„Beim Geld hört die Gleichberechtigung auf“ – Ein Artikel über Altersarmut bei Frauen.
„Uns demütigen nicht Falten, uns demütigt der „Rentenbescheid“. […] Die Hälfte der Frauen unserer Generation arbeitet Teilzeit. Und damit nicht genug. Minijobs werden zu 60 Prozent von Frauen bedient. Im Niedriglohnsektor sind sogar 70 Prozent der Beschäftigten weiblich. Diese Jobs sind das erbärmliche Gegenstück in einem Konstrukt, das in Deutschland noch immer Standard ist: die Zuverdiener-Ehe, vom Staat großzügig gefördert durch das Ehegattensplitting, das ungleiche Einkommen mit Steuerrabatt belohnt. […] Der „Gender-Pay-Gap“, die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, ist in Deutschland mit 22 Prozent einer der größten in den OECD-Ländern.“
Ich versuche das Thema zu verdrängen. Denn jedes Mal wenn ich die Zahlen lese, wird mir ganz schlecht. Hier gleichberechtigte Welt, Artikel lesen und Zahlen am Ende des Artikels im Gehirn zergehen lassen.
Danach diesen Artikel in der SZ „Sonst noch was?“
„Aber es reicht halt immer noch nicht. Und deshalb sollen die Politiker doch bitte noch bessere Bedingungen dafür schaffen, damit endlich beides gleichzeitig möglich ist: Beruf und Familie, Kinder und Karriere. Also noch mehr Kindergeld. Noch mehr Homeoffice. Noch mehr Kita-Plätze. […] wird der Konflikt auf dem [Rücken] der Kinder [ausgetragen], weil sie entweder gar nicht mehr geboren oder halt gestillt, gewickelt und oft recht schnell an eine Betreuungsstätte abgeschoben werden.“
Ich hoffe, der Autor ist einfach naiv und in seiner Filterbubble gefangen und hat alle anderen Realitäten leider übersehen. Er findet nämlich, dass es langsam mal reicht. Immer nur von den armen Politikern fordern. Verzichten ist der Ausweg. Und verzichten sollen v.a. die Frauen, die ihre Kinder vor lauter Karrieregier fremdbetreuen lassen.
Eine schöne Antwort auf den Artikel gibt es bei Dr. Mutti „Wir“
Ob manche Politiker was geraucht haben, muss man sich schon fragen, wenn man über die tolle Idee des Geburtenindex liest:
„Was hat man nicht schon alles versucht, um die gebärfaulen Deutschen zum Kinderkriegen zu animieren. Kindergeld erhöht, Elterngeld eingeführt, Ganztagsschulen gefördert und Krippen ausgebaut. Doch es war alles vergebens. Nichts davon konnte die sinkenden Geburtenraten stoppen. […] Tauber schlägt deshalb vor, regelmäßig eine Art Geburtenindex zu veröffentlichen, „um zu zeigen, dass uns Familie viel bedeutet“.“
Und zum Abschluss und auch wenn der Eintrag schon älter ist, die Idee des Vaterschutzes finde ich großartig.
Danke für diese Zusammenfassung eines weiteren deprimierenden Punktes zum Thema Emanzipation. Meine Idee zum Mutter-versus-Vater-Betreuungsjahr (der Grundstein allen Übels, oder?) ist: Würfeln. Oder Zufallsgenerator. Von Familiengeldstellenseite. Die bestimmt ein für allemal per Zufallsprinzip, welcher Elternteil das Elterngeld ausgezahlt bekommt und deswegen die Betreuung übernehmen muss. (Ok, zum Argument: „Aber nur eine Mutter kann doch stillen“ würde ich das erste halbe Jahr der Mama überlassen), aber dann: Zufallsgenerator. Dann können Chefs bei der Einstellung von jungen Frauen und Männern gleichermaßen unsicher sein, wer ihnen wieder abhanden kommt durch Kinderbetreuungszeiten. Dann spielt das „Aber er verdient doch viel mehr als ich“-Argument nicht d i e Rolle. Noch besser wäre vielleicht, bei Nichtantritt des Betreuungs(halb)jahres eine kleine Strafe auszusetzen – eine Steuerklasse weiter hoch oder so.
Langsam kommt mein Freundeskreis in ein Alter, wo sich abzeichnet, wer wahrscheinlich ohne Familie bleibt. Tatsächlich sind hier ein paar Männer übriggeblieben, die zwar Kinder wollen, dabei aber das CSU-Familienbild pflegen. Kann sein, dass sie hier im Osten auf besonders wenig Gegenliebe stoßen.
Ich mag diesen ideologieüberfrachteten Angstreflex vor dem demographischen Wandel nicht besonders. Ich kenne ein Sozialkundebuch, in dem als 1. Thema der Demographische Wandel besprochen wird und in dem die Verfasser natürlich genau wissen, was daran „schuld“ ist, nämlich, ich zitiere, die „Emanzipation der Frau“ und die reichlich egoistischen Lebensentwürfe junger Erwachsener. Aha. F* you too, Lehrbuchautoren. Kein Wort davon, dass die Geburtenrate sinkt, seitdem sich die Industrielle Revolution etabliert hat (und das war WAY BEFORE Frauen überhaupt ein Wahlrecht bekamen). Kein Wort davon, dass sie mit steigendem Bildungsgrad sinkt. Kein Wort davon, dass jeder Babyboom irgendwann logischerweise einen „Überhang“ älterer Menschen nach sich zieht, die von der kleineren nachfolgenden Generation betreut werden müssen. Kein Wort davon, dass die Angst vor dem Aussterben der Deutschen seit den 30er Jahren (!), damals in den einschlägigen Zusammenhängen, immer wieder als mediale Sau durch’s Dorf getrieben wird. Aber solange die „Emanzipation der Frau“ „schuld“ ist, ist die Welt für einige Autoren (Politiker und Privatmenschen auch) ja scheinbar in Ordnung.
Den Artikel über Altersarmut habe ich auch gelesen. In der Tat wird das ja nicht nur die Frauen, die heute 50 sind, sondern auch die, die in zehn Jahren 50 werden, betreffen. Mich ärgert daran immer, dass die wirklich unbequemen Schlussfolgerungen selten, auch in diesem Artikel nicht, gezogen werden: Keine Teilzeiten zu nehmen, auch wenn man dann keine Hausaufgaben beaufsichtigen und keine Musikschule besuchen kann. Darauf zu bestehen, dass die Elternzeiten geteilt werden. Sich schon im Studium überlegen, was man macht. Netzwerken. Viel in den ersten Berufsjahren investieren und eben nicht um 18.00 Uhr zum Yoga gehen. Eheverträge, die Ausfälle kompensieren. Und nicht darauf vertrauen, dass „schon alles gut geht“.
Das ist das was man evtl. selbst machen kann. Die Frage ist aber auch wie die Rahmenbedingungen verändert werden können, dass es zu solchen Phänomenen gar nicht erst kommt.
Ich glaube, dass dann, wenn die Frauen anfangen, die Strukturen nachziehen. Andersrum scheint’s nicht zu klappen.
Zum pöhsen Ehegattensplitting möchte ich eben anmerken, dass in Ehen, wo der Mann weniger verdient als die Frau, dieses ja auch zur Anwendung kommt. Es ist also nicht pauschal eine Hausfrauenehensubvention. Eher ist es eine pragmatische „wer sich zusammen veranlagen lassen möchte mit allen Rechten und Pflichten – bitteschön – Geschichte“ und genau da sollte man sie auch verorten.
Was die Kinder angeht: Gebt doch bitte den gebärfähigen Frauen trotzdem unbefristete Verträge. Wie soll es denn sonst gehen?
Das mag wohl stimmen (tadaaa) aber „Mehr als drei Viertel aller berufstätigen Mütter mit Kindern unter 16 Jahren arbeiten Teilzeit.“ und „Spätestens nach 14 gemeinsamen Jahren hat sich in 85 Prozent der Ehen das Modell „Alleinverdiener mit Ehefrau“ oder „Ernährer mit Hinzuverdienerin“ durchgesetzt. “
D.h. dass die Variante Mann verdient weniger doch eher eine Ausnahme ist.
Also mir, 41 und Kinderlos (zum Vatersein hats halt nicht gereicht) und Mittelschichtler, würde es total gut tun, wenn man dieses gewichtige Thema irgendwo mal total unpolemisch und sachorientiert diskutieren könnte. Aber die Meinungen dazu gehen teilweise so krass auseinander und gegenläufige Meinungen werden mittlerweile, egal aus welcher Richtung, sofort als egoistisch und ahnungslos zerschlagen……
Ich habe ja gar nicht mehr den Eindruck, das noch irgendwer ein echtes Interesse daran hat, dazu gegenseitiges Verständnis und einen belastbaren gesellschaftlichen Konsenz zu erzielen, mit dem dann alle zumindest Leben können. Irgendwie steht da immer nur „Ich ich und nochmal ich“. Egal von welcher Seite aus.