Fernab

Quelle: GIPHY Studio 10

Zitternd sitze ich in der Ferienwohnung. Ich bin hier, weil ich Zeit zum Arbeiten brauchte. Zuhause war davon nie genug da. Immer gibt es was zu tun. Kurz die Geschirrspülmaschine einräumen, einkaufen, ach die Wäsche! Waschen, aufhängen, abhängen, oh, Wintersachen in den Schrank räumen etc. Also bin ich zum Arbeiten weggefahren. Das ist super. Wirklich. Ich arbeite so gerne, wenn ich an Sachen arbeiten kann, die mich interessieren. Am liebsten 12 Stunden und weil ich vor zwei Monaten Netflix abbestellt habe, gerne auch noch nach dem Abendessen weitere vier Stunden.

Jedenfalls zittere ich. Nicht weil es hier kalt ist, das gar nicht. Ich sitze hier im T-Shirt und in kurzer Hose. Ich glaube, die Wohnung hat so 21 Grad. Das ist irre heiß für meine Verhältnisse. In meiner Wohnung heize ich schließlich nie. Da hat es so 14 Grad im Winter, aber das geht auch, wenn man sich warm anzieht. Hier ist die Heizung nicht vor Ort regulierbar. Nur der Wohnungsbesitzer kann das und der fand 21 Grad anscheinend angemessen. Gut für mich. Ich gebe zu, so ein bisschen Standfeeling im November, das hat auch was. Ich zittere v.a. weil es hier eine wahnsinnig gute Siebträgermaschine gibt und ich 1 kg Espressobohnen mitgenommen habe. Der Cappuccino schmeckt hundert mal besser als der bei mir zuhause. Aus Geiz habe ich mir da eine Maschine nach Art eines Siebträgers besorgt und trinke seit Monaten eine bittere und gleichzeitig dünne Plörre. Hier fließt in der Konsistenz von Erdöl eine tiefdunkle Flüssigkeit in meine Tasse, die so köstlich ist, dass ich am Tag so zehn bis fünfzehn Cappuccino trinken muss. Hinzu kommt, dass ich mich von meinem Freund in der Nacht im Auto hierher, weitab jeder Zivilisation, habe herfahren lassen.

Dabei habe ich einen kleinen Denkfehler gemacht. Denn ich muss auf dem Rückweg erst zwei Kilometer laufen und dann den Zug nehmen. Daran habe ich beim Packen nicht gedacht. In so einen Kofferraum gehen ja problemlos sieben Beutel mit Essen und Getränken, die eigene Bettdecke in Übergröße, ein Koffer und die halbe Bibliothek.

Ich kann das natürlich nicht alles zurückschleppen. Bin ja keine Ameise, die das 70fache ihres eigenen Körpergewichts tragen kann. Selbst wenn ich alle Taschen gleichzeitig an mich hängen könnte, den Fuß bekomme ich dann nicht mehr hoch (Ich habs ausprobiert).

Also muss ich alles trinken und essen (Die Bücher auch). Das Kilo Espressobohnen habe ich, wie gesagt, fast aufgebraucht. Mit den letzten Flaschen Mate kämpfe ich noch. Das Essen fällt mir aber langsam schwer. Gestern gabs drei Brötchen zum Frühstück, dann Shakshuka und abends ein Blech Pizza. Leider ist immer noch sehr viel Essen da. Ich neige ja zum leichten preppern.

Jetzt schreibt mir der Vermieter noch: „P.S. Den Müll bitte mitnehmen.“ Ich sehe mich schon nachts an die Mülltonnen der Nachbarhäuser heranschleichen und meinen Müll in kleinen Mengen entsorgen. Hoffentlich sieht mich niemand. Das ist heutzutage mit diesen durch Bewegungsmelder gesteuerten Lampen, die die Vorgärten beleuchten, schwer. In meinen 20ern habe ich da mal eine unangenehme Erfahrung gemacht als ich leicht angetrunken um 3 Uhr nachts nach einer Party wirklich WIRKLICH dringend pullern musste…

Aber was solls. Da muss ich jetzt durch. Ich bin jedenfalls sehr dankbar um meine freie Zeit hier. Fast 300 Seiten hab ich geschrieben. Das kam mir erst viel vor, aber gestern Abend habe ich „The Report“ geschaut und da hat Daniel Jones in 6 Jahren 7.000 Seiten geschrieben und das ganze nochmal auf 400 Seiten zusammengefasst. Jetzt habe ich das Gefühl, ich müsste noch ein bisschen mehr schreiben. Aber ich hab ja noch ein paar Tage bis ich zurück muss.

11 Gedanken zu „Fernab“

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