Sie sind unter uns

Trolle gibt es überall. Im Internet sind sie nur lauter.

Bislang bin ich völlig von ihnen verschont worden. Glücklicherweise, denn ich weiß nicht, ob ich mit ihnen umgehen könnte: den Trollen. Sie begegnen mir v.a. in den Kommentarspalten von Zeitungen, dort gehäuft bei den KollumnenschreiberInnen. Sascha Lobo hat auf der re:publica eindrücklich von ihnen berichtet, Harald Martenstein schrieb ebenfalls über sie und heute lese ich in der Twittertimeline diesen Tweet von Antje Schrupp.

https://twitter.com/#!/antjeschrupp/status/151981578845818880

Mir ist bekannt, dass es sie gibt, aber ich bin jedes Mal schockiert wenn ich lese, was sie schreiben.

Generell bin ich nicht so der Fluch- und Beschimpfungstyp. Ich glaube, schlimmer als mit „Arsch“ habe ich noch nie jemanden bezeichnet und das waren dann Autofahrer, die beinahe mich und meine Kinder überfahren haben. Mir das Seelenleben von Trollen vorzustellen, fällt mir unendlich schwer. Was geht in ihnen vor? Warum tun sie das? Warum fühlen sie sich so gereizt, dass sie in dieser unangemessenen Weise reagieren müssen? Ist es der Schutz der Anonymität und selbst wenn, inwiefern bereichert ihr Tun ihr Leben?

Wenn man nach Antworten googelt, so meinen die meisten, es ginge um Provokation. Doch alleine wenn man den Satz im Tweet liest, wo soll da die Provokation sein? Was soll provoziert werden? Ich bin über sowas nur entsetzt. Gelegentlich auch sprachlos wenn man z.B. den Vortrag von Jaclyn Friedman gehört hat und sich die Seite hatr.org anschaut.

Es gibt natürlich deutliche Abstufungen von Trollen. Angefangen beim bloßen Generve bis hin zu den Hasstiraden, die einem wirklich angst machen können. Dementsprechend ist „Ihre Motivation […] vielseitig: Langeweile, die Gier nach Aufmerksamkeit, die Lust am Unruhe stiften oder simple Rache.“

Bei den extremeren Formen spielt sicherlich der Wille Macht und Einfluss auszuüben eine Rolle. Diese Trolle hoffen vielleicht Einfluss auf andere (auch andere Leser) zu nehmen. Gleichgesinnte zu finden. Ihr persönliches Weltbild bestätigt zu bekommen. V.a. dann wenn es sozial nicht akzeptiert ist – nicht salonfähig ist. Vielleicht gibt ihnen diese Art der Äußerung das Gefühl die Exemplare einer Gemeinschaft aufzudecken, welche die eigene Meinung teilen und eigentlich sonst auch im Verborgenen leben. Ein Weltbild zu haben, das von anderen geteilt und affirmiert wird, das gibt Selbstbewußtsein und das scheint nicht allzu üppig vorhanden zu sein. Ich denke, wenn man sich seiner selbst bewußt ist, sich sicher fühlt und sich einer Gemeinschaft zugehörig fühlt, dann ist man auf solche Provokationen nicht angewiesen. Selbst wenn jemand etwas schreibt, was mich wirklich ärgert – eine sachliche Auseinandersetzung wäre möglich, wenn man auf tatsächliche Argumente zurück greifen könnte. Kann man aber nicht und deswegen bleibt nur der Weg der Beleidigung. Vielleicht genügt es den Trollen auch eine funktionierende, geschlossene Gruppe zu zerstören, in Lager zu spalten, einzelne auszuschließen?

Auch wenn man das alles halbwegs erklären kann, angst macht mir das Phänomen trotzdem. Ich stelle mir vor, dass die U-Bahnen und S-Bahnen, in denen ich täglich sitze voll von solchen Menschen sind, die so schlechte Gefühle haben und derartige Aggressionen mit sich rumschleppen. Denn ich befürchte, dass diese Menschen in der physischen Welt nicht wirklich seltener sind, sie offenbaren sich mangels Anonymität nur seltener.

Möglichkeiten, wie man mit Trollen umgehen kann: Managing „Trolling“ in a Feminist Forum

2 Gedanken zu „Sie sind unter uns“

  1. Sascha Lobo hat in seinem Vortrag ja auf die fehlenden Ichs in Trollmitteilungen hingewiesen. Was mich darauf brachte, solche Mitteilungen nach Schultz von Thun auf Selbst-, Beziehungs-, Appell- und Inhaltsaussagen zu untersuchen. Die Nachricht im erwähnten Tweet enthält Inhalt, sowie eine Selbst- und eine Beziehungsaussage. Den Appell muss sich die Betroffene denken. Der Troll äussert sich nicht dazu. Er sagt nichts dazu, wie er sich fühlt, was ihn aufregt (ob er sich überhaupt aufregt). Er zeigt sich kaum. Das zeichnet erfolgreiche Trolle aus: Sie überlassen den Betroffenen die ganze Arbeit. Ist es eine Provokation? Ist er ein Armseliger, ein Psychopath? Was habe ich ihm getan? Wieso ich?

    Mich machen solche Troll-Mitteilungen ohnmächtig. Und den Absender? Das bleibt völlig im Dunkeln.

    Für mich sind Trollkommentare in erster Linie misslungene Kommunikation. Ich weiss nach dem Satz «Ih wrd d nch zrftzn, d bld S. Dn Ftz wrd brnnn.» schlussendlich nicht woran ich bin. Muss ich Polizeischutz anfordern oder lebe ich weiterhin unbesorgt?

  2. Trolle sind ganz arme frustrierte Würstchen und keineswegs eine Schöpfung des Internets, nur scheint es ihnen hier noch mehr Spaß zu machen. Ich bin in meiner Firma seit über 20 Jahren zuständig für die Dateneingabe von Kundenaufträgen. Immer wieder gibt es Bestellkarten (selbstverständlich ohne Porto – zahlt ja unsere Firma) mit dem Vermerk „Wir kaufen nicht aus einem Katalog mit Niggerschlampen.“ Dazu aufgeklebte Bilder mit ausgestochenen Augen. Besonders schön sind auch immer die unbeschrifteten Umschläge mit ausgeschnittenen „Eumeln“ oder anderen pornografischen Zutaten! Gern wird dazu auch mal die bereits personalisierte Karte einer älteren beklauten Dame benutzt. Teilweise sind es diese albernen pubertierenden Jugendlichen, die sich gegenseitig Filmchen, Fotos und Musik auf dem Smartphone zuschieben. Das sind diesselben Jungs, die sich ihre gymnasiale Schulkarriere versauen, indem sie die Köpfe von Mitschülerinnen mittels Photoshop auf andere nackte Körper bauen und sich dabei erwischen lassen.
    Es scheint aber tatsächlich auch echte Psychpathen zu geben, vorwiegend Männer, arbeitslos(?), Frauenhasser(?), Stammtischgroßkotze(?). Und es gibt nur einen Weg, diesen Leuten zu begegnen. Wir haben die Belege im Schredder entsorgt. Tweets wie der oben oder Mails sollten einfach gelöscht werden. Und dann sollte man voller Mitleid dieser Leute gedenken – die haben kein Leben, als Familie höchstens ein keifende Alte und kein Hobbies, nur RTL und SAT1 und die Bildzeitung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mehr als 5x können Sie in einem Monat nicht kommentieren. So sorry! Ist das Gegenteil der Fall und sie möchten einen Kommentar hinterlassen, wissen aber nicht, was sie schreiben sollen, dann nutzen Sie den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken