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Bei manchen Menschen bin ich mir sicher, dass die Berufswahl nicht aus freien Stücken sondern aus einer Art Zwang heraus entsteht.
Da gibt es beispielsweise die Videothekare. Hierbei ist es wichtig eine genaue Trennung der Typen nach Geschlecht vorzunehmen. Die weibliche Ausführung des Videothekars hat blondierte Haare und künstlich aufgeklebte Fingernägel. In der Pubertät wächst ihr ein schnurloses Telefon aus dem Ohr. Ab da muss sie telefonieren. Das ist vermutlich sehr anstrengend und auch langweilig. Irgendwann gehen schließlich die Themen aus und sie geht dazu über immer das selbe zu erzählen. Nämlich wie gemein ihr Freund, der eigentlich ganz cool ist und eigentlich auch ein ziemlich cooles Auto hat, zu ihr ist. Sie telefoniert, raucht und starrt sich auf die rosa lackierten Fingernägel, die manchmal kleine Glitzerapplikationen an der Oberseite haben. Man darf sie in keinem Fall durch lästige Fragen stören. Sie achtet jeden Kunden, der etwas will (wie z.B. einen Film ausleihen) mit gewissenhafter Ignoranz. Während sie an dem Kunden vorbei starrt, nimmt sie Kundenkarte und Plastikkärtchen des gewünschten Films und sucht entnervt die Videokassette. Sie starrt weiterhin zielgerichtet ins nichts und erwartet, dass der Kunde eigenständig den zu entrichteten Betrag passend auf den Tresen legt.
Ich habe mal versucht, ob man sie zum sprechen bewegen kann, indem man ebenfalls hohl starrend darauf wartet, dass sie sagt: „Zu heute? Machtneurofüfzig!“ Den Versuch habe ich nach fünfzehn Minuten abgebrochen.
Der männliche Videothekar hingegen kommt in zwei verschiedenen Ausprägungen vor.
Modell 1 ist zwei Meter groß, tätowiert und hat ein volltönendes Organ. Modell 1 gibt gerne Empfehlungen. Aus dem Aussehen leitet er zielgerichtet Vorschläge ab.
„Dir jefällt bestimmt Cast Away total jut.“
„Ne, den fand ich ehrlich gesagt grauenhaft.“
„Na dann E-mail für Dich, ditte mögen die Frauen, wa?“
„Ähm, den fand ich ziemlich langweilig.“
So kann man sich noch Stunden illuster unterhalten. Da der Koloss einfach wahllos alle Filme aufzählt, kommt man zwangsläufig auf irgendeinen Film, der einem mal zusagte, was er mit „Siehste, hab ich doch gleich jesehen, dassde ditte magst“. kommentiert.
Modell 2 ist ein hageres Männchen mit strähnigem Haar. Er verachtet alle Hollywoodproduktionen und kann alle koreanischen Filme der letzten zwanzig Jahre mit Hauptdarsteller und Originaltitel auflisten. Man kann ihn alles fragen – sollte das aber besser nicht tun. Die Antwort lautet ungefähr so: „Ja, der is total geil. Hab ich damals im Original gesehen. Allein schon wie die Handlung filmisch in Szene gesetzt wurde, ist faszinierend. Ist dir aufgefallen, wie der Kameramann die Idee des Drehbuchautors allein durch die Wahl der Schauplätze in Szene setzt? Allein die Requisitenwahl hat drei Jahre gedauert. Ist alles Original und spielt natürlich auf die großen Klassiker der Filmgeschichte an. Haste mal die Uhr im Hintergrund des Abspanns gesehen? Die is ne Anspielung auf den vierten Gary Grant Film, den Hitchcock 1956 gedreht hat. […] Hammwa aber leider nich da.“

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