Wankelmut

Ich liebe mein Bett. Es sind die schönsten vier Quadratmeter in meiner Wohnung. Der andere Wohnraum ist eigentlich ein bisschen überflüssig. Eigentlich mache ich in meinem Bett alles. Lesen, Serien schauen, arbeiten, kochen, Teppiche knüpfen, Bücher schreiben, essen natürlich und Zähne putzen.
(Ich hatte erst geschrieben „Sport“, „klöppeln“ und „bügeln“ – aber das klingt irgendwie als ob ein Boomer versucht verschleiert zu sagen, dass er Sex hat – v.a. wenn man das in Anführungszeichen schreibt.)

Jedenfalls: Ich denke, es ist verständlich, dass mein Bett deswegen besonders schön aussehen soll. Es dürfte also niemanden verwundern, dass ich weder Zeit noch Kosten gescheut habe, die perfekte Bettwäsche zu finden. Alles war wunderschön. Zwei Kopfkissen 80×80, zwei Bettdecken 140×200. Einheitlich, passend zum Spannbettlaken, hübsch. Wie in einem Katalog für modernes Leben.

Dann habe ich meinen Freund kennengelernt. Der – und ich verstehe es ja – eine Bettdecke haben wollte, die länger als 2m ist. Sonst liegen die Füße immer frei. Also habe ich schweren Herzens zugestimmt und eine weitere Bettdecke in diesem neuen Maß gekauft. Damit war natürlich das Bettbezugkonzept im Arsch. Ich meine, wenn ich 1997 einen schönen Bettbezug gekauft habe, dann gab es den natürlich nicht mehr und selbst wenn es den gegeben hätte… sehr wahrscheinlich nicht in diesem Sondermaß.
Also habe ich W o c h e n damit verbracht neue Bettbezüge zu finden, die sich stimmig ins vorhandene Farbkonzept einfügen. Wochen! Und die Unkosten! Schlimm.

Naja. Dann wars wieder perfekt. Mein innerliches Gleichgewicht gefunden und dann – ganz plötzlich – also gestern – nach nur 10 Jahren sagt der Freund plötzlich: „Ich nehme jetzt lieber zwei Standarddecken.“ Ich meine WTF? Kaum ist ein bisschen Ruhe eingekehrt schon will er nach 10 Jahren schon wieder eine Änderung. Ich meine, wer bin ich denn? Jetzt muss ich also wieder einen dritten Bettbezug finden, der passt??! Die eine Dekade hü, die nächste hott!

Ich war sehr beunruhigt. Aufgebracht nahezu und er so: „Ist doch nicht so schlimm, wenn die Bettbezüge nicht zusammen passen. Sieht ohnehin niemand.“

Also ja, er hat natürlich recht. Aber die Metaebene übersieht er natürlich völlig. Wenn man nach 10 Jahren schon das Bettdeckenmaßkonzept so mir nichts dir, nichts ändert, was heißt das fürs restliche Leben? Will er dann auch eine neue Freundin? Ist das auch so spontan zu erwarten? Will er jetzt vielleicht das Gegenteil? Also eine, die gar keine Dad-Jokes kennt? (Apropos, warum wachsen Fichten immer so schief?) Eine, die richtig viel Zeit miteinander verbringen will (und die nicht aus Versehen ihren Alleineurlaub auf seinen Geburtstag bucht?)? Eine, die Internet doof findet?

Ich weiß es nicht. Ich finde Wankelmut ja wirklich nicht gut. Man kann doch e i n m a l bei einer Sache bleiben. Man muss doch nicht alle 10 Jahre Bettdecken wechseln. Reicht doch auch alle 50 Jahre?


Sämtliche Personen in diesem Beitrag sind frei erfunden. Dies betrifft auch die Autorin selbst. Ähnlichkeiten sind nur zufällig. Zitate insbesondere imaginär.

8 Gedanken zu „Wankelmut“

    1. Sehr pragmatisch, aber man muss das Bett zerwühlt lassen.
      Gemachte/abgedeckte Betten sind ein Paradies für Milben.
      „Milben mögen Dunkelheit, Wärme und Feuchtigkeit – wenn Sie Ihr Bett morgens ordentlich machen ist das für die Tiere ideal“

      1. Oh, da hast du natürlich Recht. Warum werden Tagesdecken dann nicht VERBOTEN?!? Die kann man einfach so kaufen, und niemand weiß um diese Gefahr! ^_^

  1. Ich (Mann ist 30 cm größer als ich und wir sind 24 Jahre miteinander…) habe breit gegrinst…

    Worüber in 50 Jahren mal nachgedacht werden könnte: getrennte Schlafzimmer. Das rückt die Optik und manche Metaebene zurecht und tut auch dem „Klöppeln“ (echt jetzt, dieses Wort?) keinen Abbruch.

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