Schatz, wir ziehen nach Kreuzberg

Da wo wir wohnen ist es eigentlich ganz schön. Nur zwei Jahre nach der Geburt unseres ersten Kindes war schon der Aufzug einer Linie fertig, die irgendwann in der Nachkriegszeit gebaut wurde. Die komplette U-Bahnlinie mit 13 Stationen hat genau drei Stationen, die über einen Aufzug verfügen.
Jedenfalls habe ich die ersten zwei Jahre viel Spaß mit Kinderwagen samt Kind Treppen rauf und runter tragen gehabt. Hilfe bekommt man in einem von zehn Fällen und meistens auch nur bis zur Zwischenetage „Für die nächsten Stufen finden sie bestimmt jemanden“ heißt es da fröhlich und der Helfer zieht von dannen.
Vereinzelt gibt es statt der Aufzüge wenigstens Rolltreppen. Diese dürfen seit Anfang des Jahres nicht mehr benutzt werden. Da hat sich die BVG sehr zügig an die Anbringung von entsprechenden Verbotspiktogrammen gemacht.
Super Sache. Die neue EU-Norm ist zwar nicht bindend – aber wieso Eltern mit Kleinkindern  nicht einfach mal ein Paar Steine in den Weg legen. Ich schlage deswegen folgende Verbesserungen vor:
Die BVG stellt an allen Stationen, die über keine Aufzüge verfügen, freundliche Kinderwagenträger zur Verfügung. Die postieren sich an den Ein- und Ausgängen, empfangen mich mit Blumen, überreichen mir Dankesschreiben, dass wenigstens ich mit meinen Kindern die Zukunft der Rentenkasse sichere und tragen erst den Kinderwagen, dann die Kleinkinder und als letztes mich nach oben.
Für Stationen wie den Alexanderplatz, der zwar Aufzüge hat, man bis zur S-Bahn vier bis fünf Mal umsteigen muss, verlange ich Kaltgetränke, schmackhafte Stullen und Fußmassage.
Noch wichtiger: Brutal durchgreifende Ordnungskräfte, die alle gehfähigen Menschen, die aus Faulheit die kleinen Aufzüge verstopfen, verhauen. Ein blaues Auge schafft schnell Verständnis und zukünftige Rücksichtsnahme.
Für alle anderen, die auf Aufzüge angewiesen sind, stellt die BVG Lehrvideos bereit. Diese zeigen in nur drei Schritten wie man Aufzüge benutzt und stellen dabei die Funktion „Pfeil nach oben“ und „Pfeil nach unten“ in den Mittelpunkt. So werden ca. Oktober 2012 selbst die letzten begriffen haben, dass man beim Rufen des Aufzugs a) nicht beide Pfeiltasten drückt und b) eine erlöschende Pfeilaufwärtstaste bedeutet -> Aufzug fährt nach oben.
Bis die BVG soweit ist, ziehe ich nach Kreuzberg, denn da warten die ganzen freundlichen Männer auf mich, die mir Kinderwagen schleppen helfen. In Kreuzberg musste ich Kind und Kegel wirklich noch nie alleine  hoch buckeln. Gelobt sei die kulturelle Durchmischung Berliner Bezirke.

5 Gedanken zu „Schatz, wir ziehen nach Kreuzberg“

  1. KleinesF sagt:

    An der Stelle zahlt es sich dann mal aus, das sie Münchner prinzipiell resistenter gegen EU-Krams sind. Auf Schilder oder Durchsetzung wird zunächst verzichtet. Und die Münchner schleppen – wenn auch grantelnd – Kinderwagen, jedenfalls dann, wenn Frauen am Steuerbügel sind. Als Mann musste ich teilweise schon lange auf Handreichung warten.

  2. Ergänzend schlage ich folgende Maßnahme vor:
    Alle Menschen, die aus purer Bequemlichkeit den Aufzug nehmen und darin Kinderwagenabstellfläche wegnehmen, werden mit nicht weniger als 5 Stunden Detlev Jöcker (wahlweise auch Rolf Zuckowski) gefoltert.

  3. Steff sagt:

    Spricht mir sowas von aus der Seele, DANKE!!!

  4. katobia sagt:

    Wedding ist auch super. Da wird man als Kleinkindmutter auf Händen getragen (samt Kinderwagen natürlich). Nur wenn die Kinder ins Schulalter kommen, ist man plötzlich wieder „deutsche Tusse“… Da hilft nur: Noch mehr Kinder, jedes Jahr eins.

  5. fluse sagt:

    Ob Kreuzberg Besserung verspricht???? Als ich noch in Kreuzberg wohnte, hatten es 80 Prozent der Passanten „im Rücken“!!

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