Am Wochenende habe ich mal wieder einen Vortrag zu SEO für BloggerInnen gehört und irgendwie habe ich eine natürliche Abneigung gegen das Thema SEO in Blogs. Warum, das versuche ich im Folgenden zu beschreiben.
Dreh- und Angelpunkt aller Vorträge, die ich bislang gehört habe, sind Bemühungen aller Art das Blog für Google zugänglicher zu machen. Dabei ist die Idee, dass man den Google-Algorithmus irgendwie erschließt und dann die einzelnen Faktoren zu seinen Gunsten beeinflusst. Ziel ist mehr Traffic auf der Seite.
Für mich ist da ein Denkfehler drin. Denn statt sich nach der (Such)Maschine zu richten, sollte man sich nach den Menschen richten. Eigentlich ist es sogar tautologisch. Denn die Google-Macher versuchen ja mit Google Menschen und ihr Suchverhalten nachzuahmen.
Für Google zu optimieren heisst dann irgendwie für eine Maschine zu optimieren, die versucht Menschen (oder besser ihr Suchverhalten) nachzuahmen. Da kann man sich als Mensch doch gleich versuchen in die Menschen reinzudenken, oder?
Meine Beobachtungen während der Vorträge ähneln sich sehr. Vorne steht jemand, der zunächst ein bisschen über die Mächtigkeit von Google referiert (beunruhigte Gesichter) und dann eine Auswahl an technischen Fakten präsentiert (verunsicherte Gesichter), um dann schließlich zu berichten, was man alles tun kann, um Google entgegenzukommen bzw. zu seinen Gunsten zu beeinflussen (hektisches Mitschreiben, flankiert von leichtem Panikgesicht).
Die Tipps sind unterschiedlich gut. Ich habe am Wochenende z.B. gehört, man solle Blogeinträge, die kaum Besucher haben löschen und dann ein Plugin benutzen, das die Leute, die über die bereits indizierten Links sonst auf eine 404 Seite kommen, umleitet. Diesen Tipp halte ich für ausgemachten Blödsinn.
Dann gibt es Tipps wie: benutzt Bilder, schreibt übersichtliche Artikel, verwendet dafür Absätze und Zwischenüberschriften.
Solche Tipps halte ich für sinnvoll. Warum? Weil sie gut für Menschen sind (und damit zufällig auch für die Maschine Google, die ja die suchenden Menschen nachahmen soll).
Binsenweisheit mag man jetzt sagen – aber auch wenn man weiß, dass Absätze Texte leserlicher und Bilder Texte anschaulicher machen – nicht jede/r setzt dieses Wissen um (ich z.B. weil ich zu faul bin, die passenden Bilder zu suchen).
Ganz banal heisst Texte optimieren also Texte gut lesbar machen. Mehr nicht. Man braucht meiner Auffassung nach keine Keyword-Generator, die einem zum Text noch schöne andere Worte anbieten, die man dann fleißig einbaut. So etwas verunstaltet Blogtexte. Was anderes mag es sein, wenn man einen Shop hat. Dann bietet man aber konkrete Produkte an, auf die man konkret optimieren kann. Wer Buntstifte sucht, sucht bestimmt auch rot, grün, blau oder Spitzer etc.
Texte macht man durch ekeliges Keyword-Stuffing kaputt.
Die andere Frage ist: wenn man es wirklich schafft, durch SEO Menschen auf die Seite zu locken: was sind das für Menschen und was passiert mit denen?
Ich habe da sofort das Bild von diesen Restaurants in touristischen Gegenden im Kopf, vor denen „Anlocker“ stehen, die weil sie JEDEN Passanten ansprechen, am Ende wirklich erreichen, dass das Restaurant gefüllt ist.
Die eigentliche Frage aber ist: Ist das Essen gut? Fühlen sich die Menschen dort wohl und würden sie wiederkommen?
Und ich behaupte, die Antworten lauteten nein, nein und nein.
Was man als Restaurantbesitzerin doch eigentlich möchte, sind nicht irgendwelche Touris, die man dann nie wieder sieht, sondern eine glückliche Stammkundschaft, oder? Menschen, die gerne wieder kommen. Die vielleicht sogar andere mitbringen und die ihren FreundInnen von meinem Restaurant erzählen.
Deswegen bin ich der festen Überzeugung, dass man die ganzen tollen SEO Tipps einfach vergessen kann.
Mein erster Tipp wäre: „Dance Write like nobody’s watching“
(Ich glaube, der Tipp ist ursprünglich von Anke Gröner [sie hat es im Header stehen). Felix Schwenzel schreibt in dem Zusammenhang sehr schön über Randall Munroe, der sich offenbar auch keinerlei Gedanken um Optimierung macht und trotzdem höchst amüsant ist und zahlreiche Fans hat.)
Einfach schreiben, was man schreiben will. Fertig. Aus Selbstzweck. Um Erinnerungen festzuhalten, um Erfahrungen zu teilen, um Spaß zu haben. Ich habe vor 12 Jahren exakt so angefangen.
Mein zweiter Tipp: „Qualität vor Quantität“
Meistens hat man ja ein (Anfangs)Thema. Man schreibt übers Kochen, übers Reisen, über Kinder, über Politik, über Autos. Und dafür gibt es bestimmt Interessenten. Andere Menschen, die sich fürs Kochen, fürs Reisen, für Kinder, für Politik oder für Autos interessieren.
Das sind dann die Leute, die man im Blog haben möchte und nicht die, die sich für Astronomie, für Lettering oder für Hasen interessieren. Es geht also nicht um viele LeserInnen sondern um die richtigen LeserInnen.
Wie man an die kommt, ist beim Bloggen viel einfacher als bei Shopbesuchern. Man liest dann nämlich einfach artverwandte Blogs, teilt gute Beiträge zum Thema, kommentiert und baut sich in den Sozialen Medien kleine Themeninseln. Ganz vereinfacht gesagt, geht es ums Vernetzen.
Und wenn man doch unbedingt viele LeserInnen und nicht nur bestimmte LeserInnen haben möchte, dann wäre mein dritter Tipp: „Meinung haben“
Beiträge, in denen klar Stellung bezogen wird, ziehen Menschen an und zwar von beiden Seiten. Diejenigen, die diese Meinung teilen und diejenigen, die eine völlig andere Meinung haben.
(Das muss man aber auch aushalten können. Ich konnte das am Anfang meiner Blogzeit gar nicht und ich habe mich deswegen jahrelang bemüht so wenig Angriffsfläche wie möglich zu bieten. Erst als ich meine feste Community hatte, habe ich angefangen mich klar zu Themen positionieren.)
Wenn man erstmal soweit ist, dass man sich traut Meinung zu haben, kann man über Wege der eigenen Sichtbarkeit nachdenken. Jess von Alabaster Maedchen nannte das im Zusammenhang mit dem Thema Monetarisierung von Blogs „Indirekte Erlösquellen“.
Zu diesen Maßnahmen gehört es, für andere Magazine zu schreiben, Vorträge zu halten oder z.B. an Diskussionspanels teilzunehmen. (Ich ergänze die Punkte, wenn die Folien online sind, ich hab nicht alles mitgeschrieben). Vielleicht wird man zu Beginn nicht gefragt – man kann sich aber auch einfach anbieten. Der Tipp lautet deswegen „Sichtbarkeit erhöhen“
Mein letzter Tipp ist eine weitere Binsenweisheit: „Geduld haben“
Ihr wollt kein Touristenrestaurant, das nach 3 Monaten wieder schließt, oder? Ihr wollt ein schönes, lauschiges Restaurant mit Stammkundschaft, gutem Service, zufriedenen MitarbeiterInnen und 1A Essen.
Sowas startet man nicht einfach so. Dafür braucht es Geduld. Man fängt mit einer Idee an und lernt dazu. Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr und irgendwann klappt es.
Zusammenfassend also:
- Technische Barrieren aus dem Weg räumen (da steht schon ein Häkchen, bei allen, die ein gängiges Content-Management-System wie WordPress mit einem Standard Template verwenden)
- Texte so schreiben, dass sie gut lesbar sind (Selbsterklärende Überschriften, Bilder, Absätze, Zwischenüberschriften, Zusammenfassungen)
- Write like nobody’s watching
- Qualität vor Quantität
- Meinung haben
- Sichtbar sein
- Geduld haben
und
- alle SEO Tipps ignorieren