Morgenkonversation

Zu gerne würde ich mal live ins Gehirn meines Kindes schalten. Szenen der folgenden Art machen mich neugierig.
Morgens stehe ich mit dem Baby im Bad und fädle mir als Krönung meiner Verschönerungsmaßnahmen Ohrringe an die perforierten Ohrläppchen.
Das Kind ist begeistert und deutet auf selbige.
„Ohrringe“, sage ich.
„EITER“, wiederholt das Kind
„OHRRINGE“, sage ich langsam und deutlich.
„Eiter“, flötet das Kind nickend.
„Ohrringe, mein Kind, OHR-ringe“
„Ei-ter“, wissend schaut es mich an.
Ist das nicht wunderbar? Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Realität und Wahrnehmung so weit voneinander entfernt sind. Wenn Eiter ganz genau wie Ohrringe klingt, wie mag es sich mit dem Rest verhalten?
Alles ist immer so, wie man es möchte. Die Welt voller Wunder und freundlicher Riesen. Man äße nur, was einem schmeckt und es gäbe jemanden, der darauf besteht, dass man mindestens 16 Stunden Schlaf bekommt. Das Paradies!
Eigentlich müsste man überglücklich heranwachsen und doch wird genau jenes Kind mich eines Tages anschreien, ich habe von nichts eine Ahnung, verstünde es nicht, sei böse und gemein, die Tür zuknallen und durch die Wand schreien: Ich hasse Dich!
Doch bis dahin sind es gut dreizehn Jahre und solange rufen wir uns noch mit lachenden Gesichtern die Worte Eiter-Ohrringe zu.

6 Gedanken zu „Morgenkonversation“

  1. Liebe Frau Nuf, ich bin heute morgen von der Frau Giftzwerg in diese Seite gestolpert. Ein öder Bürotag mit gar nix zu tun lag vor mir, und Sie haben mir diesen gerettet. Ich habe im Archiv gestöbert und gegiggelt und gegackert und lauthals gelacht.
    Danke! Darf ich Sie verlinken?
    Es grüßt – nach der wundervollen Lektüre immer noch fröhlich –
    die Frau Rosa :-)

  2. checken sie doch nochmal schnell ihre perforierten ohren. vielleicht bahnt sich einfach nur eine gar schröckliche entzündung an, die das kind mit argusaugen schon erspäht hat… ;)

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