Dazwischen

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Ich bin zu früh und weil ich nicht an der S-Bahnstation zwischen all den Menschen warten möchte, laufe ich ein Stück bis ich schließlich eine Parkbank finde.

An der Rückseite der Bank, rechts und links große angerostete Kübel, die mit Gräsern bepflanzt sind, die aussehen wie Roggenähren. Die Sonne scheint und der Wind streicht über das Miniaturfeld im Pflanzenkübel. Vielleicht ist es tatsächlich Roggen.

Ich setze mich und blicke auf die Straße und auf die etwas höher liegende S-Bahnstation von der ich gerade komme. Die Autos rasen vor mir vorbei, eine S-Bahn nach der anderen hält und spuckt Menschen aus.

Ein ganz normaler Tag für all die Menschen. Aussteigen, zur Arbeit gehen, Mittag essen, zurück laufen, wieder in die S-Bahn, nach Hause. Die meisten Menschen blicken nicht auf, rauschen aneinander vorbei, einige mit Taschen, Rucksäcken, einige Kinder an der Hand. Mir kommt alles einen Tick zu schnell vor.

Langsamer müsste es gehen. Man müsste mit dem Finger über das Bild streichen können. Alles einen Moment stoppen und dann mit einem zarten Schubs wieder in Gang setzen, nur mit dreißig Prozent weniger Geschwindigkeit.

Mein Körper schrumpft und in meinem Oberkörper fühle ich einen harten, zusammengezogenen Stein. Ich erinnere mich an dich. Du stehst in der Küche mit meinen Kindern. Ihr lacht alle und das Mehl ist überall. „Wir machen Pizza!“

Heute, denke ich, heute ist ein Tag, den du nicht erlebst. Eines Tages kommt mein Tag. Ein Tag, den ich nicht erlebe und alles wird weiterlaufen wie immer. Niemand hier wird es bemerken.

Weiter, weiter, weiter.

Ich denke über das Weitermachen nach. Wie kann man weitermachen? Warum macht man weiter?

Man macht es einfach. Jeder Schritt fällt schwer, jeder Griff, jeder Atemzug, sogar das Denken fällt schwer. Als wenn man selbst in einer anderen Dimension sitzt, einer Art Langsamkeitstunnel, der Rest der Welt macht weiter. Die eigene Langsamkeit lässt alles andere etwas zu schnell erscheinen.

Ich nehme die Langsamkeit als Geschenk. Ich packe sogar mein Handy weg. Fünfzehn Minuten habe ich noch, dann muss ich selbst weiter. Ich möchte wieder fühlen, wie sich eine Viertelstunde anfühlt.

Ich schließe die Augen, spüre die Sonne auf meiner Haut. Mehr hab ich gerade nicht. Die Sonne auf der Haut..

Aufstehen. Weitergehen. Weitermachen. Weitermachen. Weiter. Weiter. Ich weiß gerade nicht, wie man seinen eigenen Trott aushalten soll.

85 Gedanken zu „Dazwischen“

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  4. Überwindet man so was überhaupt je? Vor ein paar Monaten ist meine Großmutter gestorben. In meinem Umfeld gab es bisher nicht viele solcher Abschiede. Für mich war es direkt eigentlich sogar der erste. Obwohl die Beziehung zu ihr gar nicht so eng war, komme ich darauf auch nicht klar, dass es jetzt einfach vorbei ist, dass sie einfach verschwunden ist und alles so weiterläuft wie bisher. Und vor allem, dass es eines Tages auch mit mir so sein wird, dass nichts von mir übrig bleibt, und selbst wenn etwas bliebe, wäre es auch egal, weil einfach Schluss sein wird. und dazu diese irre Geschwindigkeit um einen herum, gerade in Berlin. Für einen kurzen Moment wird alles, was man tut, so sinnlos und dann macht man einfach weiter. Wie du sagst.

  5. Komisch, mir ging es heute ganz ähnlich. Ich spürte den lauwarmen Wind, nichts besonderes, nur eine Regenpause. Und ein bisschen Sonne. Das war angenehm, und manchmal ist es schon echt viel, das überhaupt wahrnehmen und genießen zu können. Dabei war kein Jahres- oder besonderer Tag. Alles Liebe.

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