Ich glaube nicht, dass Frisöre während ihrer Ausbildung auf die unglaubliche Verantwortung vorbereitet werden, die sie bei der Ausübung ihres Berufes zu tragen haben.
Auch sind sie ihm Gebiet psychologische Betreuung nur sehr unzulänglich ausgebildet. Deswegen werde ich mich bald selbständig machen und eine Seminarreihe für das Frisörhandwerk anbieten:
Teil 1: Die Tücken der Kommunikation. Wittgensteinsches Kommunikationsmodell, nicht was ich mit einem Ohr höre sondern was der Kunde sagt, ist wichtig.
Teil 2: Ziele in Etappen erreichen. Warum ich nicht erst zehn Zentimeter abschneide und dann erkenne, dass ich einen Fehler gemacht habe.
Teil 3: Mit Katastrophen umgehen lernen. Wie ich meinem Kunden nach Verschneiden der Frisur doch noch ein Lächeln aufs Gesicht zaubere.
Der gewiefte Leser mag es bereits ahnen: ich war gestern beim Frisör.
Bis auf die letzten beiden Male war ich immer äußerst zufrieden. Die Auswahl an Frauenzeitschriften war groß, die Öffnungszeiten für die stressgeplagte Bürofrau hervorragend geeignet und die Damen und Herren FrisörInnen bestens qualifiziert. Jedenfalls bis auf eine. Die lernte ich bereits das letzte Mal kennen. Mareike hat sich in den Kopf gesetzt jeden Kunden in weniger als fünf Minuten abzuwickeln. Dementsprechend ist ihr Haarschneiderepertoire etwas begrenzt. Unabhängig davon, was die Kundin wünscht, Mareike schneidet die selbe Frisur. Die steht dem einen besser und dem anderen schlechter.
Letztes Mal hat sie sich jedoch beherrscht und ich konnte die Frisur am Ende noch durch geschicktes Hin- und Herkämmen retten.
Gestern setze ich mich also um 20 h in den Frisörladen, sammle vorher noch alle Galas und Brigittes und zähle sieben Damen, bevor ich an der Reihe bin. Mareike hat drei von meinen Vorgängerinnnen unter die Schere bekommen und so war ich sehr bereits voller Hoffnung, dass ich diesmal nicht zu ihren Opfern zählen würde.
Weit gefehlt. Mareike ist ja vier Mal so schnell wie die anderen und so schaue ich als ich endlich an der Reihe bin, von meinem überaus interessanten Galaartikel hoch, als Maraike sich langsam in Gang setzt.
„Nein, nein, nein! Bitte nicht die, nicht die, bitte, bitte“
„Wer ist der nächste?“
Ich halte meine Nase noch tiefer in meine Zeitschrift, hoffe inständig eine andere möge sich vordrängeln. Doch in Deutschland herrscht Zucht und Ordnung und so rufen die Mitwartenden im Kanon: „Die da!“ und zeigen auf mich.
„Oh, mein Artikel ist grad so interessant, wollen sie nicht zuerst?“
Kollektives Kopfschütteln.
„Mist!“
Ich stehe auf und folge der Frisörin opfergleich auf die Schlachtbank.
„Wie willstes denn haben?“
„Ähm, ja. Also ich hab da ein Bild dabei von dem einen Mal, wos mir so gefallen hat“ Ich zücke das Bild. Mareike nimmt sich fünfzehn Millisekunden Zeit das Bild zu betrachten und beginnt zu schneiden. Noch ehe ich protestieren kann, ist die Hälfte vom Pony ab und sie sagt: „So?“ „Ha, ha, ne länger.“ “Naja, länger geht ja nun nich mehr.“ “Ach, wär ich ja nie drauf gekommen.“ Diskussion beendet. Frisur drei Minuten später auch.
Das ich völlig verhunzt aussehe, zeigt der nachfolgende Gesprächsverlauf.
22.30 h. Ich besuche meinen Ex-Mitbewohner, um ein Buch abzuholen. Ich trete ein.
Er: „Oh warst DU beim Frisör?“
Ich, denkend: „OMG! Er kann es sehen, das heißt nichts Gutes.“, sagend: „Ich seh aus, wie n Rehpinscher.“
Er NICKT, sagt: „Naja, ganz so schlimm ist es (Pause der Überwindung) nicht…“
Die Wahrheit ist – es ist grauenhaft. Ich sehe aus wie ein Monster. Am liebsten würde ich mich mindestens acht Wochen krank schreiben lassen, die Schlampe wegen Körperverletzung verklagen und mir Hausarrest verpassen.
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„I want to be famous. Really famous. I want to be so famous that movie stars
hang out with me and talk about what a bummer their lives are. I want to
beat up photographers who catch me in hotel lobbies with Winona Ryder. I
want to be implicated in vicious rumors about Drew Barrymore’s sex parties.
And, finally, I want to be pronounced DOA in a small, tired LA hospital
after doing speedballs with Matt Damon.“
*seufts* Ich auch, Herr M. Barry, ich auch. Eben nur nich mit der ollen
Heulboje Winona.
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Don’t des Tages: Bepackt mit Handtäschchen, U-Bahn-Lektüre in der einen
Hand und zwei Latte Macchiato, einem eingepackten Brownie und einem
Salamibaguette in der anderen Hand eine Treppe hochlaufen, die zwischen den
Stufen Hohlräume hat. Es könnte nämlich passieren, dass man stolpert, das
Essen verliert und es mit dem Fuß versehentlich durch den Zwischenraum
kickt und dann hört, wie die Nahrungsversorgung des Abends eine Zeit lang
raschelnd fällt und mit einem lauten *klatsch* zwei Etagen weiter unten auf
dem Boden landet.
Hätte man eigenständig unter die Stufen gehen können, wäre das nur halb so
peinlich. Kann man aber nicht und so musste ich zum Empfang: Guten Tag, mir
ist da was unter die Treppe gefallen, wie komm ich denn dort hin?
– Sie gar nich.
– Oh und sie? Mir is da was runtergefallen …
– Ich ja. Was is ihnen denn runter gefallen
– Ähm mein Abendessen?
– …
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Hach, es gibt soooo schöne Blogs!
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Sonntag Abend ging ich in ein Restaurant. Wir bestellten: Kalb mit Pommes, Schwein mit Rosmarinkartoffeln und Lamm mit Kroketten
Gebracht wurde Kalb mit Kartoffeln, Schwein fast tief gefroren und Schwein mit Kroketten.
Der Kellner wird gerufen und beharrt stur darauf, dass das Schwein ein Lamm ist. Dann lenkt er in Hinblick auf die Hoffnungslosigkeit seiner Argumentationskette ein und behauptet, man hätte schließlich Schwein bestellt und das stünde doch auch auf dem Tisch. Weitere zehn Minuten später verkündet er großzügig, dass er nun das Lammgericht bringe und auch Pommes, das sei alles gar kein Problem.
Die Pommes kommen geschmückt mit einem 15 cm langen schwarzen Haar in der Mitte des Tellers. Ich schnaufe durch die Nase.
Weitere zwanzig Minuten später kommt das Lammfilet bei dem es sich augenscheinlich um Lammrücken handelt. Wir mäkeln jedoch nicht und essen, was auf den Tisch kommt.
Geistig händereibend (also eher sowas wie gehirnlappenreibend) freue mich auf die Frage des Obers, ob es uns gemundet hätte.
Ich überlege mir einen durchgängigen Text mit ansteigender Dramaturgie bis hin zur offenen Verkündung meiner Unzufriedenheit. Ziel ist es, mindestens drei Tiramisu rauszuschlagen oder alternativ eine aufsehenerregende Szene für die anderen Gäste zu inszenieren.
Wahrscheinlich hat mein Auge leicht gezuckt, denn mein Freund wußte gleich, dass ich das vorhatte und bat mich uns nicht zum Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu machen. Da ich ein sehr braves Mädchen bin, schaute ich bei der Frage „Waren Sie zufrieden?“ stur auf die Tischdecke und grummele etwas in meinem metaphorischen Bart.
Nachts hat sich mein Unterbewußtsein in einem Rundumschlag befreit. Im Traum stehe ich in einer Kunstausstellung und fordere Streuselkuchen. Der Museumswärter schaut mich hilflos an und sagt mir, dass es keinen gibt. Ich schreie ihn an: „Ich will jetzt sofort Streuselkuchen!“ Er hebt ratlos die Schulter. Ich haue ihm mit meiner Handtasche wütend auf den Kopf. Relativ beherrscht bittet er mich zur Besinnung zu kommen. Woraufhin ich ein Messer auspacke und damit beginne die ausgestellten Bilder zu zerstören. Im Hintergrund brüllt es: „Jetzt hole ich den Chef!“ und ich kreische zurück „Na endlich, den will ich schon die ganze Zeit sprechen!“. Der Chef kommt, wir debattieren. Ich drohe ihm die Römer aussterben zu lassen und alle Dinosaurier dazu. Das beunruhigt ihn sehr. Ich keife noch ein bißchen, stampfe mit den Füßen auf den Boden, bekomme am Ende meinen Streuselkuchen gebracht. An dem nuckele ich glücklich, als ich aus dem Traum erwache.
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Wie ich gestern Abend dem Bastian Sick sein Buch gelesen hab‘ (das ist der wo „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ geschrieben hat), bin ich sehr überrascht gewesen, dass der schreibt, dass ich ziemlich viele Fehler machen tu. Das ist sonderbar. Denn ich hab schon viele Bücher gelesen gehabt, wo die Leute auch so schreiben, wie ich spreche.
Mein Lieblingskapitel ist das wo er behauptet der Singular von Zucchini sei Zucchina, weil er vorher nämlich erklärt hat, dass alle italienischen Wörter, die im Singular mit „a“ enden ein „e“ im Plural bekommen und alle die mit „o“ enden, ein „i“ in der Mehrzahl erhalten.
Da wo der Bastian wahrscheinlich noch ein Babie gewesen ist, habe ich schon viel klügere’s über Sprache geschrieben.
Zu meinen Prüfungsthemen gehörten Anglizismen und Wortneuschöpfungen, die in dem Buch an mehreren Stellen als Beispiel für den Verfall der Hochsprache herangezogen werden. Ich kann meinen Impuls nicht unterdrücken einen Teil meines Prüfungsskriptes als Gegendarstellung zur Schau zu tragen.
Saßen Sie heute schon an ihrem Rechenknecht oder Schoßrechner? Haben Sie sich in das weltweite Netz eingewählt und haben bei dieser Gelegenheit gleich eine Drahtpost verschickt?
Wie aktuelle Diskussionen zeigen, plädieren strikte Retter der deutschen Sprache, für die Ausmerzung englischer Begriffe, sie fürchten den Virus des Denglisch. Dabei argumentieren sie, daß deutsche Wörter treffender seien als Fremdwörter. Fremdwörter würden eine Bildungsmauer durch das Volk ziehen, sie seien schwammig und unbestimmt. Die deutsche Sprache verarme. Die Verwendung von Anglizismen sollte konsequenterweise mit Geldstrafen unterbunden werden.
In Frankreich bewahrt die Académie Française die Landessprache. Seit dem Sommer 1994 gibt es Unterstützung durch den Gesetzgeber. Der damalige Kulturminister Jacques TOUBON erließ ein strenges Sprachgesetz. Das „Loi Toubon“ verbietet die Benutzung ausländischer Wörter in Werbung, Radio und Fernsehen. Bei Nichtbeachtung drohen Gerichtsprozesse und Geldstrafen. Englische Wörter, die in Deutschland zum Alltag gehören, sind in Frankreich tabu. Mit eigenen Wortkreationen sollen englische Begriffe verdrängt werden. So heißt der Walkman „balladeur“, Ketchup wird „tomatine“ genannt und das Fax heißt „telecopie“.
Ähnliche Versuche die deutsche Sprache zu retten, laufen, wie im Eingangsbeispiel demonstriert, schnell Gefahr ins Lächerliche abzugleiten. Auch schon zum Anfang des 19. Jahrhundert hat es ähnliche Bemühungen gegeben. Hier mußte die deutsche Sprache allerdings von französischen Ausdrücken bewahrt werden. Auch hier war man bestrebt französische Wörter durch deutsche zu ersetzen. Als unglückliche Neubildungen erwies sich beispielsweise die Umbenennung von „Perücke“ (frz. perruque – Haarschopf) in Kahlkopfverlegenheitsabhelfer.
Neue Begriffe sind v.a. in „neuen Bereichen“ nötig (z.B. Internet – download, E-mail, surfen, Online-Banking). Von einer Verarmung kann hier nicht gesprochen werden. Das Gegenteil ist der Fall. Die Einführung solcher Begriffe stellt eher eine Bereicherung des Wortschatzes dar. Ähnlich verhält es sich mit wissenschaftlichen Fachausdrücken. Denn die Verwendung neuer Ausdrücke verdeutlicht, daß dem Begriff eine spezielle Definition oder Operationalisierung zugrunde liegt.
Darüber hinaus verbessern Wortneuschöpfungen die Gedächtnisleistung. Auf diesen Effekt setzt beispielsweise die Werbung, indem Begriffe wie „Klimabündchen“, „Aromaporen“ und „Aprilfrische“ einsetzt werden. Entgegen einiger Gedächtnistheorien (z.B. BROADBENT) werden nicht alle Informationen gleichberechtigt abgespeichert. Beispielsweise lassen sich Wörter an bestimmten Stellen im Text besonders gut merken (Primacy, Recency). Gleiches gilt für ungewöhnliche Wortkombinationen. Sie wecken Aufmerksamkeit und werden unter Umständen als wichtig eingestuft. Das geschieht v.a. dann, wenn sie bedürfnisrelevant sind. So können Werbebegriffe unter die FECHNERischen assoziativen Faktoren fallen, da sie die Befriedigung bestimmter Bedürfnisse versprechen. Auch Werbung, die Menschen zum Lachen bringt, kann besser abgespeichert werden. Es wird zunächst Unbestimmtheit aufgebaut, die dann durch die Pointe wieder reduziert wird. Die Reduktion eines entstandenen Bedürfnisses ist mit Lust verbunden und wird ebenfalls besser abgespeichert.
Zunächst nehmen neue Begriffe also mehr Zeit bei der Verarbeitung in Anspruch. Führen wir uns den Textverständnisprozeß vor Augen: Zu Beginn wird ein Schema aufgebaut. Beim Schemaaufbau kommt es dann zu Schwierigkeiten, wenn die grammatikalische Struktur unbekannt oder ungewöhnlich ist; gleiches gilt für unbekannte oder ungewöhnliche Wörter und lexikalische Mehrdeutigkeiten. Läßt sich das aufgebaute Schema nicht mit im Gedächtnis verankerten Schemata verbinden, muß ein Schemaumbau stattfinden. Ist das nun entstandene Schema nicht mit dem gelesenen Vortext vereinbar oder bleibt der rote Faden unklar, wird es weiter ausgebaut und es werden Details, Antezendenzen und Konsequenzen ergänzt. All dies kostet Zeit, da beispielsweise der sprachliche Input in eine bildliche Vorstellung umgewandelt werden muß. Bilder sind im Vergleich zu Sprache zwar weniger flexibel, bieten aber einen größeren Inhaltsreichtum und eine größere Plastizität. Neue Begriffe können also das Gedächtnis umstrukturieren. Es werden neue Schemata aufgebaut, vorhandene Schemata werden um- und ausgebaut und es entsteht eine größere Vernetzung, was letztendlich das Denken flexibler macht.
Ein anderes Problem stellt sicherlich die Strukturierung von Texten dar. Sprachstilratgeber wie beispielsweise die Stilfibel von Ludwig REINERS behaupten: „Wer seinen Stil verbessert, schult auch sein Denken“. Der Autor fordert (neben der Rettung des Genitivs, der Einhaltung des Komparativs und der Ächtung des Nominalstils) das Vermeiden von Fremdwörtern. Außerdem plädiert er für Verständlichkeit und Knappheit. Auch zahlreiche Vertreter der Pädagogischen Psychologie wie AUSUBEL oder BRUNER plädieren für eine klare Gliederung von Texten.
Unter psychologischer Perspektive betrachtet, lassen sich für diese Forderungen einige Argumente aufzählen. Beispielsweise spricht die begrenzte Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses dafür, Formulierungen möglichst knapp zu halten. Ein durch die grammatische Form klar hervorgehobener roter Faden erleichtert ebenfalls das Verständnis.
Den deutschen Kritikern des Sprachverfalls liegt wahrscheinlich eine ganz andere Sorge am Herzen. Diese Sorge wurde beispielsweise in einem französischen Artikel des Figaro aufgegriffen:
„Sprachliche Einflüsse aus dem Ausland werden in Deutschland, bedingt durch die Geschichte, gern aufgenommen. Sprache ist eine Form des nationalen Gefühls. Und seit Hitler ist alles, das eine Beziehung zur nationalen Identität hat, in Deutschland tabu.“
Diese Beobachtung repräsentiert wahrscheinlich die Furcht der Kritiker des Sprachverfalls in Deutschland verbunden mit einem Verlust der „deutschen Nationalidentität“.
Nichtsdestotrotz sollte man bei der Sorge um den Verfall der deutschen Sprache nicht übertreiben. Kritikern sei entgegengebracht daß zu jeder Zeit und in allen Sprachen Entlehnungen zum ständigen Erneuerungspotential gehören. Das wichtigste Korrektiv einer Sprache ist ihr täglicher Gebrauch. Was ihr fremd ist, wird irgendwann wieder abstoßen, dagegen wird das, was der Sprache bekömmlich ist, im Laufe der Zeit integriert. Der Fremdwortanteil unserer Lexik wird auf 25 Prozent geschätzt. Aufgrund der Schnellebigkeit vieler Entlehnungen bleibt dieser Anteil seit Jahrzehnten relativ konstant.
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Wie ich gestern Abend dem Bastian Sick sein Buch gelesen hab‘ (das ist der wo „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ geschrieben hat), bin ich sehr überrascht gewesen, dass der schreibt, dass ich ziemlich viele Fehler machen tu. Das ist sonderbar. Denn ich hab schon viele Bücher gelesen gehabt, wo die Leute auch so schreiben, wie ich spreche.
Mein Lieblingskapitel ist das wo er behauptet der Singular von Zucchini sei Zucchina, weil er vorher nämlich erklärt hat, dass alle italienischen Wörter, die im Singular mit „a“ enden ein „e“ im Plural bekommen und alle die mit „o“ enden, ein „i“ in der Mehrzahl erhalten.
Da wo der Bastian wahrscheinlich noch ein Babie gewesen ist, habe ich schon viel klügere’s über Sprache geschrieben.
Zu meinen Prüfungsthemen gehörten Anglizismen und Wortneuschöpfungen, die in dem Buch an mehreren Stellen als Beispiel für den Verfall der Hochsprache herangezogen werden. Ich kann meinen Impuls nicht unterdrücken einen Teil meines Prüfungsskriptes als Gegendarstellung zur Schau zu tragen.
Saßen Sie heute schon an ihrem Rechenknecht oder Schoßrechner? Haben Sie sich in das weltweite Netz eingewählt und haben bei dieser Gelegenheit gleich eine Drahtpost verschickt?
Wie aktuelle Diskussionen zeigen, plädieren strikte Retter der deutschen Sprache, für die Ausmerzung englischer Begriffe, sie fürchten den Virus des Denglisch. Dabei argumentieren sie, daß deutsche Wörter treffender seien als Fremdwörter. Fremdwörter würden eine Bildungsmauer durch das Volk ziehen, sie seien schwammig und unbestimmt. Die deutsche Sprache verarme. Die Verwendung von Anglizismen sollte konsequenterweise mit Geldstrafen unterbunden werden.
In Frankreich bewahrt die Académie Française die Landessprache. Seit dem Sommer 1994 gibt es Unterstützung durch den Gesetzgeber. Der damalige Kulturminister Jacques TOUBON erließ ein strenges Sprachgesetz. Das „Loi Toubon“ verbietet die Benutzung ausländischer Wörter in Werbung, Radio und Fernsehen. Bei Nichtbeachtung drohen Gerichtsprozesse und Geldstrafen. Englische Wörter, die in Deutschland zum Alltag gehören, sind in Frankreich tabu. Mit eigenen Wortkreationen sollen englische Begriffe verdrängt werden. So heißt der Walkman „balladeur“, Ketchup wird „tomatine“ genannt und das Fax heißt „telecopie“.
Ähnliche Versuche die deutsche Sprache zu retten, laufen, wie im Eingangsbeispiel demonstriert, schnell Gefahr ins Lächerliche abzugleiten. Auch schon zum Anfang des 19. Jahrhundert hat es ähnliche Bemühungen gegeben. Hier mußte die deutsche Sprache allerdings von französischen Ausdrücken bewahrt werden. Auch hier war man bestrebt französische Wörter durch deutsche zu ersetzen. Als unglückliche Neubildungen erwies sich beispielsweise die Umbenennung von „Perücke“ (frz. perruque – Haarschopf) in Kahlkopfverlegenheitsabhelfer.
Neue Begriffe sind v.a. in „neuen Bereichen“ nötig (z.B. Internet – download, E-mail, surfen, Online-Banking). Von einer Verarmung kann hier nicht gesprochen werden. Das Gegenteil ist der Fall. Die Einführung solcher Begriffe stellt eher eine Bereicherung des Wortschatzes dar. Ähnlich verhält es sich mit wissenschaftlichen Fachausdrücken. Denn die Verwendung neuer Ausdrücke verdeutlicht, daß dem Begriff eine spezielle Definition oder Operationalisierung zugrunde liegt.
Darüber hinaus verbessern Wortneuschöpfungen die Gedächtnisleistung. Auf diesen Effekt setzt beispielsweise die Werbung, indem Begriffe wie „Klimabündchen“, „Aromaporen“ und „Aprilfrische“ einsetzt werden. Entgegen einiger Gedächtnistheorien (z.B. BROADBENT) werden nicht alle Informationen gleichberechtigt abgespeichert. Beispielsweise lassen sich Wörter an bestimmten Stellen im Text besonders gut merken (Primacy, Recency). Gleiches gilt für ungewöhnliche Wortkombinationen. Sie wecken Aufmerksamkeit und werden unter Umständen als wichtig eingestuft. Das geschieht v.a. dann, wenn sie bedürfnisrelevant sind. So können Werbebegriffe unter die FECHNERischen assoziativen Faktoren fallen, da sie die Befriedigung bestimmter Bedürfnisse versprechen. Auch Werbung, die Menschen zum Lachen bringt, kann besser abgespeichert werden. Es wird zunächst Unbestimmtheit aufgebaut, die dann durch die Pointe wieder reduziert wird. Die Reduktion eines entstandenen Bedürfnisses ist mit Lust verbunden und wird ebenfalls besser abgespeichert.
Zunächst nehmen neue Begriffe also mehr Zeit bei der Verarbeitung in Anspruch. Führen wir uns den Textverständnisprozeß vor Augen: Zu Beginn wird ein Schema aufgebaut. Beim Schemaaufbau kommt es dann zu Schwierigkeiten, wenn die grammatikalische Struktur unbekannt oder ungewöhnlich ist; gleiches gilt für unbekannte oder ungewöhnliche Wörter und lexikalische Mehrdeutigkeiten. Läßt sich das aufgebaute Schema nicht mit im Gedächtnis verankerten Schemata verbinden, muß ein Schemaumbau stattfinden. Ist das nun entstandene Schema nicht mit dem gelesenen Vortext vereinbar oder bleibt der rote Faden unklar, wird es weiter ausgebaut und es werden Details, Antezendenzen und Konsequenzen ergänzt. All dies kostet Zeit, da beispielsweise der sprachliche Input in eine bildliche Vorstellung umgewandelt werden muß. Bilder sind im Vergleich zu Sprache zwar weniger flexibel, bieten aber einen größeren Inhaltsreichtum und eine größere Plastizität. Neue Begriffe können also das Gedächtnis umstrukturieren. Es werden neue Schemata aufgebaut, vorhandene Schemata werden um- und ausgebaut und es entsteht eine größere Vernetzung, was letztendlich das Denken flexibler macht.
Ein anderes Problem stellt sicherlich die Strukturierung von Texten dar. Sprachstilratgeber wie beispielsweise die Stilfibel von Ludwig REINERS behaupten: „Wer seinen Stil verbessert, schult auch sein Denken“. Der Autor fordert (neben der Rettung des Genitivs, der Einhaltung des Komparativs und der Ächtung des Nominalstils) das Vermeiden von Fremdwörtern. Außerdem plädiert er für Verständlichkeit und Knappheit. Auch zahlreiche Vertreter der Pädagogischen Psychologie wie AUSUBEL oder BRUNER plädieren für eine klare Gliederung von Texten.
Unter psychologischer Perspektive betrachtet, lassen sich für diese Forderungen einige Argumente aufzählen. Beispielsweise spricht die begrenzte Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses dafür, Formulierungen möglichst knapp zu halten. Ein durch die grammatische Form klar hervorgehobener roter Faden erleichtert ebenfalls das Verständnis.
Den deutschen Kritikern des Sprachverfalls liegt wahrscheinlich eine ganz andere Sorge am Herzen. Diese Sorge wurde beispielsweise in einem französischen Artikel des Figaro aufgegriffen:
„Sprachliche Einflüsse aus dem Ausland werden in Deutschland, bedingt durch die Geschichte, gern aufgenommen. Sprache ist eine Form des nationalen Gefühls. Und seit Hitler ist alles, das eine Beziehung zur nationalen Identität hat, in Deutschland tabu.“
Diese Beobachtung repräsentiert wahrscheinlich die Furcht der Kritiker des Sprachverfalls in Deutschland verbunden mit einem Verlust der „deutschen Nationalidentität“.
Nichtsdestotrotz sollte man bei der Sorge um den Verfall der deutschen Sprache nicht übertreiben. Kritikern sei entgegengebracht daß zu jeder Zeit und in allen Sprachen Entlehnungen zum ständigen Erneuerungspotential gehören. Das wichtigste Korrektiv einer Sprache ist ihr täglicher Gebrauch. Was ihr fremd ist, wird irgendwann wieder abstoßen, dagegen wird das, was der Sprache bekömmlich ist, im Laufe der Zeit integriert. Der Fremdwortanteil unserer Lexik wird auf 25 Prozent geschätzt. Aufgrund der Schnellebigkeit vieler Entlehnungen bleibt dieser Anteil seit Jahrzehnten relativ konstant.
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„Ich bin Jacks Prostata. Wenn ich Krebs kriege, bringe ich Jack um.“
Aus der Rubrik herzige Filmzitate.