Ich bin jetzt in einem Alter in dem Beerdigungen offenbar zum Alltag gehören und jede Beerdigung ist eine Gelegenheit sich mit der eigenen Endlichkeit zu beschäftigen.
Ich habe auch festgestellt, dass Beerdigungen oft wie schöne, sehr emotionale Feste sind, bei denen man Menschen sieht, die man eigentlich sehr gerne hat, aber irgendwie kommt man im Alltag nie dazu sich regelmäßig zu sehen, weil Erwerbsarbeit, Kinder, diesdas.
Manchmal sitzt man dann in so einer Gesellschaft und denkt sich: eines Tages wird es so eine Runde geliebter Menschen geben, bei denen man selbst fehlt und das fand ich höchst bedauerlich.
Also dachte ich: meinen 50. Geburtstag sollte ich nutzen und meine potenziellen Beerdigungsgäste besuchen gehen. Denn eine Feier zu machen bedeutet für viele Orgaaufwand, Fahrtkosten, einen zusätzlichen Urlaubstag opfern und am Ende plaudert man auf der Feier max. 20 min, weil man will ja mit allen sprechen. Umgekehrt – wenn ich alle besuche, muss nur eine Person reisen und man kann sich Zeit nehmen und wie sonst könnte man das fantastische Deutschlandticket besser nutzen?
Also habe ich mich auf die Reise gemacht.
Meine erste Station war Münster. Eine Stadt, die durch zahlreiche Kirchen besticht, die wir uns alle angesehen haben.
Ich schaue nebenher gerade die Serie Vikings und so war es ein bisschen wie ein Ausflug in die Serie, denn Wikinger scheinen sehr gerne christliche Kirchen zu plündern. Wo sonst gibt es so viel Prunk und Gold und so wenig Bewachung? Also hab ich mit einer gewissen Faszination das ganze Gold in den Kirchen bewundert und wurde auch in Sachen mittelalterlicher Foltermethoden nicht enttäuscht, denn Münster hat die Lambertikirche, mit drei Käfigen am Kirchturm, in die man Abtrünnige jeder Art nach ihrer grausigen Hinrichtung noch wochenlang zur Abschreckung zur Schau stellen konnte.
Sehr viking-like. Vikings ist übrigens wenn man – so wie ich – die Kämpfe vorspult, ein bisschen wie eine Telenovela. Viel Machtkämpfe, viel Sex und Emotionen und sehr gute Flechtfrisuren.
Westfälisch essen war ich auch und ich bin jetzt definitiv in dem Alter, in dem Essen auch ein Hobby ist.
Ich denke oft an meine Kinder, die ja ob ihres Alters noch vieles vor sich haben. Liebeskummer z.B. – was ich sehr gruselig finde, weil Liebeskummer braucht ja niemand und doch wird man ihn irgendwann haben und durchstehen müssen.
Aber es gibt natürlich auch tolle Sachen, denen sie noch nichts abgewinnen können, wie z.B. Tafelspitz und rote Bete zu essen.
Ich erinnere mich noch genau wie langweilig ich essen früher fand und dass ich natürlich keine rote Bete mochte oder Rosenkohl oder Salat oder Kapern oder Rhabarber oder Spinat oder Spargel oder Brokkoli oder Grünkohl oder Aubergine oder Sauerkraut oder Fenchel…
Und all das zu schmecken und sich daran zu erfreuen steht ihnen noch bevor – wie fantastisch ist das eigentlich?
Km bislang: 475
Verspätung: 1 min
Ach, danke für diesen Beitrag. Merke, dass ich die gute alte Blogzeit sehr vermisse, als ich solche schöne, traurige und ehrliche Gedanken häufiger gelesen habe als in Zeiten von Social Media…
Was für eine Idee, die merke ich mir als Vorbild!
Gute Reise