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Da es in den 80ern und 90ern nur drei Fernsehprogramme gab, schaute man gemeinsam mit den Eltern einige wenige Fernsehhighlights. Neben „Wetten daß?“ gehörte „Der große Preis“ ebenfalls dazu. Zwischen 1977 bis 1981 lag die durchschnittliche Sehbeteiligung bei 51 Prozent. Es ist also nicht verwunderlich, dass ich ein weiteres Schockerlebnis meiner Kindheit mit einer Folge von „Der große Preis“ verbinde, bei dem ich aufgeregt auf den letzen Kandidaten wartete, der vorgab Jura studiert zu haben. Ich war fast sechzig Minuten gespannt wie ein Flitzebogen welche Fragen er zu den Dinosauriern stellen würde und ob ich mithalten könnte. Schließlich konnte ich siebenundzwanzig Dinosaurierarten auswenig! Während ich im Geiste aufgeregt aufzählte: Herrerasaurus, Staurikosaurus, Caseosaurus, Ceratosaurus, Noasaurus, Masiakasaurus, Velocisaurus, Thecodontosaurus, Agrosaurus … […] kam der letzte Kandidat endlich an die Reihe.
Als er mit seinen Fragen begann, war meine Enttäuschung grenzenlos.

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Eine Kindergärtnerin berichtete, dass sich dieses Jahr außergewöhnlich viele Kinder entschieden hatten, die Faschingszeit als Gespenst zu bestreiten. Das hat mich überrascht. Ich ging davon aus, dass Kinder eigentlich immer Prinzessin, Cowboy oder Pirat sein wollen. Sich als Gespenst zu verkleiden hielt ich sowohl für kreativ als auch für elternfreundlich. Statt stundenlangem Nähen, schminken oder kostspieligen Fertigkostümen befriedet ein Bettlaken alle kindlichen Verkleidungswünsche auf einmal.
Umso erstaunlicher auf einen Kita-Fasching zu kommen und zwanzig kleinen Gespenstern zu begegnen.
Ich habe lange nachgedacht, wie die Kinder auf ihre Verkleidung kommen und wie gewöhnlich fiel mir die Antwort im Halbschlaf ein. Die Gespensterverkleidung ist Spiegelbild der Wirtschaftskrise. Kinder sind es gewohnt im Dunkeln zu leben. Trüge man ihren auf einen typischen Elternsatz zum Besten zu geben, so lautete der zweifelsohne: „Schatz. Mach das Licht aus, das is zu teuer wir ham doch kein Geld seit Papa arbeitslos is!“

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Heute habe ich darüber nachgedacht, ob ich einen neuen MP3-Player brauche. Mein alter, mit sage und schreibe 64 MB ist jetzt fast fünf Jahre alt und sein damaliger Preis in Höhe von 75 DM hat sich schon lange amortisiert. Aus Prinzip denke ich natürlich nicht daran mir einen iPod zu kaufen. iPod-Käufer gehören zu den klassischen Opfern einer gut funktionierenden Marketingstrategie. iPodähnliches gab es schon lange – nur billiger. Da hat es niemanden interessiert und dann kommt iPod und alle wollen es haben. Allein die Speicherkapazität* ist völlig bescheuert. 40 GB. Wie viele Menschen gibt es, die das wirklich brauchen? Selbst wenn ich alle meine CDs (und ich meine ALLE: auch die ersten, die ich Ende der 80er Jahre erstanden habe, Stichwort Leila K …) auf so ein Ding packe – ich bekomme es im Traum nicht voll. Persönlich kenne ich nur zwei Menschen, die aufgrund des Umfangs ihrer CD-Sammlung 40 GB voll bekommen würden. Beide würden jedoch nie ein neumodisches Teil wie den iPod kaufen, geschweige denn benutzen. Für Menschen wie mich, die unter großen Entscheidungsschwierigkeiten leiden, ist das ohnehin ein Gerät des Teufels.
– So jetzt höre ich Scissor Sisters. (10 Sec) Hm, lieber das andere Lied. (9 Sec) Oder vielleicht doch lieber Missy Elliot? (10 Sec) Ach ne, ich hab Lust auf Jack Johnson (20 Sec). Boah Carla Bruni wärs jetzt eigentlich eher.
Unerträglich.
Inakzeptabel auch der Preis. Bei apple sowieso – aber auch bei den anderen Anbietern.
Wie gesagt, ich hab nur kurz darüber nachgedacht. Aber ich gehöre eben nicht zur Zielgruppe. Ich bin marketingresistent. Kein Wunder, diese 3-D-Bilder kann ich auch nicht sehen.

*nuf hat auch schon mitbekommen, dass es verschiedene Größen gibt.

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Das Thema Neid durchzieht wie ein roter Faden meine Biografie. Es gibt eigentlich kaum einen Tag an dem ich nicht irgendwas neide. So neidete ich heute den unerschütterlichen Willen zur Schönheit bei einigen Frauen. Die laufen ohne Stiefel, ohne Schal, am besten ohne Unterhemd (die Nieren!!!) und Strümpfe (die Eierstöcke!!!) im Minirock durch den kältesten Wintersturm. Ganz so wie Giunevere in King Arthur. (Das arme Ding trägt den ganzen Film über nur ein zusammengenähtes Bettlacken. Später hat sie gar die gesamte Kleidung verbummelt und versucht ihren Busen notdürftig unter zwei dünnen Ledergürteln zu verstecken.)
Jedenfalls kenne ich ein solches Verhalten aus meinen frühen Twenjahren, in denen ich um nichts in der Welt meine stundenlang gekämmte Frisur durch das Aufsetzen einer Mütze gefährdet hätte. Doch wenn man älter wird, dann hat man es satt zu frieren und so entschließt man sich eines Tages dicke Stiefel, Schal und Kopfbedeckung zu tragen und nimmt es in Kauf wie eine Preßwurst auszusehen. Kaum auf den Geschmack gekommen, will man jedoch nie mehr davon ablassen.
Und doch, wenn ich also warm eingepackt durch die winterliche Landschaft laufe und die edlen Damen sehe, die so tun als sei es Sommer, so neide ich ihrer Willenskraft. Ich glaube denen, die es schaffen, diesen Irrsinn über das 28. Lebensjahr hinaus durchzuhalten, steht eine große Führungskarriere bevor. Jedenfalls wenn sie bis dahin nicht erfroren sind.

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Wäre ich Großmutter und hätte ich eine Enkelin, die bereits im arbeitsfähigen Alter ist, würde ich ihr folgendes raten: „Liebe Enkelin, wenn es an einem Seminarort eine schöne Therme gibt und Du einen Tag vor Beginn der Tagung anreist, gehe auf keinen Fall in diese Therme, denn alle anderen, haben genau die selbe Idee. Das wäre Dir sehr peinlich, denn sicherlich möchtest Du Deine neuen Kollegen nicht alle nackt kennen lernen, nicht wahr?“