Babybespaßung deluxe

Mangels Krippenplatz wird man am Dorf vermutlich vor Langeweile und Einsamkeit nach jahrelanger Berufstätigkeit nach der Geburt eines Kindes plemmplemm. Zumal man soziale Kontakte zu anderen Betroffenen mangels öffentlicher Spielplätze nicht pflegen kann.
In Berlin sind der Babybeschäftigung keine Grenzen gesetzt und so wird man einfach angesichts des Babybespaßungsprogramms ebenfalls irre.
Mein Baby und ich, wir sind in der Zwischenzeit bei Babyrafting und Babysauna angelangt.
Das Babyrafting ist ein Teil des durch eine ehemals militärisch aktive Schwimmlehrerin angeleitete Babyschwimmen.
Da müssen wir die Babys vom Wasser in die Luft strecken als wären wir Jadzia Dax, die General Martoks Ehefrau ihre Ehefähigkeit beweisen muss.
Eine Streichholzschachtel fünf Minuten mit horizontal gestreckten Arm in die Luft zu halten ist gegen das Babywasserworkout ein Klacks.
Zwischen dem Muskeldrill schreit die Schwimmlehrerin, dass ihr das Gaumenzäpfchen an die Vorderzähne schlägt: UND JETZT SCHMUSEN! und angsterfüllt drücken wir alle unsere Babys an unsere zittrigen Körper.
Wenn wir allen Anweisungen brav gefolgt und die Strafliegestütz erledigt sind, setzen wir die Babys in Schwimmringe. Dann stellt der Swiminstructor die Gegenstromanlage an und wir schießen die Babys mit 3 G Beschleunigung ans andere Beckenende.
Da das Babyschwimmen in einer Sauna stattfindet, begleiten applaudierende nackte, alte Männer, deren Bauch über das Geschlecht hängt, das Spektakel.
(Das sind die Momente in denen ich geistig meine Hände reibe, denn hätte ich kein Kind bekommen, über was sollte ich dann bloggen nach all den Jahren?)
Nach zehn Runden Schwimmreifenrafting taucht man die Babys kurz in Eiswasser und geht dann in die Babysauna.
Dort bespritzen sich die kleinen windellosen Pupser mit ihrem kalten Trinkwasser und jauchzen so laut, dass einem das Herz aufgeht.

Ungewollte Verfolgungsjagd

Damit man sich mit Baby nicht langweilt und auch um die Wirtschaft anzukurbeln, macht man heutzutage mindestens drei Babyförderungskurse pro Woche. An den verbleibenden freien Tagen geht man, um die frühkindliche Motorik zu fördern, mindestens einmal schwimmen.
Babyschwimmen ist super. Man gleitet samt Nachwuchs durch ein pipiwarmes Becken und plätschert gut 30 Minuten durchs Wasser. Dabei macht man oioioi oder auch jaoioioi, fein!
So läuft das theoretisch. Praktisch ist man leider ununterbrochen auf der Flucht. Auf der Flucht von anderen Muttis mit Baby.
Mal kurz den üblichen Smalltalk austauschen ist ja OK, aber die meisten wollen gar nicht mehr aufhören zu reden.
– Wie alt ist ihr Baby denn?
– 4 Monate.
– Meins ist xx-Monate. Was ist es denn?
– Ein Baby.
– Meins ist ein xx. Waren sie schon öfter hier.
– Nein.
– Ich schon, wir gehen jede Woche. Macht es ihrem Baby auch so Spaß?
– Weiß nich, es redet noch nicht.
Spätestens da winke ich einem imaginärem Menschen zu „Ah, da hallo, der Onkel/Tante/Opa/Oma. Ich muss leider los…“ und paddele von dannen.
Die fremde Mutti nimmt die Verfolgung auf.
– Ach, sie sind gar nicht alleine hier?
Ich erhöhe die Geschwindigkeit, biege unerwartet ab und schiebe mein Baby an der aufdringlichen Mama vorbei.
– Sie sind aber schnell. Hi, hi.
Die Mutti bindet sich ihr Baby auf den Rücken und krault mir hinterher. Ich schaue in die Luft und gebärde mich seltsam. Dabei sage ich laut: „Hoffentlich sieht der Bademeister nicht, dass Du diese extrem ansteckende und gefährliche Krankheit hast, mein süßes Baby!“.
Die kommunikationssüchtige Frau hat Wasser in den Ohren und kommt immer näher.
Ich schnalle meinem Baby und mir Atemgeräte um. Dann eben Babytauchen. Wir gleiten leise blubbernd an den Celluliteoberschenkeln der anderen Frau vorbei. Endlich Ruhe!