Wie viel Wissen erträgt der Mensch, bevor er sich nicht mehr auskennt?

Es ist an der Zeit den Begriff Informations- und Wissensgesellschaft in Gesellschaft des gefühlten Wissens umzubenennen. Gefühltes Wissen ist etwas, mit dem sich Horst Evers bereits ausgiebig beschäftigt hat.
Findige Wissenschaftler sind dem Phänomen ebenfalls nachgegangen. Man hat einer Gruppe Probanden eine schematische Zeichnung eines Helikopterrotors gezeigt und sie anschließend gefragt, ob sie das Funktionsprinzip verstanden hätten. Fast alle bejahten. Die nachträgliche Detailbefragung ergab, dass man alles andere als verstanden hatte. Verstanden wurde einzig und allein „Ein Rotor dreht sich“ und „Ein Rotor bewirkt irgendwie dass der Helikopter fliegt“.
Dies ist auch der Grund warum Powerpoint über die Jahre immer beliebter wurde.
So wie einem jedes gängige Projektsteuerungstool vorgaukelt die Prozesse im Griff zu haben, so täuschen Powerpointpräsentationen vor, dass komplizierte Zusammenhänge auf einige einprägsame Kernaussagen eingedampft werden können.
Das von mir sehr geschätzte Buch zum pyramidalen Denken von Barbara Minto macht jeden zum Experten zum Finden und Darstellen solcher Aussagen. Die Powerpointslides werden überall gelobt und die Projektpartner gehen mit dem Gefühl nach Hause, etwas zu wissen.
Solange sie niemand genauer zu den geplanten Abläufen befragt, kommen keine Zweifel auf.
Aber wer solte das schon tun und warum? Das Projektteam? Sicherlich nicht, denn David Copperfield lebt ebenfalls von Illusionen gleicher Art.
Es reicht, dass alle das Gefühl haben, etwas verstanden zu haben. Das stärkt das Kompetenzempfinden und macht alle glücklich und zufrieden.

5 Gedanken zu „Wie viel Wissen erträgt der Mensch, bevor er sich nicht mehr auskennt?“

  1. Früher, als Powerpoint noch Overhead hieß und Vortragende ihren ganzen Vortrag in 8 pt Schrift in eine hyperkomplexe Overhead-Tabelle hineinpressten, kurz vor dem Vortrag noch mit Filzstift und Tipp-Ex Ergänzungen vornahmen und das ganze dann falsch herum auf den Projektor legten, früher, da sprachen die Weisen: „If you can’t use your head, use the overhead“. Der einzige Powerpoint weit und breit war das Vorstadtfitnessstudio und beim Vortrag deckte man den unteren Teil der Overheadfolie mit einem Notizblock ab, um die Zuhörer nicht abzulenken. Und schon damals war es leicht einen Vortrag zu verstehen und schwer, ein paar Minuten später mit eigenen Worten wiederzugeben, was man gehört hatte. Es fehlte der head … der overhead.

  2. davon abgesehen, dass ich ebenfalls ein erklärte ppt-feind bin, ist es doch vor allem die furcht vor blöße und gesichtsverlust, die dafür sorgt, dass wir alle gelegentlichen bullshit abnicken, statt zu fragen, was das (heißen) soll. nachfragen, wenn man was nicht verstanden hat, ist aber so wichtig. ich bilde mir ja auch ein, es ist die schuld des senders und nicht des empfängers, wenn es zu missverständnissen kommt.

  3. Lies mal On Bullshit, da steht die Antwort auf deine Frage mit dem Wissen. Allerdings nix über Powerpoint, aber vielleicht schreibt mal jemand Folgeaufsatz zu Bullshit & Powerpoint. Oder auch nur über Powerpoint, it’s the same.

  4. Auch wenn ich meistens nichts zu tun habe, stecke ich zur Zeit in einem Projekt, wo diverseste IT Abteilungen und damit auch unterschiedlichste Einstellungen aufeinanderprallen. Interessant ist zum das von FrauNuf so trefflich beschriebene Phänomen „Ich dampfe das Wissen zusammen und alle denken sie verstehen“ und die Kombination „und selbst wenn nicht, würde ich nicht fragen, denn dann würde ich ja wie der letzte Depp dastehen.“

    Das ist wunderbar. Da geht man dann aus dem Raum, zu 13 Leuten, kann davon ausgehen, dass 6 Leute denken sie hätten es verstanden, 4 Leute wissen, dass sie es nicht verstanden haben, aber trauen sich nicht nachzufragen und 3 Leute wussten das Zeug bereits vorher. Das ist prima. Da ist es richtig gut, wenn es unter den 13 Leuten einen gibt, der dem Vortragenden immer ans Bein pissen will, indem er zu allem und jedem eine Frage stellt. Dann halten ihn zwar alle für supernervig, aber immerhin kann man davon ausgehen, dass vielleicht tatsächlich ein oder zwei Leute begriffen haben worum es geht.

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