Der Tag begann mit einer fröhlichen Anne Schüssler, die mir ihre Faust hinhielt. Es dauerte ca. 3 Sekunden bis ich verstand, dass sie sich auf einen meiner Tweets bezog.
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Da war ich also! Live im Internet! In echt! Mit lebenden Menschen! Ich war begeistert. Dieses Jahr sogar mit Internetverbindung – die ich aber gar nicht brauchte, weil ich mich wirklich mit diesen MENSCHEN unterhalten konnte.
Ein Paar Ghettofäuste später, setzte ich mich ins erste Panel „Kinderkram: „So nutzen Kids das Web“ mit SARAH PUST, CHRISTINE FEIL, SABINE FRANK,CHRISTIANE BAUMANN, VERENA DELIUS. Ich hätte die Panelbeschreibung besser lesen sollen. Tatsächlich lautete diese „In dieser Podiumsdiskussion wollen wir Macher kennenlernen: Menschen, die das Internet für Kinder prägen.“. Da hätte ich dann gewußt, dass das Thema für mich völlig an der Lebensrealität vorbei geht. Ich saß die ganze Zeit schnaubend und genervt von den Aussagen im Publikum. Was bitte sollen diese extra für Kinder Seiten? Warum müssen sie in Comic Sans sein? Warum müssen sie ein Layout aus den Anfängen des Internets haben? Warum gibt es keine Verknüpfungen, die von der Seite zu anderen Seiten führen? Was zur Hölle hat diese Kunstwelt mit Internet zu tun? Und wenn das so toll ist, wie bekomme ich mein Kind dazu, diese Seite zu besuchen und dann v.a. dort zu bleiben? Höhepunkt der Absudrität waren für mich die Chat-Angebote. Was soll mein Kind da? Wenn es chattet, dann will es mit Kindern chatten, die es kennt oder zumindest Kindern, die bei ihm in der Nähe sind. Es geht dahin, wo alle Freunde sind (oder will es zumindest) und dieser Ort heißt Facebook.
Meiner Erfahrung nach benutzen Kinder diese Angebote nicht (wenn überhaupt dann vielleicht wenn man dabei sitzt und die Kinder gerade so 6 – 7 Jahre alt sind). Die Kinder, die z.B. für Hausaufgaben recherchieren machen etwas total Verrücktes: Sie benutzen Google und Wikipedia. Was für eine Überraschung!
Was sie vielleicht wirklich anders als ich machen, ist: sie benutzen zur Recherche YouTube und schauen sich irgendwelche Videotutorials an. Aber sie benutzen diese Kinderkunstwelten nicht.
Hätte ich also die Beschreibung ordentlich gelesen, hätte ich verstanden, dass dort ausschließlich Menschen sitzen, die daran glauben, dass Kinder Kinderseiten benutzen. Ich glaube das nicht und halte das für keine Lösung. Also blieb mir nur Augenverdrehen und Schnauben. Die einzige, die aus meiner Sicht Dinge sagte, die meiner Realität entsprachen war Frau Feil:
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Selbst die wenigen Argumente, die ich theoretisch noch hätte nachvollziehen können, entpuppten sich bei genauem Hinsehen als äh naja:
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Mein Fazit: Kinderseiten sind unnötig und machen den Eltern, die weniger internetaffin sind vor, sie böten einen Schutz. Persönlich denke ich, es hilft eben nichts. Die Eltern müssen sich selber in die Materie Internet einarbeiten und mit den Kindern reden, sie begleiten, ihnen vertrauen und auch Grenzen setzen – so wie eben in jedem Thema des Lebens.
Und übrigens Gleichberechtigung. Wo mir sonst die Frauen fehlen, hat mir in dieser Runde ein Mann und Vater gefehlt.
Und P.S.: Die Moderatorin, Sarah Pust war exzellent vorbereitet und hat ihre Sache sehr gut gemacht.
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Weil es thematisch passt: Ein weiteres Panel, das ich besucht habe und das mich wirklich vom Hocker gehauen hat, war „YouTube macht die Stars von heute“ mit LEFLOID, SIMON W.[UNGESPIELT] und AMY HERZSTARK. Ein absoluter Wahnsinn. Natürlich kenne ich YouTube, aber ganz ehrlich, ich habe nicht mal einen Account da, ich habe noch nie ein Video geliket und ich habe noch nie eins kommentiert. Außer Matt von Where-The-Hell-Is-Matt kenne ich NIEMANDEN dort. Umso weggeblasener war ich, als ich hörte, dass da Menschen sind, die locker mal 90.000 Abonnenten haben. NEUNZIGTAUSEND! Mein vorvorletzter Artikel ist 25.000 Mal abgerufen worden und ich kam mir echt wichtig vor. Ich habe mir vorgestellt, dass jeder Mensch in Bamberg diesen Artikel gelesen hat. Und da sitze ich und höre, es gibt Menschen, die nicht nur 90.000 feste Abonnenten haben, sondern die eben ein Paar Millionen Klicks produzieren. Wenn ich richtig gehört habe, zum Teil 130 Millionen pro Monat. Das ist total abgefahren. Eine bislang unsichtbare Parallelwelt.
Und eine erfrischend selbstbewußte Welt dazu. Während die BloggerInnen sich noch zanken, was Relevanz ist und ob man mit Bloggen Geld verdienen kann und v.a. darf und schlimmstenfalls sogar Morddrohungen erhalten, wenn sie sich dann wirklich „verkaufen“ – gibt es auf YouTube gut organisierte Netzwerke, die es eben ermöglichen ganz locker flockig den Lebensunterhalt zu bestreiten. Mir hat die selbstbewußte Haltung von Amy Herzstark gefallen: „Ich stecke da fünf – sechs Stunden Arbeit rein! Warum soll ich denn dafür kein Geld bekommen?“
Genau! Warum soll sie nicht! Das ist ihre Arbeit. Außerdem ist sie volljährig – dann darf sie doch bitte entscheiden, mit was sie ihr Geld verdient.
LeFloid hatte das Video, mit dem er dem Publikum vorgestellt wurde, vorher seinen Abonnenten gezeigt und hinzugefügt, er habe die krassen Sachen weggelassen, weil er auf der re:publica schließlich vor Erwachsenen sitzen würde. Ein bißchen ernüchternd die Aussage – aber letztendlich hat er recht und das habe ich begriffen. Als internetaffine 37 jährige Mutter bin ich in dieser Riege alt und hab Ahnung von gar nichts und wenn wir dabei bleiben: Ich wäre sehr stolz, wenn meine Kinder Videoblogger würden und werde das ab jetzt forcieren äh fördern:
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Mein Fazit: Die re:publica habe ich in den letzten Jahren lieben gelernt, weil sie mir immer wieder völlig unbekannte Welten eröffnet hat. Dieses Jahr war es YouTube und deswegen möchte ich mich bei den Söhnen der Haeuslers bedanken. Gut, dass ihr eure Elten (und ca. 400 Leute im Publikum) mit ins Boot geholt habt.
So verstehe ich natürlich auch, warum Google heute mit JuKi eine „kindgerechte Videoplattform“ launcht. $$$
Alle weiteren Sessions ergänze ich noch. Vor allem zu der brillianten, herzöffnenden, wundervollen Laurie Penny würde ich gerne noch etwas schreiben.
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danke für deinen Beitrag und Feedback! Nur kurz zu “Ein Mann hat gefehlt” Stimmt, ich hatte erst überlegt, das zu thematisieren: Es waren auch Männer eingeladen, die dann aber aus Zeitgründen leider nicht kommen konnten. Gut, dass diese kompetenten Frauen da waren! Ich kenne das Gefühl, dass aufstößt, wenn man den Eindruck hat, die Geschlechter & Meinungen auf der Bühne sind zu homogen, denn als eine der Mitgründerinnen der Digital Media Women setze ich mich für mehr Frauen auf den Bühnen ein. Wir haben extra ein Datenbank erstellt, um mehr Frauen auf den Bühnen zu sehen. Mehr Infos dazu gibt es hier: http://www.digitalmediawomen.de/speakerinnen/
Da ich selbst viel Konzepte & Content für Kinder im Internet erstelle, fand ich es spannend, den bösen Wolf, der eher auf pädagogische Inhalte Wert legt und dafür schgon viele Preise erhalten hat, einem kommerziell orientierten Angebot wie Panfu gegenüberzustellen. Das Interessante ist: Je nachdem zu welchem Publikum man spricht, gehen die Meinungen hier weit auseinder. Das ist ähnlich wie bei Popmusik für Kinder vs. klassischer Musik. Oder „Barbie“ vs „Dein Spiegel“.
Viele Grüße und bis zum nächsten Mal, Moderatorin und Session-Orga Sarah Pust
„Warum müssen sie ein Layout aus den Anfängen des Internets haben?“
Wohl weil dort nur Eltern saßen die das nicht ernsthaft betreiben und sich nicht in kleine Kinderköpfe versetzen können. Zudem anscheinend geschmacklos sind. Viele blinkende hässliche Gifs sind nun wirklich nicht nötig und Comic Sans benutzt doch kein Mensch mehr, gehört aber wohl zu dem 90er Jahre-Blink-Style dazu.
Ich habe auch schon die Idee gehabt eine Seite für Kinder zu machen, aber auf einen Chat wäre ich nicht gekommen. Zudem weiß ich auch nicht was die anderen sich unter Kinderseiten vorstellen.
Meine wäre eher mit viel Grafik gewesen und Erklärungen. So ähnlich wie „Was ist Was“ oder dergleichen. Hätte ich Kinder würde ich zwar dafür sorgen, dass sie später im Wissen Computer nicht hinterherhinken, finde es aber auch nicht gut, wenn sie zu früh damit anfangen. So verlieren sie gleich den Bezug zu Unternehmungen etc.
„Kinderkram“… na, der Name passt ja.
du hast recht – ich saß auch in „Kinderkram“ – die Seiten sind genau wie der Titel – „Kinderkram“. Natürlich ist ein Projekt wie Böser Wolf richtig und wichtig – die Kinder machen lassen, kreativ den Umgang mit den Medien lernen, wie es Johnny und Tanja Haeusler in ihrem Buch propagieren. Aber häufig erreicht die Kinder vor dem ersten Ausprobieren im Netz schon ein kontrolliertes Verbieten.
… und ja, ein Mann hat gefehlt ;-)
gruß
Sven
oooh. lefloid! laurie penny!
es grüßt eine deiner jüngeren leserinnen (ähm?), eine, die schon lange mitliest, aber noch nie einen kommentar hinterließ. sich gerade ganz akut sehr freut, plötzlich namen aus ihrer lebenswelt in deinem rotzfrechen, unterhaltsamen, manchmal zum innehalten und nachdenken anregenden blog zu finden. und ja, irgendwie seit ihr doch die erwachsenene bloggerwelt. die alten hasen. und ihr seid ganz schön toll, aber wir machen auch geilen scheiß auf youtube. ätsch!
da machen viele (gerade die allergrößten youtuber – y-titty, dieaussenseiter, ponk, etc.) aber auch viel alltagsrassistischen, homophoben und sexistischen schrott. plattitüden über plattitüden werden in den raum gepustet. trotzdem – ich habe seit jahren meine lieblingsyoutuber abonniert und dieses netzwerk wird immer größer, jünger und ist in seinem selbstermächtigungspotential einmalig.
fleischmarkt von laurie penny sollte man den vielen erstaunten herren, für die #aufschrei total schockierend oder nur lächerlich war, um die ohren hauen. die wut und kraft, die sie vermittelt, stehen außerdem im schönen kontrast zu den verklausulierten elfenbeintürmernen feminismus-diskussionen der deutschen linksradikalen szene, die sich vorallem in seminarräumen der berliner unis herumtreibt (nicht, dass ich nicht meinen teil beitragen würde).
liebsten gruß aus’m wedding!
Danke für deinen Bericht. Wenn ich das hier und woanders so lese, reizt mich die re:publica auch schon mal. Vielleicht nächstes Jahr.
Und ja… Oha, Kinder und Internet…
Bis unser Herr Baby soweit ist, wird es wohl doch noch eine Weile dauern, aber ich mache mir trotzdem schon `nen Kopf. Ich selber fühle mich ganz wohl in der Internetwelt und sage mal, dass ich gerade das Stadium „Internetferienhaus- ich schau hier oft vorbei“ verlasse und nun in Richtung „Ich bin hier zu Hause“ wechsle. Mein Mann ist da schon eher im Netz eingenistet. Interessant ist nur die Frage wie der Baby dann irgendwann herangeführt wird, weil ich halte nix von diesen Angeboten für Kinder. Dieses aufgesetzte, krampfhaft pädagogisch wertvolle Klickibunti-Zeugs interessiert einen doch vielleicht 5 Minuten und danach will man da hin, wo alle sind. Also Facebook, Youtube, usw. (Zugegeben: Ich habe weder einen Facebook-, noch einen Youtube-Account)
Aber wenn es dann soweit ist… wie überwache ich Herrn Babys Schritte im Netz ohne ihn zu „überwachen“? Auf welchen Seiten darf er sich rumtreiben und auf welchen nicht? Wie verhindere ich einen Zugang auf Jgendgefährdende Seiten? Was ist Jugendgefährdend? Oh man… das wird echt noch spannend!
Ich wage zu behaupten, dass es diese künstlerischen Kinder-Internetseiten (inklusive des rhetorischen Überbaus, warum sie gebraucht werden) nur gibt, weil sie subventioniert werden. Da hat der Geldgeber Staat/Europa das Gefühl, etwas gutes zu tun und Künster und andere eher sonst prekär agierende Leute eine Verdienstquelle. Das kann ich niemandem verdenken, das kenne ich vom Theater.
Das Problem ist, im Internet funktionierende Angebote haben einen Markt und brauchen diese Beschränkungen auf kontrollierte, pädagogische Güte mit dem Spannungpotential von Schulbüchern nicht. Richtig innovative Sachen zu beantragen, macht eh keinen Sinn, weil der größte Teil der Entscheider der Vergabe (und Entwickler des Subventionswerkzeugs) noch älter ist als wir, Desinteresse oder Angst vor dem Internet hat und tief in der Analogkultur mit ihren redaktionell gesteuerten Einwegkanälen (Buch, Theater, Fernsehen, Ausstellung) verhaftet ist.
Ist leider frustrierend, müsste ich feststellen.
Danke für deine Zusammenfassung. Hinsichtlich Youtube und den Aktivitäten die da abgehen, war ich zuletzt auch immer wieder extrem überrascht. Bei LeFloid fragte ich mich aber gerade auch, ob der sich das wirklich alles selbst ausdenkt und produziert oder doch eher produziert wird.
Erinnert mich zudem auch sehr an Sascha Pallenberg, der, ich meine 2011, Einblicke in seine Youtube Statistiken gab und damit auch schon eine Art Vorschau auf die Youtube-Entwicklung projezierte.
Wenn ich in diesem Jahr schon nicht dabei sein kann, freue ich mich umso mehr über solch schöne Zusammenfassungen. Danke dafür und Glück auf nach Berlin!