Seit meinem 28. Lebensjahr bin ich nahezu komplexfrei. Sehr hartnäckig hielt sich mein Batzen-Komplex. Die Induzierung des Komplexes ist eindeutig nachvollziehbar und betrifft auch andere weibliche Mitglieder meiner Familie.
Als ich nämlich ein Baby war und aussah wie eine zusammengestauchte Weißwurst, nannte meine Mutter meine dicken Ringelfettbeinchen Bätzchen.
Das Fett verwuchs sich, doch das Wort verlor lediglich seine Verniedlichung. Wenn ich heute Bilder aus meinen Teenagerzeiten sehe, hätte ich ob meiner wunderbaren langen und sehr schlanken Beine locker bei den Bewerberinnen von Germanys Next Topmodel mitstaksen können. Dennoch nannte meine Mutter meine Beine Batzen.
Das war zu viel für meine zarte, pubertierende Teenagerseele. Die Batzen folgten mir an jeden Ort. Sätze wie „Ach, im Bikini kommen Deine schönen Batzen so richtig zur Geltung“ oder „Der Rock betont Deine Batzen ganz bezaubernd“ ließen mich einen ausgesprochenen Schlabberhosenfreund werden.
Als ich neulich mein Kind wickelte, entwich mir tatsächlich: „Ohhhh, Du hast ja süße Bätzchen!“ Ich habe mich sofort mehrere Stunden ausgepeitscht.
Meine Beine heißen Stempel. Außerdem klingt es „merkwürdig“, wenn ich singe und „so schmal wie meine Brüder“ bin ich auch nicht. Tja. Jeans und Schlabberpulli für den Rest meines Lebens. Und singen tu ich auch bloß noch, wenn mich niemand hört. Ab Tempo 60 ungefähr.
Und ich kenn Batzen nur von den Wombatzen.
Aber das Problem mit Eltern, die meinen ihren Kindern sagen zu müssen, wo sie überall komisch sind, ist auch Teil meiner Erinnerung. Zum Beispiel laufe ich sehr komisch. Aber erst seit ich 16 wurde. Vorher hat mir das meine Mutter nicht gesagt. Na, dann lauf ich halt komisch. Und ich hab ja keine Kinder, an die ich das weitergeben muss :)
Wenn es sie dazu bringt, in der Pubertät nichts Figurbetontes, sondern nur Schlabberhosen zu tragen, nenne ich meine Töchter ab heute nur noch Bätzchen! :-)
Da geht der väterliche Schutzinstinkt voll mit mir durch.
Ich kenne Batzen nur als Süßigkeit:
So eine Art gnubbeliger weicher Lakritz in Zucker gewälzt.
Naja… und bei dem Begriff „Ein Batzen Gold“