Neulich war ich in der neuen Nationalgalerie. Hauptsächlich weil ich ca. 10 Jahre nicht mehr da war und da dachte ich mir: es ist doch mal wieder Zeit.
Was für ein Glück, dass ich diesen Gedanken hatte, denn ich fand es absolut fantastisch.
Zum einen hat mich die „Nebelskulptur“ von Fujiko Nakaya im Skulpturengarten fasziniert*.
Wobei ich „Nebelskulptur“ in Anführungszeichen geschrieben habe, weil ich finde, dass der Begriff eine falsche Assoziationen weckt. Was eigentlich passiert, ist, dass zur jeder vollen Stunde Nebel aufzieht, der sich je nach Wetter- und Windlage formt. Nebel ist fantastisch. Ich erinnere mich noch an den Nebelraum von Olafur Eliasson im Martin Gropius Bau, der mich damals sehr beeindruckt hat.
Dichter Nebel ist mystisch. Er kann in Sekunden erscheinen und so dicht sein, dass man im wahrsten Sinne des Wortes die Hand vor Augen nicht mehr sieht. Man ist von einem zum nächsten Augenblick auf sich ganz alleine gestellt, völlig isoliert von den Menschen, die vielleicht eben noch neben einem standen. Er kann wabern und aufsteigen, wirbeln und sich verlaufen. Der Raum ist gleichzeitig dicht an einem dran und unendlich groß.
Wenn ihr in Erwägung zieht, euch das anzuschauen: Die Skulptur kann man immer zur vollen Stunde sehen. Dafür muss man pünktlich im Garten sein. Exakt zur vollen Stunde wird der Garten abgeschlossen und erst mit Abschluss der Performance wieder geöffnet. Die Wärter*innen kennen keine Gnade. Wenn die Atomzeituhr die volle Stunde zeigt, ist es zu spät.
Was auch nicht auf der Website steht: Ist es heißer als 30 Grad, gibt es keine Nebelskulptur.
Ein unerwartetes Hilghlight war die Retrospektive von Lygia Clark.
Wahrscheinlich v.a. deswegen weil ich Fan davon bin, dass man in Museen Dinge anfassen darf. Denn was ich anfassen kann, kann ich auch be“greifen“ (außerdem ist das gut fürs Immunsystem und wenn man an dem Tag noch etwas fermentieren will: Gold! All die Hefekulturen aus den anderen Händen!). Ob das dann das ist, was die Künstlerin ausdrücken wollte … keine Ahnung, aber ich habe dann einfach eine Sinneserfahrung und eigene Gedanken und Gefühle dazu.
Jedenfalls kann man da eine Eizelle sein und heranwachsen und geboren werden. Man kann verschiedene Dinge anschwabbeln und durch Brillen „Óculos“ schauen, die Spiegel haben, so dass man sich selbst in die Augen schauen kann (aber anders als im Badezimmerspiegel. Das Gefühl war ziemlich genau zwischen Grusel und Entzücken. Ich hab mal gelesen, dass der Sehnerv sehr dehnbar ist und man deswegen Augen auch ziemlich weit aus dem Kopf ziehen kann und mich immer gefragt, was passiert wenn man ein Auge aus dem Kopf zieht und damit dann das andere anschaut. Das Erlebnis mit der Brille ist ganz kurz davor.).
Ganz friedlich hat mich der Ausstellungsteil von Yoko Ono gemacht. Da gibt es einen Berg zerschlagenes Geschirr und die Idee ist, dass man die unterschiedlichen Scherben wieder neu zusammensetzt. Wenn man fertig ist, kann man sein Werk in ein Regal stellen und ich fand es rührend wie geduldig die Besucher*innen da kaputtes wieder zusammensetzen.
Es fasziniert mich auch, wie viele Wege es gibt diese Aufgabe umzusetzen. Mir haben die Scherbenkunstwerke der anderen wirklich sehr gefallen.




Für jeden zukünftigen Konflikt mit Menschen, die man liebt, kann man weißes Schach spielen. Beide Parteien haben weiße Figuren. Nach ca. zehn Zügen weiß man nicht mehr, wem welche Figur gehört. Der Kampf um den Sieg löst sich in Luft auf..
Man kann außerdem noch Steine stapeln, Kraniche falten und Möbiusbänder schneiden (was man wirklich sehr, sehr lange machen kann) und Wünsche an einen Wunschbaum hängen. Alles, was das Bastelmutti (und VATI!) herz begehrt.
Was mir an der Dauerausstellung sehr positiv aufgefallen ist: Sonst sind Frauen ja eher nackte Motive auf Gemälden… hier gab aber wirklich richtig viele Künstlerinnen, die ausgestellt wurden.
Sehr ins Herz geschlossen habe ich die Fotoserie „Küchenkoller“ von Anna Blume und die gigantische Handtasche von Cosima von Bonin. Man will sie streicheln und sehen, was drin ist. Mich hat sie an meine Mental Load Handtasche erinnert, die ich gerne zu Vorträgen mitbringe, um zu zeigen, was man alles mit sich rumschleppt, weil man für alles gewappnet ist.

Übrigens: Den Eintrittspreis find ich heftig (20 Euro). Wie toll ist es dann, dass Donnerstag ab 16 Uhr der Eintritt kostenlos ist? Für Kinder und Jugendliche unter 18 ist der Eintritt an allen Tagen kostenlos.
*zu bewundern bis 14.09.25