Der Tag an dem das Licht ausging

Spätestens mit Kind macht man sich die ein oder anderen Gedanken zum Thema Umwelt & Ökologie. Als ordentlicher Bürger trennt man den Müll, bezieht Ökostrom, kauft beim lokalen Bio-Bauern am Markt ein und hat ein sehr schlechtes Gewissen, wenn das Baby ausschließlich Süßkartoffelbrei zu sich nimmt, denn Süßkartoffeln haben Ökoeffizienzklasse D, da sie nur in Timbuktu kultiviert werden und dann mit dem Flugzeug vor unsere Haustür gebracht werden.
Außerdem trägt das Baby ausschließlich selbstgestrickte Säcke aus der Wolle des Schafs, das wir am Balkon halten. Die CO2-Atemluft des Schafs fangen wir selbstverständlich auf und binden sie mit Hilfe verschiedener Bakterien um dann wieder Sauerstoff und Wasser abzuspalten. Das Wasser trinke ich, woraus Milch entsteht, die das Baby zu sich nimmt. Wenn das Baby kackt, sammeln wir die Exkremente und düngen damit die Wiese, die das Balkonschaf isst. (Mit dem Methan, welches das Schaf auspupst, beheizen wir unsere Wohnung.)
Bei diesem Umweltbewusstsein war natürlich klar, dass wir am 08.12.2007 bei der Aktion „Licht aus!“ mitgemacht haben.
Um unseren Kindern zu zeigen, dass aktive Teilnahme am Klimaschutz auch unglaublich viel Spaß machen kann, haben wir einen Ausflug gemacht. Wir wanderten, bepackt mit Schafsmilchkäse, zur Warschauer Brücke und blickten gegen Nordwesten, um zu sehen, wie Berlin erlischt.
Es war absolut phantastisch. War Sekunden zuvor noch der ganze Hochhausblock, der uns die Sicht auf das Rote Rathaus und den Fernsehturm versperrte, erleuchtet, so gingen um 20 Uhr während eines Wimpernschlags nahezu alle Lichter aus.
Auf der Brücke hatten sich kleine Grüppchen von Schaulustigen versammelt. Ein Raunen ging durch die Reihen. Berlin, stockdunkel.
So schnell konnten die Zapfen und Stäbchen in der Netzhaut gar nicht adaptieren! Erstaunensstille! Ein großartiger Moment! Unvergesslich! Einmalig! Grandios!
Doch dann schüttelte mich das Kind 1.0. „Ey, Stiefmutter, ist jetzt schon acht oder was?“ Verwirrt schaute ich auf die Uhr. 20.03 Uhr, alle Glühbirnen unverändert erleuchtet. Nichts passiert. Ich war einfach nur über dem Geländer der Brücke eingeschlafen.

4 Gedanken zu „Der Tag an dem das Licht ausging“

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