Re: Re: Re: Re: Antwort Anfrage zum Ausflug

Neulich hab ich etwas getan, das mich selbst immer total nervt: ich habe eine Mail an viele Personen mit reply all beantwortet. Als ich den Sendebutton drückte, überkam mich ein wohliger Schauer. Es war so aufregend, so prickelnd! Gleich würden mehrere Duzend Menschen gezwungenermaßen meine Antwort lesen müssen. Meine hocheigene wertvolle Meinung zum Thema. Ich stellte mir vor, wie sie eine Push-Notification erhalten „Neue Mail von Patricia Cammarata“. Sie geben den Code zur Entsprerrung ihres Mobilgerätes ein, wechseln ins Postfach und dann steht da:

Re: Wichtige Angelegenheit

Patricia Cammarata schreibt: Ja, finde ich auch

Unten die ursprüngliche Mail.

Ich warte nicht lange und schon antwortet die nächste Person im Verteiler. Eine nach der anderen. Alle sagen ja, bis auf eine. Re:Re:Re:Re:Re:Wichtige Angelegenheit

Der Mailtext bildet kleine Treppchen, die Betreffzeile schwillt an.

Siebenunddreißig Personen von achtunddreißig Personen sagen: Ja, ich bin dafür. Die achtunddreißigste Person meldet sich nicht.

Am nächsten Elternabend, gibt es den Punkt „Wichtige Angelegenheit“ auf der Agenda. Zum Abnicken. Immerhin waren siebenunddreißig Personen von achtunddreißig Personen dafür. Der Punkt wird vorgetragen, Person achtunddreißig kräuselt die Stirn und meldet sich zu Wort: „Davon weiß ich nichts und ehrlich gesagt: Ich finde das nicht gut.“ Es entsteht eine Diskussion, die rund 30 Minuten andauert. Alle sind genervt. Ich nippe an meinem Beruhigungswasser.

Die achtunddreißigste Person war nicht am Verteiler. Sie war nicht am Verteiler, weil es keinen Verteiler gibt. Es werden immer nur Einzelemailadressen zusammengeschrieben. Da war noch der Papa von Elsa und die Mama von Henriette und ach, die Mama von Sibylle… wie hieß die noch gleich?

Wie oft habe ich schon angeboten einen Verteiler zu erstellen, doch ach, es ist abgelehnt worden. Das sei so intransparent. Man sieht ja gar nicht an wen man schreibt. Das wäre ja nun auch nicht gut. Also bleibt es dabei. Jede Emailadresse wird einzeln in eine Mail geschrieben. Statistisch gesehen, werden auf fünfundzwanzig Menschen zwei vergessen. Gute Quote also in meinem Beispiel weiter oben.

Bislang habe ich mich eingesetzt für Verteiler und vermieden reply all Mails zu schreiben, aber ganz ehrlich: Probiert es mal aus. Es ist wahnsinnig befriedigend. Einfach auf jede Massenmail sichtbar an alle antworten. Vielleicht auch noch den Betreff ändern, so dass der Thread durcheinander kommt und auch wenn alles auf UTF 8 Encoding gestellt ist, die Sonderzeichen von Hand tippen. Denn wenn man selbst decodet, dann kommt das auch so an.

=C3=9Cbelst Gro=C3=9Fartig, oder?

Eine besondere Herausforderung ist es übrigens, dabei eine möglichst hohe Anzahl von Umlauten und Sonderzeichen zu benutzen. Das erschwert die Lesbarkeit zusätzlich. Man kann auch randomisiert Teile der Antwort löschen, so dass am Ende der Mail kaum noch Inhalt zu entnehmen ist. Das klappt am Besten, wenn man nur kleine Passagen löscht. Also nicht übertreiben.

Richtig Spaß bringt es auch, wenn man möglichst viele unterschiedliche Mailadressen benutzt. Sehr gut eignen sich unzuordenbare Mailadressen. Also nie irgendwas mit Namen sondern lieber Kleine_Pupsmaus@mail.de verwenden.

Wenn ihr weitere Tipps habt, freue ich mich.

Viele Gr=C3=BC=C3=9Fe
Patricia

More than words

Mein Mann ist ganz schön sensibel. Ihn setzen die wöchentlichen Großeinkäufe unter Druck, habe ich gestern mitbekommen, als ich ihn bei einem Gespräch am Grill belauschte.
Es sei wahnsinnig anstrengend so einzukaufen, dass ich nicht rumschreie oder zumindest drei Tage ein langes Gesicht mache. Er könne machen, was er wolle, am Ende sei immer etwas falsch. Der andere Mann nickte gefühlvoll und beteuerte, das sei bei ihm genauso. Sie gaben sich die Hände und schauten versonnen in die Grillkohleglut.
Ich weiß wirklich nicht was die beiden meinen.
Es ist doch ganz einfach. Steht doch alles auf dem Zettel.
Hackfleisch
Paprika
Salami
Obst
Alles andere ist doch völlig klar. Natürlich enthält jeder Posten für sich eine kleine Konnotation. Aber das erschließt sich doch per logischen Menschenverstand. Ich könnte das Ganze auch so aufschreiben:
Hackfleisch (Bio, is klar! Denk’ dran, dass unser mittleres Kind sich im Moment ausschließlich von Frikadellen ernährt. Das Hack ist aber eigentlich für die Burritos, die wir gemeinsam mit unserem Besuch essen. Wenn ein bisschen was übrig bliebe für Montag, wäre das nicht schlecht. Kauf also reichlich, aber komm’ bitte nicht wieder mit drei Kilo an.)
Paprika (Drei Stück, rot. Nicht abgepackt. Alternativ gelb. Aber nicht grün. Und kauf bitte nicht diese Dreierpacks. Grüne Paprika isst bei uns doch niemand. Achte auf den Preis. Wenn der Kilopreis sich sehr unterscheidet, dann doch abgepackt. Kann man ja in die Burritos machen.)
Salami (Für mich die Milano, die Kinder mögen lieber die dicke, die ich aus italienischer Sicht niemals Salami nennen würde. Muss eine Woche reichen. Auch für die Schulbrote. Wenngleich die zum Schneiden viel billiger ist, die schmeckt mir nicht. Wenn Du statt zu Lid*l zu Kauf*land gehst, will ich doch keine Milano, sondern lieber Ungarische. Die ist Dir aber zu ranzig im Geschmack. Also kaufe Dir noch eine extra.)
Obst (Für die Kinder. Du könntest Dir mal wieder was zur Arbeit mitnehmen. Kauf aber nicht nur Sachen, die erst eine Woche reifen müssen. Bloß kein Zeug, das nicht saisonal ist und deswegen beim ersten Kontakt mit Luft verendet. Wehe, Du kaufst Mandarinen. Beeren für 1,99 Euro pro hundert Gramm und ich flippe aus. Trauben mit Kernen mögen die Kinder nicht. Die sind ohnehin zu stark gespritzt. Also wenn, dann nur Bio!)
Dann wird er beim nächsten Männergrilltreffen aber sagen, ich sei zwanghaft und schreibe ihm alles vor. Also überlasse ich großzügig ihm das richtige zu tun.

Mann, Frau, Deutsch

Ideen müssen nicht unbedingt hochwertig sein damit man damit Geld verdienen kann. Manchmal genügt es eine Idee zu klauen. Der Student, der die Idee der Million-Dollar-Homepage nachgemacht hat, verdiente damit Gerüchten zufolge 260.000 Dollar.
Deswegen schreibe ich gerade ein Buch – ein Wörterbuch um genauer zu sein. Mario Barth wirds mir verzeihen. Es soll heißen Deutsch – Mann/Mann – Deutsch. Hier erste Auszüge:

Mann [denotativ]: Die Rundung Deines Pos gefällt mir.
(Frau denkt: Aha, ich bin also fett!)
Mann [konnotativ]: Ich will Sex.

Mann [denotativ]: Ich habe die Kinder ins Bett gelegt.
(Frau denkt: Aha! Bestimmt hat er vorher wieder nicht das Kinderzimmer aufgeräumt!)
Mann [konnotativ]: Ich will Sex.

Mann [denotativ]: Schatz, ich habe die Spülmaschine ausgeräumt.
(Frau denkt: Aha, bestimmt hat er das Sieb in der Spülmaschine wieder nicht sauber gemacht.)
Mann [konnotativ]: Ich will Sex.

Nasenrettung durch Gefühlsunterdrückung

Bislang konnte ich in heiklen Lebenslagen durch paradoxe Intervention viel erreichen. Bewährt hat sich die Methode v.a. in Situationen, die gerne eskalieren und negative Gefühle hinterlassen wenn man zu erwartenden Konversationspfaden folgt.
Doch was soll ich sagen, auch paradoxe Intervention stößt an Grenzen, selbst wenn das Gesagte aus tiefer und aufrichtig empfundener Besorgnis entspringt.
So stehe ich heute bei dm mit sieben Paketen Windeln an einer Kasse an 657. Stelle an. Hinter mir ein Pulk Jugendlicher. Eine weitere Kasse wird geöffnet und ich balanciere geübt den Windelstapel in Richtung Kassiererin. Einer der Postpubertierenden überholt mich und schreit mich mit den Worten: „Ey Mutti, wenn Du drängelst, gibt’s auf die Fresse!“ an.
Ich war aufrichtig verwundert, denn schließlich stand ich 3 Millisekunden vorher auch schon vor dem jungen Mann. Ich lächle verständnisvoll und bleibe stehen, als der junge Herr meine Einkäufe vom Band schmeißt um sein Haargel an just jener Stelle zu platzieren. „Mach Disch vom Acker, Du hässliche *****!“
Ob dieser Provokation sah ich mich nun doch genötigt etwas zu erwidern, einen leichten Schwall von Ärger herunterwürgend entschied ich mich für ein ruhig ausgesprochenes: „Mein lieber Junge, Du bist wohl als kleiner Junge zu wenig gekuschelt worden?“
Der liebe Junge, puterrot vor Wut, ballt seine Faust und fuchtelt vor meinem Gesicht herum.
„Alter noch son Spruch und Dein Zahnarzt wird reich!“
Ich sammle währenddessen wortlos meine Windeln auf und bin beinahe erstaunt ob der Kleinheit des Selbstbewusstseins des Jugendlichen und nehme mir vor meine Kinder noch mehr zu knuddeln, zu bestärken und für immer im elterlichen Bett schlafen zu lassen.
Zuhause schaue ich zur Seelenhygiene eine Folge Glücksbärchi und rufe in die gßstädtische Nacht LIEBE! ACHTUNG! WÄRME! FREUNDSCHAFT! und ZUNEIGUNG!

Morgenkonversation

Zu gerne würde ich mal live ins Gehirn meines Kindes schalten. Szenen der folgenden Art machen mich neugierig.
Morgens stehe ich mit dem Baby im Bad und fädle mir als Krönung meiner Verschönerungsmaßnahmen Ohrringe an die perforierten Ohrläppchen.
Das Kind ist begeistert und deutet auf selbige.
„Ohrringe“, sage ich.
„EITER“, wiederholt das Kind
„OHRRINGE“, sage ich langsam und deutlich.
„Eiter“, flötet das Kind nickend.
„Ohrringe, mein Kind, OHR-ringe“
„Ei-ter“, wissend schaut es mich an.
Ist das nicht wunderbar? Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Realität und Wahrnehmung so weit voneinander entfernt sind. Wenn Eiter ganz genau wie Ohrringe klingt, wie mag es sich mit dem Rest verhalten?
Alles ist immer so, wie man es möchte. Die Welt voller Wunder und freundlicher Riesen. Man äße nur, was einem schmeckt und es gäbe jemanden, der darauf besteht, dass man mindestens 16 Stunden Schlaf bekommt. Das Paradies!
Eigentlich müsste man überglücklich heranwachsen und doch wird genau jenes Kind mich eines Tages anschreien, ich habe von nichts eine Ahnung, verstünde es nicht, sei böse und gemein, die Tür zuknallen und durch die Wand schreien: Ich hasse Dich!
Doch bis dahin sind es gut dreizehn Jahre und solange rufen wir uns noch mit lachenden Gesichtern die Worte Eiter-Ohrringe zu.

Ungewollte Verfolgungsjagd

Damit man sich mit Baby nicht langweilt und auch um die Wirtschaft anzukurbeln, macht man heutzutage mindestens drei Babyförderungskurse pro Woche. An den verbleibenden freien Tagen geht man, um die frühkindliche Motorik zu fördern, mindestens einmal schwimmen.
Babyschwimmen ist super. Man gleitet samt Nachwuchs durch ein pipiwarmes Becken und plätschert gut 30 Minuten durchs Wasser. Dabei macht man oioioi oder auch jaoioioi, fein!
So läuft das theoretisch. Praktisch ist man leider ununterbrochen auf der Flucht. Auf der Flucht von anderen Muttis mit Baby.
Mal kurz den üblichen Smalltalk austauschen ist ja OK, aber die meisten wollen gar nicht mehr aufhören zu reden.
– Wie alt ist ihr Baby denn?
– 4 Monate.
– Meins ist xx-Monate. Was ist es denn?
– Ein Baby.
– Meins ist ein xx. Waren sie schon öfter hier.
– Nein.
– Ich schon, wir gehen jede Woche. Macht es ihrem Baby auch so Spaß?
– Weiß nich, es redet noch nicht.
Spätestens da winke ich einem imaginärem Menschen zu „Ah, da hallo, der Onkel/Tante/Opa/Oma. Ich muss leider los…“ und paddele von dannen.
Die fremde Mutti nimmt die Verfolgung auf.
– Ach, sie sind gar nicht alleine hier?
Ich erhöhe die Geschwindigkeit, biege unerwartet ab und schiebe mein Baby an der aufdringlichen Mama vorbei.
– Sie sind aber schnell. Hi, hi.
Die Mutti bindet sich ihr Baby auf den Rücken und krault mir hinterher. Ich schaue in die Luft und gebärde mich seltsam. Dabei sage ich laut: „Hoffentlich sieht der Bademeister nicht, dass Du diese extrem ansteckende und gefährliche Krankheit hast, mein süßes Baby!“.
Die kommunikationssüchtige Frau hat Wasser in den Ohren und kommt immer näher.
Ich schnalle meinem Baby und mir Atemgeräte um. Dann eben Babytauchen. Wir gleiten leise blubbernd an den Celluliteoberschenkeln der anderen Frau vorbei. Endlich Ruhe!