Durch die sozialen Netzwerke geistert ein Bild eines kleinen Jungens in einem Autositz. Der Junge sieht herzzerreißend elendig aus und auf seiner Brust ist alles voll mit seinem eigenen Erbrochenen.
Die „witzige“ Story dahinter: Der Junge hat sich vollgekotzt, der Vater war völlig überfordert und textet seiner Frau, dass er selbst jedes Mal brechen muss, wenn er versucht das Kind sauber zu machen. Eine Dame, die das beobachtet, alarmiert darauf hin die Polizei, weil sie glaubt, der Vater sei betrunken.
Witze-Seiten, Frauenzeitschriften, private Accounts teilen dieses Foto. Darunter lachende Smileys, lols, endlose Likes.
Mich macht das wirklich wütend.
Aus zwei Gründen:
Erstens: In der Debatte Kinderfotos im Netz ist scheinbar die allergrößte Mehrheit gegen das Zeigen von erkennbaren Kinderfotos. Der Ton in dieser Diskussion ist mitunter unter aller Kanone. Ich erinnere mich an einen Beitrag, in dem eine Fotografin bekennt, Fotos ihres Kindes zu veröffentlichen. Wenn man sich die Fotos anschaut – alle wunderschön. Die Kommentare darunter unfassbar. Es geht so weit, dass man ihr sagt, wenn das Kind nun von einem Pädophilen entdeckt würde, es wäre ihre Schuld. Gekeife, Hetze, Widerwärtigkeiten.
Kinderfotos im Netz? AUF KEINEN FALL. Alle Eltern, die sowas tun, direkt in die Hölle.
Genau diese Meute teilt nun lachend das Bild des vollgekotzten Jungen. lol lol lol.
Wenn es nämlich ums Teilen anderer Leute Kinderfotos geht, v.a. wenn sie entwürdigend sind (das ist ja nicht das erste Foto, das ein Kind vollgeschmiert mit Ausscheidungen irgendwelcher Art zeigt), dann kann man sie ruhig teilen. Ist ja lustig! So, so lustig. Nicht.
Für mich verletzt dieses Bild die Würde und die Privatsphäre des Kindes. Es zu liken oder zu teilen halte ich für falsch.
Die Bigotterie mit der die Kinderfotos im Netz Debatte an dieser Stelle geführt wird, macht mich wütend.
Kinder am Spielplatz? Auf dem Schulweg? Im Café? Im Garten? Alles verboten. Eltern, die sowas teilen, egomane Widerlinge, klickgeil.
Der vollgekotzte Junge in seinem Autositz? Haha, gleich mal teilen.
Zweitens: Der Vater (wahrscheinlich nehme ich ihn zu unrecht in Schutz, der Screenshot seines Messengers zeigt den Namen seiner Frau. Das legt nahe, dass er die Screenshots selbst gemacht und geteilt hat).
Also besser das Vaterbild über das hier alle lachen. Idiot Dad. Haha. Die Frau geht mal einen Abend weg und dann passiert sowas und weil der Vater wahrscheinlich noch kein einziges Mal Kotze aufgewischt hat in seinem Vaterleben, ist er total überfordert. Haha.
Das ist so kontraproduktiv. So wie die Blogartikel über Väter, die zu doof sind ihre Kinder ordentlich anzuziehen. Haha.
Ich musste das übrigens auch lernen. Erster Stein und so. Den kann ich nicht werfen. Dennoch: Wie schön wäre es, wenn solche Bilder einfach nicht geteilt würden? Wenn sie einfach ignoriert werden würden und wenn das Kind jetzt nicht aufwachsen müsste mit der Tatsache, dass „jede/r“ im Internet jetzt diese „lustige“ Familiengeschichte kennt.
(Im Übrigen weiß ich, dass es auf eine gewisse Weise paradox ist, diesen Artikel zu schreiben, aber da ich mich im Rahmen der Kinderbilder im Netz Debatte so intensiv mit diesem Thema beschäftigt habe, passt sie einfach sehr gut in diese Doppelmoral derjenigen, die Eltern verteufeln, die alltägliche Kinderfotos ins Netz stellen und gleichzeitig solche entwürdigenden Fotos liken).
Rant Ende.
Ich finde solche Bilder auch unter aller Kanone, man will sich die tatsächliche Situation für das Kind gar nicht vorstellen. Bäh!
Die Vorstellung, dass jemand sein vor sich hin leidendes Kind überhaupt fotografiert, aus „Lustigkeitsgründen“, ist mir zuwider. Wem schon mal so richtig übel war, so richtig sterbenselend, der sollte wohl wissen, dass fotografiert zu werden zu den letzten Dingen gehört, die man sich dann wünscht. Und das gilt für Kinder gleich doppelt.
Natürlich nehme ich medizinische Gründe mal aus: „Ups, dieser Ausschlag sieht schlimm aus, ich mache lieber ein Foto für den Arzt zur Sicherheit“. Aber solche Bilder teile ich dann wohl kaum im Netz.
Die Selbstbezogenheit des genannten Vaters macht mich wütend und traurig.
Es ist nur so, dass eine nicht unerhebliche Zahl an Menschen die Schönheit im Internet nicht sieht und lieber von einem vermeintlichem Witz zum nächsten springt. Leider.
P.S. Ich kenne das Foto nicht, aber teilen das Foto wirklich die Menschen, die sich zuvor bei anderen Posts zum Thema „Kinderfotos“ herablassend darüber äußern? Gar die Menschen beleidigen, die Kinderfotos ins Netz stellen? Wenn ja, so würde das zu großen Teilen sehr gut zum Zustand des momentanen Internets passen.
Das war zu allgemein von mir ausgedrückt. Es ist „die Leserschaft“ einer bestimmten Seite auf fb. Ob das wirklich die selben Personen sind, weiß ich nicht. Da war ich undifferenziert.
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Genau!
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@dasnuf Ich kenn das Bild nicht, finde aber diese „lustigen Videos“ mit den Halloween-Kindern auch nie lustig.
@dasnuf ich suche immernoch die Stelle zum Lachen, mir tut das Kind einfach nur leid.
@dasnuf Volle Zustimmung, aber die Frage ist doch, ob dieser kleine Teil tatsächlich zutrifft?
Die @dasnuf und ich haben verschiedene Meinungen zu Kinderfotos im Netz, aber hier sind wir uns einig: twitter.com/dasnuf/status/…
Ich finde die ganze Diskussion um Kinderbilder im Netz typisch deutsch, denn wenn ich mir so die Blogs im englischsprachigen Raum anschaue, zB aus den USA, England oder Irland, ist es völlig normal seine Kinder zu zeigen. Und ich finde es toll, man bekommt einen viel besseren Einblick in den Familienalltag und fühlt sich den Bloggern viel näher. Diese „lustigen“ Videos sind ja auch meistens nicht aus Deutschland. (Und nicht lustig.)
„mich verletzt dieses Bild die Würde und die Privatsphäre des Kindes. Es zu liken oder zu teilen halte ich für falsch.“
Das finde ich auch. Für mich ist meist ein guter Weg mich zu fragen „Wenn ich das wäre, würde ich das okay finden?“ Und immer wenn man mit „eher nicht“ oder “ nein“ antworten kann, Finger weg vom „Posten“ Button.
Kennt ihr das Video, in dem der Junge vom Zahnarztbesuch benebelt im Auto vor sich hin brabbelt? Das fand ich sogar noch schlimmer und auch überhaupt nicht lustig.
@dasnuf Aber bitte, wo kämen wir ohne Doppelmoral hin? Dann hätte doch alles Internettige überhaupt keinen Sinn mehr!
Du hast so recht!
Ich freue mich bei derartigen Rants immer, wenn ich festelle, dass ich das Bild nicht kenne.
Bravo! Ich hätte am liebsten vor Entsetzen gekotzt, als ich gesehen habe, wer das alles saulustig fand.
es ist so unverständlich – abzudrücken wenn das kind derart elendiglich beinand ist…..gute und klare worte dafür gefunden! danke dafür.
(es sind diese sachen, die mich meinen fb account haben löschen lassen.)
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Irgendwie frage ich mich auch wen so etwas interessiert. Will ich Fotos von vollgekotzten Kindern sehen oder von betrunkenen Erwachsenen ? Nö.
Zugegebenermaßen: ein Mißgeschick kann amüsant und bestenfalls charmant sein, aber Menschen bloßzustellen traf noch nie meinen Humor.
@dasnuf @soethof Wie kommt man überhaupt auf die Idee sein vollgekotztes Kind zu Fotografieren?
Ja, das ist auch ätzend.
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@dasnuf Die Eltern solch „lustiger“ Fotos stellen sie ja bewusst ins Netz, damit sie geteilt werden. They’re to blame, nicht die Teiler.
Das sehe ich anders. Die Teiler machen, dass das bekannt wird und Aufmerksamkeit bekommt. Wie sähe es denn aus, wenn das Bild/der Account geleakt, gehackt wurde?
… die Gefahr, gehackte Bilder ungewollt verteilt zu bekommen ist ein bisschen korreliert mit dem Motiv, will sagen, Nacktbilder von Frauen gehen da schneller rum, als irgendwelche Kinderphotos …
Und dann muß ja auch mal jemand den Auslöser gedrückt haben, aus Gründen.
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