässt mich die kleinen Komplikationen beim Einchecken schnell vergessen.
Die Postleitzahl meines neuen Unternehmens war mir nicht bekannt, aber „Kainä Posleisahl, kannsu nich inna Simma“, entscheidet der 1,50 m große, indische Herr am Empfang. Also sage ich ihm, dass mein Kollege später nachkommt, dieser sie sicherlich kennt und er sie da nur abschreiben müsse. „Wie heissä Kolläga?“ Ich sage ihm, dass er Ulrich Tielmann heisst. „Ah, haba nur Frau Ulrich Tielmann!“ Ich versichere ihm mehrere Male, dass es sich bei einem Ulrich, um einen Mann handelt. „Nain, isse FRAU Ulrich Tielmann gemeäldet.“ Ich zucke mit den Schultern. In der Postleitzahlendiskussion sind wir auch nicht weitergekommen, also schaue ich kurz angestrengt und verkünde glücklich, dass mir die Postleitzahl just in diesem Moment wieder eingefallen wäre und notiere die soeben Erfundene auf dem vor mir liegenden Blatt. Am nächsten Morgen berichtet mir mein Kollege, dass er fast sein Zimmer nicht hätte beziehen dürfen, da ihm die Postleitzahl der Firma nicht präsent war. Er schlug also vor, in meinem Anmeldezettel nachzusehen und die dort Vermerkte abzuschreiben. So wird aus einer Erfindung durch doppelte Anwendung eine unumstößliche Wahrheit. Frage mich nur, warum er die Postleitzahl nicht wußte. Also ehrlich!