Plötzlicher Tod eines Primaten

In einem Land in dem es nur Oliven und Fische gibt, ist man logischerweise Bauer oder Fischer. So auch meine Vorfahren. Meine Ahnen haben sich in beiden Beschäftigungsfelder erprobt. Der eine Familienstrang, jener der sein Glück als Fischer probierte, ist jedoch ausgestorben, da die meisten nicht schwimmen konnten. So setzten sich durch darwinistische Auslese die Bauern durch. Als Bauer führte man früher wie heute ein einfaches Leben und kannte nur die relevanten Dinge des Alltags. Andere Dörfer, Städte, Gepflogenheiten oder gar Strom und damit verbunden z.B. Fernsehen hält man für unnützen Tand, mit dem sich verständlicherweise niemand belastet. Einem Fremden mag meine Familie aufgrund gewisser Informationsdefizite deswegen ein wenig hinterwäldlerisch erscheinen. Es bleibt jedoch anzumerken, dass sich der Informiertheitsstand in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert hat. Hat man durch die Gastarbeiterfamilien, die Anfang der 1950er das Land verlassen haben und Ende der 1980er wieder in die Dörfer zurück kamen doch eine Menge an Wissen durch Hörensagen aufholen können.
1960 hingegen war das Wissen jedoch begrenzt und so trug es sich zu, dass mein Urgroßvater, seines Zeichens ein tüchtiger Bauer, an einem Dienstag um 5.30 Uhr aus dem Schweinestall zu meiner Urgroßmutter kam und sagte: „Anna, aufe de Futterkasten sitzte ein Tier, das kenne ich nix. Was solle ich mache?*“
„Antonio, wenn Du nixe kennste die Tier, besser erstmal erschlage.“
Das schien meinem Urgroßvater logisch, er packte eine Harke, die er normalerweise für leichtere Feldarbeiten nutzte, erschlug das Tier und warf es auf den Misthaufen.
Nun war es gleichzeitig so, dass an diesem Mittag die Enkel, die gerade im Sommerurlaub waren, bei den Großeltern vorbei schauten. Sofort berichteten Anna und Antonio von dem großen Ereignis am Morgen. Die Kinder waren, wie man sich leicht denken kann, entsetzt. Nicht nur ob des tierschutzwiderrechtlichen Eingreifens in das Leben eines unschuldigen Lebewesens sondern vielmehr ob der Tatsache, dass sie am Tag zuvor gehört hatten, dass die Nachbarn sich, so wie es aus seltsamen Gründen in den 60er Jahren unter wohlhabenden Gutsherren üblich war, kürzlich einen Affen als Haustier zugelegt hatten.
Mein Urgroßvater hatte in seinem Leben natürlich noch nie einen Affen gesehen und so drängte sich die Vermutung auf, dass der Affe der reichen Nachbarn sich auf den Futterkasten der Schweine meines Urgroßvaters verirrt hatte und dort einen überraschenden Tod fand.
„Nonno Antonio, vermutlich hast Du den Affen der Nachbarn erschlagen!“, schrieen die Kinder mit entsetzen Stimmen im Chor.
„Ache Papperlapappe. Affe! Das war nixe Affe, das hat sich einewandefreie erschlage lasse!“, entgegnete Antonio voller Überzeugung.
Sicherheitshalber schaute man jedoch noch mal auf den Misthaufen. Dort lag jedoch einen allen Anwesenden unbekanntes Tier. Damit der Fall abgeschlossen werden konnte, wurde der Dorfälteste geholt, der das Tier als einen außergewöhnlich hässlichen Hund identifizierte. Damit waren alle zufrieden und man konnte endlich dazu übergehen die längst überfällige Mittagspause einzuläuten.

Hässlicher Hund

*Ich übersetze hier für diejenigen, die des Italienischen nicht mächtig sind.

12 Gedanken zu „Plötzlicher Tod eines Primaten“

  1. Nun ja, bei dieser Überschrift und nach Analyse der letzten Meldungen könnte man tatsächlich auf die Idee kommen, dass eine alte Hoffnung Befürchtung von Frau Nuf eingetreten ist.

    Frau NufJeder beliebige Berliner Prominenten-Hasser kann jetzt täglich Anschläge auf das Engelchen Niedlich mit den Schlauchbootlippen planen und ihr den Einkaufswagen in die Rippen schieben oder gleich um die Ohren hauen¹. Dies ist einfach, weil das glückliche Paar nämlich die Wohnung im Dachgeschoss über Frau Nuf irgendwo im Friedrichshain erworben hat. Der Brad hingegen kann bei guter Führung mit Asylgewährung rechnen und muss dann auch nicht immer lange Briefe lesen.

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    ¹ hypothetische Frage zum Schluss: Müsste man die Schlauchbootlippe denn wirklich zu den Primaten zählen?

  2. Ist das der neue Champion im Hässlichster-Hund-der-Welt-Sein?
    Oder einfach eine koreanische Suppeneinlage? Deutsche Fleischer werben ja auch gerne mit lachenden Schweinen.

    Möchte aber hier die These zum besten geben, dass das „Produkt von BREITE und TIEFE des Wissens über die meisten Menschen gleich ist“
    Soll heißen: Wenn sich bei bestimmten Leuten das Wissen nicht über so furchtbar viele Themengebiete erstreckt, wissen die wahrscheinlich über ihre wenigen Themen in der Tiefe umso mehr.
    Konkret: Die Oliven-Bauern in Sizilien kennen sich vielleicht nicht so gut mit den Spielarten der SM-Szene aus, oder mit Suppenhund, aber dafür wissen sie ALLES über Oliven?

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    ¹ gefühltes Wissen meinerseits, und Fußballer würde ich pauschal davon ausnehmen²

    ² am propos Ausnehmen: Inzwischen gibt’s so manche aufschlussreiche Fotoserie über die Zubereitung von Hund… (zugegeben, Begeisterung darüber kann am besten verstehen, wer in der Berliner Innenstadt wohnt).
    Google-Bildersuche, Suchworte „flickr, loupiote, vietnam, dog“

  3. Besonders gelungen ist die originalgetreue Übersetzung aus dem Italienischen. Ich wusste gar nicht, dass die Italiener auf italienisch auch diesen lustigen Akzent haben. Zumindest die älteren. Die Kinder sprechen ja einwandfrei Hochsprache. :-)

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