Bedarf es da noch Worte?
Autor: dienuf
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21. Mai 2321: ein junger abenteuerlustiger Cardassianer besuchte die Krotomag-Region (Qootmagh Sep). Der Cardassianer, auf Kronos per Anhalter unterwegs, hatte im letzten Raumschiff sein Handtuch liegenlassen. Um den herben Verlust zu ersetzen, suchte er in aller Eile den nächsten intergalaktischen Schnellshop auf. Der Inhaber, ein massiger, einarmiger klingonischer Kriegsveteran begrüßte ihn: „blboH. YlbuS!“, was so viel heisst wie „Du machst einen ungeduldigen Eindruck. Konzentriere Dich“ (boH= ungeduldig sein; BuS= sich konzetrieren, yl=Imperativ). Was der Cardassianer, des Standardklingonisch durchaus mächtig, nicht wußte, war, dass im Dialekt der Krotomag-Region die Laute b und m identisch (nämlich wie m) ausgesprochen werden, während sie sich im Hochklingonisch deutlich voneinander unterscheiden. Der Cardassianer verstand also: „mlboH. YlmuS!“, was übersetzt „Du bist häßlich. Ich hasse Dich!“ bedeutet. Angesicht zu Angesicht mit dem klingonischen Exkrieger, dessen Missgunst er offensichtlich auf sich gezogen hatte, versuchte der Cardassianer sich möglichst schnell der gefährlichen Situation zu entziehen. Dabei unterlief ihm aufgrund seines niedrigen Auflösungsgrades ein folgenschwerer Fehler bei der Handhabe der Taschenversion seines Easy-Travel-Computers der Marke Newton. Anstatt sich in einen gebührenden Abstand zum aufgesuchten Geschäft zu beamen, aktivierte er die Time-wrap-Funktion und wurde im Jahr 1984 rematerialisiert. Der Kulturschock, den der Caradassianer erlitt, löste einen irreparablen psychischen Defekt aus. Er übernahm die Identität eines terranischen Rennfahrers und gründete eine Fluggesellschaft.
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Neben meinem jetzigen Arbeitgeber war ich noch für andere, über die Maßen beliebte Unternehmen tätig. Ein Highlight war mein Job bei einem hier namentlich nicht zu erwähnenden Telekommunikationsanbieter in der Abteilung Weckdienst.
Für diese Tätigkeit sind lediglich drei goldene Regeln zu beachten:
1. Legen sie sich ein Pseudonym zu. Melden sie sich nie mit ihrem eigenen Namen, sonst können Beschwerden weitergeleitet werden.
2. Wenn sich jemand trotzdem beschwert sagen sie: „Ja, aha, hm, natürlich, ich verstehe, ja. Vielen Dank für ihre Anregung. Ich werde das an meinen Gruppenleiter weiterleiten.“
Anmerkung des Autors: Gruppenleiter sind so real wie der Weihnachtsmann. Nur Kunden glauben daran.
3. Wenn die Kunden nerven, bitte einfach auflegen oder ins Nirwana verbinden.
Während der Arbeit kann man essen, rauchen und Radio hören, wenn jemand möchte, kann er seinen Fernseher mitnehmen. Wer sich gerade unterhält, muß das Gespräch nicht unterbrechen, er wartet einfach bis der Kunde wieder nach Hamburg oder Frankfurt weitervermittelt wird.
Die Personalabteilung des Telekommunikationsanbieters hatte ebenfalls ganze Arbeit geleistet. Mit mir am Telefon:
Kerstin, ausgebildete Opernsängerin mit 0190er Stimme.
Andreas, Architekt, von Geburt aus besserer Mensch, spricht deswegen nicht.
Tina, vertraut nur Kaninchen.
Wolfgang, oberwichtiger Publizist und Presseoberhaupt, kennt Herbert, Claire und Hans, ist mit allen wichtigen Persönlichkeiten der Nation auf Du und Du.
Meinen Liebling habe ich liebevoll Orang-Utan-Klaus genannt (und das obwohl er nichts katzenhaftes an sich hatte). Klaus ist grob geschätzt drei Meter groß. Er hat viele Haare und ein Organ, das einmal in Schwung gekommen, Erdbeben der Stärke sieben auslöst. Dialekt: unbestimmt. Sprachfehler. Hobby: Kunden anschreien.
Was außerdem brennend interessiert: Wer läßt sich in Deutschland wecken und warum? Eine Antwort darauf habe ich nie gefunden.
U.a. gibt es in Deutschland 50 Millionen angemeldete Handyverträge (davon schätzungsweise 30 Millionen Handtelefone mit Weckfunktion) … die feil gebotene Dienstleistung kostet bei meinem ehemaligen Arbeitgeber 1,35 € wenn der Automat weckt und das Doppelte wenn persönlich geweckt werden soll. Plus Steuer, versteht sich von selbst.
Wie viele lassen sich wecken?
Meine Hochrechnung: Ich habe ca. 720 Anrufe in einer Fünf-Stunden-Schicht bewältigt. In Berlin waren wir zehn, in Frankfurt und Hamburg telefonierten je fünfzig. (Man rechne bitte selbst nach)
Auch das Klientel war vielseitig.
Es gibt ein Frau, die läßt sich jeden Tag zweimal wecken, seit 10 Jahren, macht 9.855 €.
Besonders mochte ich Daniel. Der rief jeden Tag 20 mal an und erkundigte sich, ob wir Vampire in den Büros haben. Er ist 19, seine Mutter 102. Sie ist Amerikanerin und wohnt in Cottbus. Er wohnt in Stuttgart und fährt am Wochenende mit dem Mofa zu ihr. Er mag Blusen und wenn man ein T-shirt anhat, legt er auf.
Erstaunlich ist auch, wie viele Menschen tatsächlich Kuckucksuhren besitzen. Die hört man nämlich im Hintergrund.
Ich frage mich gerade, warum ich diesen Job eigentlich gekündigt habe …
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Noch 11 Tage und ich mache Fortschritte.
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Nulla quaggiù diletta e dura.
14 Tage und ich werde wieder vernünftig.
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Als Albert Camus sich Gedanken zum Absurden gemacht hat, war er zweifelsohne dort, wo ich mich gerade befinde. In einem mir namentlich nicht bekannten Dorf eine Stunde HINTER Bonn. Genauer gesagt im Hotel „Weißes Kreuz“. Es gibt hier kein Telefon. Es gibt ein Bett. Das ja. Alles andere ist Schein. Wie beispielsweise die Wände. Wenn ich genau hinsehe, kann ich sehen, wie mein Zimmernachbar sich in seinem Raum bewegt. Die Hinfahrt war ebenfalls kafkaesk. Es hieß „You’ll be picked up at the station“. Bepackt wie eine Ameise (sprich, ich habe ca. das fünfzigfache meines Eigengewichts getragen) stehe ich am Bahnhof und werde „abgeholt“. „Hallo, bitte folgen Sie mir!“ und so folge ich dem Mann, 2750 kg schleppend, bis wir am schönen Hotel ankommen. Dort darf ich ob meiner niederen Hierarchiestufe nicht bleiben. Mit anderen Unwürdigen werde ich mit dem so called Bustransfer in das naheliegende namenlose Dorf gebracht. Der Fahrer kennt sich leider nicht aus und entschließt sich nach einer halbstündigen Suche an einer Tankstelle zu halten und nach dem Weg zu fragen. Wir bekommen das Hotel gezeigt, halten aber nicht an. Denn der durch die Organisatoren vorgegebene Plan lautet: die Leute zum Bahnhof bringen. Dort werden wir ausgesetzt und müssen unserer Orientierungsvermögen in einem 30 Einwohner umfassenden Einstraßenort unter Beweis stellen und den ganzen ver******** Weg zu Fuß zurück zum Hotel gehen. Die Überlebensstrategie für alles Folgende habe ich aus dem Sisyphosbuch: Ich muss der Situation eine angemessene Verachtung entgegen bringen, dann kann sie mir nichts anhaben.
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Der zweite Tag beginnt mit einem pompösen Frühstück. Am Büffet befinden sich zwei Platten. Die Frage lautet: Mettwurst oder Käse. Über etwas anderes muss ich mir zum Start des Tages keine Gedanken machen. Ob ich Kaffee oder Tee zu mir genommen habe, ist bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht geklärt.
Das ist ein Kontaktseminar. Also muss ich bereits um 7.30 Uhr mein Namensschild tragen. Wir duzen uns alle. Manche Teilnehmer reden bereits um diese Uhrzeit so viel, dass ich meine Hand immer wieder abhalten muss in den Serviettenstapel vor mir zu greifen und selbigen als Dämmmaterial zu entfremden. Die Finnin, die bereits am gestrigen Abend einen Sprung in ihrer Schallplatte hatte, sitzt auch am Frühstückstisch. Seit über 16 Stunden wiederholt sie ihren einstudierten Satz: „Hello,areyoufromacraftsandartschoolnoohthatsapityohhelloareyoufromacraftsandartschoolnooh“ tbc
Den Rest des Tages hänge ich mich an einen Esten mit dem landestypischen Namen Giancarlo. Wir trinken finnischen Lakritzschnaps und ein norwegisches Gebräu, das mich stark an Hustensaft erinnert. Giancarlo sagt, dass man in Estland dazu „Kleber“ sagt. Estnisch ist übrigens so kompliziert, dass die Esten es auch nicht so gut beherrschen.
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Am Morgen des dritten Tages erfahre ich, dass Estnisch und Finnisch oft identisch klingen – der Sinn mitunter große Differenzen aufweist. Jedem Esten sei das Buch „Was ich in Finnland besser nicht sage“ ans Herz gelegt. Hier ein kleines Beispiel. In Estland kommt die Putzfrau aus dem Raum und verkündet „Das Zimmer ist fertig aufgeräumt“. Sagt sie das selbe in einem finnischen Hotel, so versteht der Landsmann: „Die Leiche liegt fertig präpariert im Zimmer“. Kein Wunder, dass Europa noch einige Hürden zu überwinden hat. Da kann ich mich mit meinem Deutsch entspannt zurücklehnen. Ich verstehe mindestens 20 Sprachen gar nicht.
Mit einer Dame von einem großen europäischen Flugzeughersteller schwänze ich die sinnlosen Nachmittagsseminare und unterhalte mich angeregt über unsere Eindrücke der dörflichen Gegend. Sie wohnt, wie ich, in einem Jugendgästehaus und Minibar bedeutet dort einmal über die Straße laufen, sich ein Glas Wein kaufen und mit diesem wieder quer über die Straße in den 5. Stock des Wohnhauses laufen. Die Nacht über wurde sie mit Fetenkaraoke gefoltert. Sie war kurz davor im Pyjama in den Kristallspiegelsaal zu gehen, um sich dort von einem Vertreter der Kategorie (O-Ton) Jurassic Park zum Tanz auffordern zu lassen. So weit war ich zum Glück noch nicht.
Exotische Erzeugnisse wie Milchkaffee sind in dem Café in welchem wir plaudern noch nicht erhältlich. Außerdem gibt es nur ein einziges Taxi. Da meine Begleiterin bereits drei Mal von dem Transportservice Gebrauch gemacht hat, ist sie namentlich bekannt. Als sie anruft, um uns eine Rückfahrtgelegenheit zu organisieren, meldet sich die Frau an der Zentrale mit: „Hallo Frau Gumble, sollen wir sie wieder ins Hotel zurück fahren?“ Wir fahren direkt zum Flughafen.