Mein Name tut nichts zur Sache – eben doch!

Warum es manchmal doch ganz schön wäre statt der Wagen- oder Dienstnummer einen echten Namen zu erfahren.

Das Thema Klarname beschäftigt mich seit ich 2004 meinen ersten Blogeintrag verfasst habe. Damals wollte ich auf keinen Fall, dass jemand herausfindet wie ich heiße. Sieben Jahre später ist es mir ziemlich egal. Leider nur ziemlich denn eine Restangst bleibt. Ich denke nicht, dass ich mir mit dem, was ich schreibe, schade. Weder beruflich noch in irgendeiner anderen Hinsicht. Zumal ich selten tatsächliche Begebenheiten aus meinem Leben schildere. Gefühlte 90% meiner Blogeinträge sind frei erfundene Geschichten, die maximal ihre Inspiration aus einem persönlichen Erlebnis beziehen. Nicht selten sind es nicht mal meine eigenen Erlebnisse sondern reine Alltagsbeobachtungen oder die Geschichten beziehen sich auf etwas, das mir ein anderer erzählt hat. Hinzu kommt, dass die Geschichten in der Regel stark überzeichnet sind (Ja, sorry, ich bin nicht halb so bekloppt, wie es anmutet).

Ich stelle immer wieder fest, dass einige Leser damit Probleme haben – also mit dem Erkennen bzw. Trennen von wahrer Begebenheit und unterhaltender Geschichte. Daran kann ich aber nichts ändern – schon gar nicht mit der Geheimhaltung meines Namens.
Die Leute verstehen was sie wollen und fertig.

Warum trotzdem nicht mein Klarname unter jedem Eintrag steht, hat eher etwas damit zu tun, dass ich meine Familie schützen möchte. Meine Kinder sollen von den Fehlinterpretationen einiger Leser und Kommentatoren keinen Schaden davon tragen. Deswegen lege ich Wert darauf, nicht jedes Detail meines Privatlebens preis zu geben.
Mein Kollege, Felix Schwenzel und auch andere Blogger bzw. Freunde, die unter ihren Klarnamen im Netz unterwegs sind, haben mich in der Vergangenheit immer wieder ermuntert einfach mal auszuprobieren was passiert, wenn ich meinen echten Namen benutze.
Irgendwann (vor 4 Jahren?) habe ich es gewagt. Zunächst hätte man meinen Namen nur über DENIC erfahren können, später schrieb ich ihn ins Impressum und seit einiger Zeit stehen sogar meine direkten Kontaktdaten auf meinen Seiten.

Es passierte: nichts.
Selbst wenn eine Zeitung oder irgendwer Kontakt zu mir aufnehmen möchte, geschieht das durch eine freundliche Mail. Ich habe lediglich das Gefühl, dass die Menschen lieber „Hallo Patricia“ als „Hallo der die das Nuf“ schreiben.

Sicherlich gibt es immer wieder mal eine Mail, ein Reply oder einen Kommentar über den ich mich ziemlich aufrege – aber das passiert im Leben außerhalb des Netzes ebenfalls und auch hier – ob jemand weiß wie ich wirklich heiße oder nicht – es ändert nichts an meinem Ärgergefühl. Glücklicherweise habe ich bislang nur eine Erfahrung gemacht, die sich ein bisschen spooky anfühlte und ansonsten habe ich mir noch keine Troll an Land gezogen (toitoitoi!).

Warum ich das alles schreibe?
In letzter Zeit ist mir aufgefallen, dass Menschen anscheinend eine Art Phobie entwickelt haben, dass der Gesprächspartner ein Psychopath sein könnte. (Ich beziehe mich explizit nicht auf die Fälle, die im Moment von Google+-Sperrungen betroffen sind und auch nicht auf die Fälle, bei denen ein Pseudonym ein echter Schutz ihrer Person darstellt!). Was ich meine ist folgendes:

Gestern ließ mich ein Tramfahrer mit Kinderwagen nicht in den vorderen Teil seiner leeren Tram einsteigen. Er verwies mich in den hintersten Wagenteil. Ich musste die ganze Tram mit Kinderwagen und einem weiteren Kind an der Hand entlang rennen und mich dann – nachdem der Tramfahrer tatsächlich die Türen schloss OBWOHL er mich ja nach hinten geschickt hatte – in die in der Zwischenzeit total überfüllte Tram quetschen, um dort auch noch den Unmut anderer Fahrgäste auf mich zu ziehen.
Ich bin daraufhin bis zur Endstation mitgefahren und habe den Tramfahrer gefragt, was das solle. Er hat mir sehr unsachlich erläutert, dass Menschen mit Kinderwagen grundsätzlich nicht vorne einsteigen dürften, weil es schließlich sein könnte, dass auf der Strecke ein Rollstuhlfahrer einsteigen könnte. Der hypothetische Rollstuhlfahrer und ich würden dann seinen Fluchtweg im Falle eines Brandes versperren und ich sei dann an seinem Tod schuld.
Nach einigem hin- und her, habe ich ihn nach seinem Namen gefragt, um mich mit Bezug auf seine Aussagen bei der BVG zu beschweren. Zu meinem Erstaunen wollte er ihn mir nicht nennen. Der sei irrelevant. Ich könne mich auch so bei der BVG rückversichern, dass er sich richtig verhalte und alle anderen Fahrer, die es Menschen mit Kinderwagen gestatten vorne einzusteigen, sich falsch verhielten.
Zu meiner bereits vorhandenen Wut und dem Gefühl als Frau mit Kinderwagen diskriminiert zu werden, hat mich seine Unwilligkeit seinen Namen zu sagen und damit zu dem zu stehen was er mir erzählte, sehr verärgert.

Für mich ist dies eine Art seiner Verantwortung zu entgehen. Sich aufführen wie sonst was und dann sagen: Ja Pech, ich hab aber recht und jetzt können sie abziehen und selbst wenn sie sich an offizieller Stelle beschweren, es gibt keine Beweise, dass sie sich mit mir rumgeärgert haben.

Mich entsetzt diese Haltung. Zumal das nicht das erste Mal ist. Auch auf Ämtern, auf der Straße mit Mitarbeitern des Ordnungsamtes, am Telefon mit Call-Centern (etc.) passiert es mir immer wieder, dass mir Menschen nicht ihren Namen sagen wollen.
Für mich ist die Situation zudem unsymmetrisch, denn meistens wissen die Leute im umgekehrten Fall (wg. Kundennummer und ähnlichem) ganz genau wie ich heiße und wo ich wohne. Was also motiviert die Menschen nicht mehr ihren Namen sagen zu wollen?
Denken sie wirklich, dass ich, sobald ich den Namen weiß mich in eine Wahnsinnige verwandle und sie über den Sachkonflikt hinaus im Privatleben behellige? Falls ja, ist das eine sehr bedauerliche Entwicklung, denn ich finde es wichtig, dass man zu dem was man sagt und was man fordert, steht. Zumal ich denke, dass mir so manche Frechheit erspart geblieben wäre, wenn die Menschen kurz inne halten und überlegen, ob sie das jetzt wirklich in dieser Form sagen wollen – einfach nur weil sie es mit ihrem echten Namen quasi unterschreiben.