Gibt man bei mir in die Suche „Geiz“ ein, bekommt man bestimmt 200 Beiträge zu dem Thema. Deswegen nutze ich verschiedene Gutscheinportale, um mir den ein oder anderen Luxus zum günstigen Preis zu gönnen – wohlwissend dass die Unternehmen, die diese Gutscheine ausgeben, die Hälfte an den Gutscheinseitenbetreiber abdrücken und den Preis meistens um gut 60% senken.
Aber was solls. Jeder hat so seine dunklen Seiten.
Jedenfalls gehört der Besuch beim Kosmetiker für mich zu diesen Luxusdingen, die ich mir zum vollen Preis niemals leisten würde. Wenn man also jeden Monat zu einem neuen Kosmetiker geht, erlebt man viele aufregende Dinge.
Heute z.B.. Ich muss ehrlicherweise sagen, heute habe ich ganz kurz überlegt, ob ich gehe und zwar schon beim Anblick der Außentür. Kein Schild, nur ein ausgedruckter Zettel der an die Innenseite der Außentür geklebt war.
Da die Tür verschlossen war und es keine Klingel gab, klopfe ich leise an die Tür. Ein Vorhang geht auf und durch die verschlossene Tür brüllt eine stark blondierte Frau: „ESSE ISTE NOCH NISCHTE ÖLF!“. Ich schaue verwundert und nach einigen Sekunden des Zögerns, öffnet die blonde Frau die Tür. „Aufa meine Uhra ist es ACHT vor ölf!“.
Ich zucke mit den Schultern. Wir schauen uns an. „Na gutte, dann setze sie sisch“.
Der Kosmetiksalon ist ein Raum, abgetrennt durch einige Vorhänge. Erinnert mich ein bißchen an die amerikanischen Notaufnahmen, die man so aus dem Fernsehen kennt.
Ich setze mich auf den einzigen Stuhl den es dort gibt. Er steht vor der Toilette. Die Blondine rauscht an mir vorbei. Innen höre ich, wie sie das Wasser anstellt. Dann infernalisches Pupsen. Die anschließenden Geräusche versuche ich zu ignorieren indem ich mir die Hände auf die eigenen Ohren klatsche und leise sage: Happy place! Happy place!
Die Kosmetikerin stellt das Wasser aus, öffnet die Tür, eine dezente Wolke der Verwesung schlägt mir entgegen und die Dame sprüht gut 20 Sekunden lang mit einem Raumlufterfrischer Geruchsrichtung Frühling in meine Richtung. HAPPY PLACE! HAPPY PLACE!
Ich darf auf der Liege Platz nehmen, soll mich aber vorher ausziehen. „Ausziehen? Ich hab nen Gutschein für ne Gesichtsbehandlung?“ „AUSZIEHE!“. Na gut, denke ich und ziehe mein T-shirt aus. Das muss reichen.
Sie leuchtet mir mit einer Baulampe direkt in die Augen. „OHHHH ARRGGGHH RRRR! Wann ware sie das letzte Malle?“ Ich denke: „Hat sie Hände gewaschen? Hat sie die Hände gewaschen?“ und kläre sie über meinen letzten Besuch beim Kosmetiker auf.
Sehr schlechte Haut, hätte ich. Da sei quasi fast nix zu machen. Pfuscher seien zuletzt am Werk gewesen. In Berlin könne ja jeder Kosmetiker werden. Erweiterte Kapillare hätte ich. Alles in allem ziemlich furchtbar.
Sie drückt mir ohne Vorankündigung zwei Wattepads auf die Augen. Dann schmiert sie mir seltsam riechende Dinge ins Gesicht und verlässt mich. Natürlich ohne etwas zu sagen. Ich versuche, weil ich nichts sehen kann, zu erlauschen was sie wohl macht. Eine Tür ist geöffnet worden. Zum Hof. Ich vermute sie steht an der Wand und raucht. Es riecht jedenfalls so. Dann höre ich Getrippel und Gekichere. Etwas pickst mir ins Gesicht. Lautes Gelächter, schnelle Schritte. Eine Tür wird zugeschlagen.
Ich warte. Wie lange wohl die Maske einwirken muss? Während ich grübele, bekomme ich merkwürdige Gedanken und sehe Schlagzeilen in Tageszeitschriften: „Hilfe kam nach sechs Stunden. Berlinerin verlassen im Kosmetiksalon.“, „Ahnungslose Berlinerin bei angeblicher Kosmetikerin mit Flüssigedding eingerieben.“ und am Ende „Die Geliebte des Serienmörders bekennt: Das habe sie alles nicht gewollt!“.
Leichte Panik steigt in mir hoch. Doch noch ehe ich vom Behandlungsstuhl aufstehen kann, kommt die Kosmetikerin zurück. Sie beginnt jetzt unter Flutlicht an mir rumzuquetschen. Ich atme mich wie bei den Geburten in Trance, was sie zu schätzen weiß: „Andärä Kundän habene an diesrrr Stelle geweinet.“
Am Ende meiner preisgünstigen Behandlung wanke ich rot, verquollen und glänzend wie eine Speckschwarte aus dem Beautysalon. 24 Stunden solle ich das so lassen. Ich bete, dass mir auf dem Weg nach Hause niemand begegnet, den ich kenne.
Symbolbild: Speckschwarte
P.S. Wer Namen und Telefonnummer des Ladens haben möchte, um auch mal was spannendes zu erleben, bitte in den Kommentaren melden.
Sowas ist uns auch passiert, jedoch in Essen.
Wir Mädels wollten uns einen netten Beautytag machen. Die reinste Katastrophe. Das bester war noch, dass zwei Freundinnen gefragt wurde, als sie auf uns gewartet haben (wir waren zu viert und immer zu zweit in Behandlung), ob sie mal eben die Post wegbringen können. Und eine Gesichtskundin (Mitesser und unreine Haut wie wir sofort erfahren konnten) wurde sofort sehr „steril“ im Eingangsbereich behandelt. Direkt vor unseren Augen.
Gutscheinportal und seriöse Kosmetikbehandlung?! Nein, Danke! Egal ob Berlin, Essen oder sonst wo.
Aber es war doch REDUZIERT!!! Und das ist das einzige, auf das es ankommt :-)
Hach! Ich wollte ohnehin mal wieder nach Berlin, mir hat nur der richtige Anstoß gefehlt! Und wir haben sowieso über nen Wellness-Trip nachgedacht…also wo ist diese Perle der Entspannung Kosmetik zu finden? Bittteeee. ich war noch nie bei ner Kosmetikerin :D
Adresse, bitte :D
Ich musste so lachen. Großartig! Danke!
wert frau nuf, in zeiten wie diesen mich zum lachen zu kriegen ist schwer. sie haben es eben geschafft. danke dafür! ich weiss, warum ich kosmetikstudios bisher vermieden habe….. bewundernswert übrigens ihr durchhaltevermögen- ich vermute, ich wäre beim raumspray bereits geflüchtet.
Huch!™
Ich wäre ja schon bei «AUSZIEHE!» zum Auszug übergegangen, aber in der Bedeutung wie in «Bremer Stadtmusikanten». Das aber mit Pauken, Trompeten und Geschrei.
Hach. Ich lieg hier mit einem „grippalen Infekt“ herum und das is glaube ich das erste Mal, dass ich heute gelacht hab, danke!
Ja, jede Menge Haut, immer noch (10 Std später) prima glänzend. Denke, sie hat mich lackiert.
Omg,das klingt ja grauenvoll. Und wie schaust du jetzt aus? Noch Haut im Gesicht??