Wer dachte, Kindergartenplatz finden sei Stress, der hat wohl keine schulpflichtigen Kinder. Die richtige Schule auszusuchen, gestaltet sich um ein vielfaches schwieriger.
Immerhin bekommt man auf jeden Fall einen Platz. Je nachdem wo man wohnt, hat man dann Glück oder nicht. Der Tag der offenen Tür an „unserer“ Schule war für mich eine Reise in die bunte Welt meiner Wessivorurteile über Ostschulen.
Die Direktorin verwies beispielsweise auf die vielen tollen Leichtathletikwettbewerbe, auf den Rechenwettbewerb, den Schachwettbewerb, den Schnelllesewettbewerb, den Buchstabierwettbewerb, den Englischwettbewerb, den Erfinderwettbewerb, den … ich hab leider an der Stelle schon nicht mehr richtig zugehört. Diverse Kindheitstraumata riefen mir bereits fröhlich „Haaallloooo“ zu. Bei den Bundesjugendspielen habe ich beispielsweise NIE, ich wiederhole NIE irgendetwas gewonnen. Mein Weitwurfrekord liegt bei 11 Meter. Allerdings musste ich dem Schüler, der das in die Liste eintrug, hinterher mein Taschengeld eines Monats vorbei bringen. Tatsächlich war mir der Ball hinten runter gefallen. …die Galerie der besten Schüler, die Jahresbestenauflistung und die Medaillensammlung außerschulischer Aktivitäten im Schaukasten vor dem Sekretariat.
Ich stellte mir vor, wie es wohl wäre, wenn es nicht nur eine Kategorie gäbe, in der man versagen könnte, sondern potentiell alle Kategorien dazu da sein könnten, um zu versagen.
Andere Schulen in der Umgebung stechen auch eher durch den barschen Umgangston ins Ohr. An mancher Stelle wünschte ich mir, dass die Kinder eher durch Schäferhunde als durch Fachpersonal bewacht würden. Die sind wenigstens noch kuschelig und stinken nur wenn sie nass werden.
Endlich haben wir eine Schule gefunden, deren pädagogisches Konzept gut klingt und die auch sonst einen erfreulich guten Eindruck macht, schon lässt uns das Thema Schulgeld erschaudern. Da wir beide berufstätig sind, müssten wir den laut Liste ausgewiesenen Höchstbetrag bezahlen. Plus einen Sonderbetrag für Zusatzleistungen, das Mittagessen, die Hortbetreuung und natürlich Unterrichtsmittelgrundausstattung und Lernmittel.
Ermäßigung gibt es nur, wenn man mehrere schulpflichtige Kinder beim gleichen Träger anmeldet. Für das erste Kind zahlt man 100% des Betrags, für das zweite 75%, für das dritte Kind nur 50% und das vierte – man höre und staune – wäre kostenneutral. Geht man von potentiellen (frei erfundenen und lachhaft niedrigen) 100 Euro aus, ergäbe das bei vier schulpflichtigen Kindern durchschnittlich 56,25 Euro pro Kind. Leider hat man selten vier Kinder gleichzeitig im schulfähigen Alter.
Um Geld zu sparen, muss man also tief in die Trickkiste greifen. Da reicht es nicht, den „Wohnort zu wechseln“. Das machen ja sehr viele. Einfach bei Freunden, die im Einzugsgebiet der Wunschschule leben, den Wohnsitz anmelden und schon ist man bei der Wunschschule angenommen.
Will man im oberen Fall Geld sparen, muss man sich zu allererst scheiden lassen und dann nach einem neuen Ehepartner suchen, der ebenfalls Kinder im Schulalter hat, die er/sie ebenfalls an der obigen, privaten Schule anmelden möchte. Diesen muss man dann heiraten und den Expartner bestätigen lassen, dass regelmäßig Unterhalt entrichtet wird. Das macht man dann mindestens vier Mal (oder aber man hat Glück und findet einen potentiellen Patchworkschulkooperationspartner mit Mehrlingen) und schon spart man gut 45% Schulgeld pro Kind!
Das ist großartig. Alternativ bleibt natürlich immer noch, dass die Frau den Job aufgibt und sich dem Hausfrauendasein widmet. Das wirkt sich positiv auf das Jahresbruttoeinkommen aus und mindert den zu entrichtenden Betrag alle 10.000 Euro um 20%.
Toll die Schule mit den vielen Wettbewerben!
Kinder wollen besser sein als andere. Kinder wollen gewinnen.
Und je mehr Wettbewerbe es in einer Schule gibt, desto mehr Kinder bekommen die Chance auch mal ganz vorn zu stehen, gelobt zu werden, irgendeine Urkunde oder eine Medaille (sei es nur aus Pappe) zu bekommen.
Ich war auch nicht der Sportcrack, habe regelmäßig am Barren geheult und Punkte fürs Volleyball nur bekommen, weil ich den Schiedsrichterschein absolviert hatte.
Aber ich konnte elefantastisch vorlesen und die anderen Kinder haben geklatscht.
Das kann man seinen eigenen Kindern doch nicht vorenthalten, nur damit sie im Erwachsenenalter ihren Namen tanzen können.
Da frage ich mich doch, wie ich es dreizehn Jahre lang an staatlichen Schulen aushalten konnte…¹ … vermutlich schlummert in mir ein HartzIV-geneigter Serienkiller und ich habe ihn nur noch nicht geweckt. Wahrlich, ich sage Euch, es ist schrecklich, zu so einer schaurigen Minderheit zu gehören.
¹ mehr als die Hälfte übrigens in Oberfranken
Nein, natürlich hängt es am Familienbruttoeinkommen.
Anders wäre es ziemlich furchtbar.
Insgesamt wollte ich meinen Unmut kund tun, dass die staatlichen Schulen (zumindest, die über die ich mir ein Urteil bilden konnte) unter aller Kanone sind und dass die privaten wirklich unfassbar teuer sind, sobald es zwei Verdiener in der Familie gibt. Würde nur einer arbeiten (egal ob Mann oder Frau), dann wären die Schulen halbwegs bezahlbar. Man rechnet sich sowas ja durch. Tatsächlich lohnt es sich dann kaum halbtags zu arbeiten. Meistens arbeiten die Frauen halbtags. Deswegen der letzte, lästerliche Satz.
Jammern auf hohem Niveau und auch nicht sehr differenziert, ich weiß.
Wie, das Schulgeld ist nicht von der Höhe des Familieneinkommens abhängig, sondern davon, ob beide Eltern erwerbstätig sind, egal, wie viel sie dabei verdienen? Verstehe ich das richtig?