Ich habe über Deutschland nachgedacht. Die angedrohte große Koalition ohne akzeptierte Führung kommt nicht von ungefähr. Ich habe gelesen, dass die Telenovela „Verliebt in Berlin“ unfassbare Einschaltquoten hat. Was Trash-TV angeht, bin ich sehr hart gesotten. Ich setze mich ohne mit der Wimper zu zucken vor die Glotze und beobachte interessiert, wie sich irgendwelche übergewichtigen dermatologischen Notfälle in einem sechs Stunden Special Vera am Mittag ankeifen bis man nichts mehr außer das beep beep der zensierten Worte hört und die Moderatorin sich die Spuckefäden, die umher fliegen, aus dem Gesicht wischen muss.
Aber ich schwöre, ich schaffe es nicht eine ganze Folge „Verliebt in Berlin“ zu schauen. Das ist so unsäglich schlecht gemachter Weichspüler fürs Gehirn, dass es nicht auszuhalten ist. Ich stelle mir die Frauen vor, die darauf abfahren, wie sie in ihren rosafarbenen Fleecekuscheldecken auf ihren Sofas sitzen und sich eine Serie reinziehen, deren Ausgang von Tag eins selbst für den leicht unterbelichteten Zuschauer vorhersehbar ist. Sie sitzen da und trinken aus einer niedlichen Diddltasse Himbeertee namens heiße Liebe. Danach machen sie sich eine Kerze an und hören Lieder von Virginia Jetzt! und denken Hach die sprechen mir ja so aus dem Herzen.
Psychologisch gesehen sind Serien wie „Verliebt in Berlin“ so was wie Teletubbis für Erwachsene. Teletubbis werden von Kindern gerne gesehen, weil die Handlung (Loop/Oh oh! Oh oh! Oh oh!) vorhersehbar ist. Die Kleinen können einen stabilen Erwartungshorizont bilden und das stärkt ihr Kompetenzempfinden.
Für die Zuschauer von „Verliebt in Berlin“ gilt dasselbe. Die langweilige, unüberbietbar in die Länge gezogene Handlung Landpomeranze-trifft-in-Großstadt-auf-Schnöselarsch-der-sich-am-Ende-als-Schatzi-herausstellt-und-sie-heiratetet, erfüllt für das alltagsangekratzte Selbstbewusstsein genau diesen Zweck.
Und für die, deren Gehirn einen höheren ästhetischen Anspruch hat, gibt es handlungsplatte Filme mit schöner Musikuntermalung wie Kill Bill I und II, die genauso zum Kult erklärt werden, wie diese unmögliche Serie. Da ist der Ausgang auch schon vor dem ersten Gemetzel klar.