Die Geburt eines Kindes macht aus Atomuhren Sonnenuhren. In meinem babylosen Leben war ich einst Koordinatorin von EU-Projekten, weil ich eine Vorliebe für Haarspalterei, Deadlines und unverhältnismäßig komplizierten Abrechnungsregularien hatte. Meine Kollegen schenkten mir zum Geburtstag ein Stempelset mit dem ich auch im Privatleben meine Ablage perfekt organisieren konnte.
Jetzt bin ich Mama und lebe lustig mit dem Baby in den Tag hinein. Ich weiß selten wie viel Uhr es ist und schon gar nicht welchen Wochentag wir haben.
Mein Freund ist bisweilen entsetzt darüber, denn im Laufe der Beziehungsjahre hat er gewisse Erwartungen aufgebaut. Waren wir beispielsweise früher irgendwo eingeladen, hatte ich den Anfahrtsweg in drei Varianten, einen Ausschnitt des Stadtplans und einen Kompass in der Handtasche. Heute stehen wir ratlos in der Straße und ich versuche mich zu erinnern, ob die Hausnummer ein- zwei- oder gar dreistellig war.
Doch was soll ich sagen. Das Ex-Leben als Atomuhr macht nur halb so viel Spaß wie das einer Sonnenuhr und so lebe ich heiter nach dem Motto, das ich vor ca. zwei Jahrzehnten gerne in Poesiealben krakelte: Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heiteren Stunden nur.
Wer ihn nicht kennt, den 17uhrwahnsinn.