Frau Müller, ja Frau Müller, genau Frau Müller, natürlich Frau Müller

Ich laufe durch das Treppenhaus und mir kommt eine Nachbarin mit ihrem Kind entgegen. Das Kind berichtet „…und dann Mama, dann hab ich das Pokemon gefangen, Mama. Also so hab ich gemacht *führt Bewegung nach oben mit ausgestrecktem Zeigefinger aus*, mit dem Finger, Mama, den Pokeball geschossen, Mama und dann ist das Pokemon aber weggewesen, Mama. Das ist doch gemein, oder, Mama?“

Die Mutter macht ein zustimmendes Geräusch.

„…aber dann war an der nächsten Ecke, schon wieder ein Neues, Mama, das hab ich dann mit einer Himmihbeere, weißt Du was das ist, Mama? Mit einer Himmihbeere angelockt und dann, Mama…“

Apathisch nickt die andere Mutter und ich muss ein bißchen lachen, denn meine Kinder machen das auch. Zweihundert Mal Mama pro Stunde. Wie gut verstehe ich jetzt meine Mutter, die stets sagte: „Jedes Mama ne Mark und ich wär‘ reich.“

„Warum Mama? Warum sagst Du das Mama? Was meinst Du damit Mama?“

Jetzt da ich selbst eine Mamamamama bin, frage ich mich, warum machen Kinder das? Es erinnert schon sehr an diese Vertreter am Telefon, die sagenhafte Angebote haben, denen Sie, Frau Cammarata, heute wirklich nicht widerstehen können werden. Denn ja, Frau Cammarata, ich habe hier etwas, das ist genau auf Sie zugeschnitten, Frau Cammarata!

Mere-Exposure-Effekt nennt man das. Dabei handelt es sich um die Tatsache, dass allein die wiederholte Wahrnehmung einer anfangs neutral beurteilten Sache ihre positivere Bewertung zur Folge hat. Im Marketing führt dieser Effekt zu der Erkenntnis, dass beispielsweise kurze, mehrmalige Wiederholungen einer Produktwerbung mittelfristig dazu führen, dass ein beworbenes Produkt oder eine Dienstleistung positiver vom Konsumenten wahrgenommen wird.

Black & Decker Black & Decker Black & Decker Black & Decker Black & Decker Black & Decker Black & Decker Black & Decker Black & Decker

Wahrscheinlich funktioniert das auch über die wiederholte Ansprache. Versicherungsvertreter schaffen durch das ständige Wiederholen des Namens ja auch Nähe und bauen eine Beziehung auf. Das wußte schon Rumpelstilzchen übrigens. Nicht umsonst hat es seinen Namen nicht verraten wollen!

Wahrscheinlich finde ich meine Kinder deswegen so süß. Sie sagen wirklich oft „Mama“ zu mir. Wahrscheinlich haben wir deswegen so eine gute Bindung. Alles nur, weil ich so oft gemamat werde.

Wie geht es Ihnen damit, liebe Leserinnen und Leser? Was denken Sie, liebe Leserinnen und Leser, warum Kinder so oft „Mama“ sagen? Macht Ihnen das ein gutes Gefühl, liebe Leserinnen und Leser?

52 Gedanken zu „Frau Müller, ja Frau Müller, genau Frau Müller, natürlich Frau Müller“

  1. Am meisten nervt mich, dass das zweite „Mama“ immer schon gekreischt wird, bevor ich auch nur Luft holen konnte, um auf das erste zu antworten! (Ich bin ja grundsätzlich bereit, meinen Kindern Aufmerksamkeit angedeihen zu lassen).
    Es ist tröstlich zu erfahren, dass sich das auswächst.
    Wenn ich meinen Kindern beibringe, statt „Mama“ „ein beliebiger Firmenname“ zu sagen, erhalten ich dann aus deren Werbe-Etat für jedes „ein beliebiger Firmenname“ einen Cent? Dann hätte ich mein Haus finanziert …

  2. bei uns wurde das zum Ritual:
    Mama!
    Felix!
    Mamaa!
    Feliix!
    Das ging über Stunden (gefühlt) und ich habe immer versucht, seine Tonlage zu imitieren. Dadurch hat er dann auch den Ansporn entwickelt, möglichst viele verschiedene Klangversionen von Mama auszutesten.
    Mittlerweile findet er es witzig, alle Wörter auf i enden zu lassen.
    Es heißt jetzt also:
    Mamii
    Felii
    Mamiiii
    Feliiii

    In normalen Gesprächen höre ich das Mama-Wort umso seltener.

  3. Mein Sohn:
    Mama – Pause bis ich ja? sage
    Weißt du? – Pause bis ich ja? sage
    Manchmal hört das Gespräch an dieser Stelle auf.

    Nervt grundsätzlich aber ok. Nur beim Autofahren bin ich oft genervt vorallem wenn er dann nix zu sagen hat. Aber ihn geht es dann glaube ich mehr um die Aufmerksamkeit. Wird besser die Phase ist wohl bald vorbei

  4. Da gibt es ein paar Faktoren:

    1. Die Mutter ist bei vielen Kinder die zentralste Person in ihrem Leben, die erste die sie kannten, die zu der die älteste Beziehung besteht, die wichtigste Person. Das wird noch verstärkt wenn die Familie vielleicht ein bisschen schwierig ist, mit Fehlen von anderen Bezugspersonen oder wenn diese schon mehr als einmal gewechselt haben.

    2. Kinder mögen Wiederholungen von Dingen die sie kennen. (Daher kommt auch das ständige wieder ansehen/-hören der immer wieder gleichen Bibi Blocksberg, Benjamin Blümchen, Biene Maja, Rabe Socke oder anderen Geschichten. Endlos bis der Erwachsene die Dialoge mitsprechen kann und darüber hinaus.)
    „Mama“ ist bei den meisten das erste Wort das sie überhaupt sprechen konnten. Wenn man also ein Füllwort braucht, um die Konversation in Gang zu halten, dann fällt man auf das zurück wovon man sich am sichersten ist dass man es richtig macht. Am sichersten ist man in Dingen die man längstmöglich kennt und geübt hat.

    Als Programmcode ausgedrückt:
    default: say(„Mama“);

    3. Aufmerksamkeit erregen. Das Kind weiss instinktiv dass die Mutter sich mit dem nennen ihres Namens bzw. ihrer Bezeichnung (Kinder kennen den Unterschied bis zu einem gewissen Alter nicht) am leichtesten dazu bringen lässt, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Und nein, sie merken nicht dass die dauernde Verwendung eben diese Reaktion immer geringer macht. („Der Hirtenjunge und der Wolf“ lässt grüßen).

    Aber andererseits: Es ist vielleicht besser darauf zu reagieren, auch wenn es nervt. Denn manche Kinder eskalieren das sonst. Und das geht bis hin zu Selbstverletzung (gegen Wände laufen z.B.) um Aufmerksamkeit zu erregen. Kein Witz. Das möchte man dann doch lieber vermeiden. Die Mamamamamama-Phase übersteht man leichter denke ich.

    Gruß
    Aginor

  5. Hallo,
    Nein, mich nervt das ungemein. Ich habe das recht zeitnah kommuniziert, dass ich das nicht möchte und so haben sie sich das gar nicht angewöhnt. Ich finde es unglaublich aufdringlich. Es ist das dauerhafte Einfordern der Aufmerksamkeit. Wenn ich aber gerade sowieso ihnen zuhöre, dann brauchen sie sich die Aufmerksamkeit auch nicht ständig weiterhin einfordern.
    A.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mehr als 5x können Sie in einem Monat nicht kommentieren. So sorry! Ist das Gegenteil der Fall und sie möchten einen Kommentar hinterlassen, wissen aber nicht, was sie schreiben sollen, dann nutzen Sie den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken