Klischee Idiot Dad

Ik hasse ditte ja: Blogparaden. Aber in dem Fall, würde es mich wirklich interessieren. Mich beschäftigt das Stereotyp „Idiot Dad“ schon lange.*

Gemeint ist z.B. das Bild, das Sitcoms verbreiten:

„[On TV] if there is a dad in the home, he is an idiot. It must have reflected our own discomfort with dads being competent,“ said Hanna Rosin on a panel about the future of fatherhood at the Aspen Ideas Festival. „You put a dad in front of his kid, and the dad gives the worst advice. You put a dad in front of a toaster and he burns the house down.“

Quelle: Dads on Sitcoms

The Idiot Dad, der, der den Kindern T-Shirts anzieht, wenn es Minusgrade hat, der den Wollpullover bei 90 Grad wäscht, der sich und die Kinder eine Woche mit Pommes ernährt, wenn die Frau verreisen muss (oder vorgekocht bekommen muss, weil er gar nicht weiß wie man den Ofen anstellt).

Ich lese auch immer wieder Artikel von Müttern, die sich über die inkompetenten Väter lustig machen. Ja, ja, das ist alles mit einem Augenzwinkern zu sehen. Ist ja lieb gemeint, nicht wahr? Die Papas, haha.

Klar, man kann sich darüber lustig machen. Kann man. Ist manchmal auch lustig. Denn es gibt diese Väter. Im Zusammenhang mit Maternal Gatekeeping habe ich mal darüber geschrieben.

Wenn sich die Mütter v.a. die erste Zeit in erster Linie um den Nachwuchs kümmern, dann haben sie ja auch einen Kompetenz und Wissensvorsprung. Der ist da. Einfach weil hundertmal Windeln wechseln geübter macht als fünfmal. Ist bei allen anderen Dingen auch so. Wenn ich regelmäßig Auto fahre, dann werde ich eine bessere Autofahrerin. Die „Bedienung“ meines Autos wird zu Routine, ich muss mein aktiven Teil des Gehirns nicht belasten mit „Jetzt auf die Kupplung“, „Jetzt hochschalten“ etc. Ich gewinne Kapazitäten für die Aufmerksamkeit, die ich dem Verkehr widmen kann, ich lerne viele Verkehrssituationen kennen und entwickle Routinen.

Das ist mit den Kindern nicht anders. Auch Mütter machen alles irgendwann das erste Mal. Der Unterschied ist: Die Gesellschaft geht davon aus, dass Mütter das können müssen, weil sie ja Mütter sind. Bei Männern ist das anders: Die müssen per se erstmal nichts können und leisten als Vater. Wenn sie es dann aber doch tun, werden sie gelobt. Dieses Lob hat keine Mutter jemals zu erwarten. Wenn sie alles richtig macht, erreicht sie ihr Soll. Wenn nicht, darf sie kritisiert werden. Sie ist schließlich eine Mutter, sie müsste das ja können.

„Auch eine Mutter sieht ihr Kind nach der Geburt zum ersten Mal. Auch Mütter haben nicht sofort eine Beziehung zu dem nach der Geburt blutverschmierten, röchelnden und schreienden kleinen Menschen. Auch eine Mutter weiß nicht automatisch, wie ein Baby am einfachsten zu wickeln ist und wann genau es Hunger hat. Auch eine Mutter muss sich dieses Wissen und die Beziehung zu ihrem Kind erst erarbeiten.“

Quelle: Die Mutter bin ich

Das wird Müttern aber nicht zugestanden. Den Vätern jedoch schon. Es wird ihnen nicht nur zugestanden, dass sie das alles nicht können sondern dass sie das auch alles gar nicht lernen müssen. So der Default.

Die allerwenigsten Männer wollen das offensichtlich anders. Ich schließe das aus Statistiken. Z.B. aus der, der Elterngeldbezieher. 1/3 der Väter tun das grob. Die überwiegende Mehrheit (2/3) davon gehen „nur“ zwei Monate in Elternzeit. Der Rest anekdotische Evidenz. An Elternabenden zähle ich in der Regel mehr als 2/3 Frauen. An Bastelnachmittagen sogar noch mehr. Beim Kinderarzt im Wartezimmer sehe ich meist Mütter. Wenn ich höre, dass die Kinder krank sind, bleiben meist die Mütter mit ihnen Zuhause.

Übrig bleibt der Freizeitpapi. Er liest vor, unternimmt was mit den Kindern, bekommt aber noch die Windeltasche gepackt, die Einkaufsliste geschrieben und auch sonst alles vorgearbeitet.

Für diese Freizeitpapis ist es bestimmt hilfreich zu wissen, wie man den Kindern die Fingernägel schneidet. Es wird ein Aha-Erlebnis sein, zu erfahren, dass es abgerundete Scheren gibt, die besonders geeignet für Kindernägel sind. Dass man schlafenden Babys die Fingernägel ohne Theater schneiden kann.

Jetzt kommt das ABER

„if we want gender equality, men have to step up as parents to free up their partners as workers. And not when the kids are teenagers, but when they’re babies.“

Quelle: Dads on Sitcoms

Und das müsste mal von einigen Männern verstanden werden. Deswegen schrieb ich auf Twitter

Denn: ich kenne diese Männer. Männer, die alles genauso gut können wie die Mütter. D.h. nicht, dass es den einen richtigen Weg gibt übrigens. Es gibt viele Wege. Aber diese Väter sind eben keine „Idiot Dads“, die nicht ihren eigenen Kindern die Windeln wechseln können, sie anziehen als wäre Hochsommer, wenn es kalt ist, die sagen: Ach, Zähneputzen, das ist immer so anstrengend, das lassen wir ausfallen, die sagen: Elternzeit/krankes Kind? Das ist jetzt gerade ganz schlecht. Mein Chef hat da wenig Verständnis. Das schadet leider meiner Karriere, wenn ich jetzt früher gehe. Die sagen: Ich kann mit Babys nichts anfangen, sollen die erstmal sprechen lernen, dann kommt meine Zeit.

Jedenfalls: mich würde wirklich interessieren wie Väter das sehen. Wollen sie ernst genommen werden? Was tun sie dafür? Wie regeln sie den Alltag mit dem anderen Elternteil? Vielleicht hat der ein oder andere Vater Lust mir zu antworten. Gerne im Kommentar und gerne als Blogpost unter dem Hashtag #noIdiotDad

Ich habe wirklich viel über Rollenverteilung nachgedacht und auch über das Argument: Du kannst das ja besser (oder: Ich kann das besser, dann mache ich das geschwind). Denn ich glaube, das ist eine Falle. Es gibt so viele Aufgaben, die kann man lernen, da gehts nicht darum, ob das eine/r besser kann und ich glaube, selbst wenn, Aufgaben rotieren ist sehr gut.

Zum einen in puncto Vorbild für die Kinder sein. Die Mama kann besser spülen, der Papa besser Löcher bohren. Der Papa kann besser kochen, die Mama besser Auto fahren. Was bedeutet das für die Söhne? Was für die Töchter? Wäre es nicht viel besser, wenn man sich das aufteilt?

Außerdem in puncto Kompetenzen verteilen und Verantwortung gemeinsam tragen. Die Mama macht die Steuererklärung, der Papa schreibt den Kindergeldantrag. Die Folge ist doch irgendwann, dass Mama/Papa keine Ahnung mehr hat wie das geht, keinen Einblick in die letzten Jahre etc.

Und zuletzt in Sachen Frust: Die Gefahr, dass bestimmte Aufgaben, die keinen Spaß machen, an einer Person hängen bleiben, weil sie die ach so gut kann, ist sehr groß.

Ich finde, es lohnt sich eine Liste zu machen über all die Dinge, die erledigt werden müssen. Vieles ist dem einen Elternteil nämlich gar nicht klar. Das passiert einfach alles so und kann dennoch zu einer großen Belastung werden – auch wenn jede Einzelaufgabe für sich nichts Großes ist. Um konkret von mir zu sprechen: Ich war irgendwann komplett überlastet von den kleinen Dingen. Fingernägel schneiden, Kinder regelmäßig Haare waschen, Wechselwäsche aktuell halten, Bastelmaterialien besorgen, Schulbücher bestellen, an den Rucksack für den Wandertag denken, U-Termin 6 Monate im voraus ausmachen, Kindergeburtstagsgeschenke einkaufen, die Schließzeiten planen, die Einkaufsliste erstellen, planen was am Wochenende gekocht wird, an die Geburtstage der Verwandten denken, Sandalen kaufen, Hortantrag ausfüllen, Kuchen für das Sommerfest backen, an die Kitaübernachtung denken, …(die Liste ist unendlich). Dafür muss man im Grunde nichts können – deswegen bleiben diese Aufgaben sehr oft (anekdotische Evidenz) an einem Partner hängen.

Jedenfalls: Mein Anfangsgedanke war ja: Wie sieht das aus mit der Vaterschaft. Wie wollen Männer wahrgenommen werden. Was ist der Wunschzustand? Wie der Weg dahin? Nerven euch die „Idiot Dads“ nicht auch?


 

 

Ich weiß, mein Text wird die beleidigen und ausgrenzen, die sich bereits engagieren. Die, die 2 Monate Elternzeit genommen haben, die, die auf Elternabende gehen, die, die auch Laternen basteln. Ich weiß nicht so recht, was ich da sagen soll, ohne dass es herabwürdigend klingt. Ich bin froh um diese Männer. Ich hoffe nur, dass sie noch mehr daran interessiert sind, sich einzubringen und ernst genommen zu werden. Denn was mich angeht: ICH möchte kompetente Väter.

 

*Ich gestehe übrigens, ich habe auch schon über Phil Dunphy in Modern Family gelacht.