Neuerdings ist es Mode sich regionales Gemüse und Obst mit DHL wöchentlich zustellen zu lassen. Selbstredend Bio und auch gibt es einen Wertschätzungsbeauftragten, der sich bei jeder Möhre, die dem Erdreich entrissen wurde, für ihre Existenz und ihren Nährstoffgehalt persönlich bedankt.
Unser Nachbar hat so ein Gemüsepaket und weil er in den Urlaub fuhr und vergaß es abzubestellen, haben wir nun dieses Gemüsepaket.
Ich hätte nicht gedacht, dass ein Gemüsepaket so aufregend sein kann und möchte aus der persönlichen Erfahrung heraus jedem ans Herz legen, sich ebenfalls so ein Paket schicken zu lassen. Es ist riesig und man packt gut eine halbe Stunde aus. Es empfiehlt sich, die gesamten Pflanzen und gereiften Fruchtstände am Küchentisch auszubreiten, denn die Bestimmung der Dinge, nimmt eine weitere Stunde in Anspruch. Auch wenn die Mohrrüben nicht genmanipuliert kegelförmig und die Kartoffeln einheitsrund sind, kann davon ausgegangen werden, dass eine Zuordnung ohne größere Schwierigkeiten möglich ist. Als nächstes kommen die Salatköpfe, von denen eigentlich völlig egal ist, was sie genau sind, denn einzig und alleine zählt, dass es sich um Salat handelt, den man mit irgendeiner Fertigpampe einem liebevoll zubereiteten Dressing verspeisen kann.
Als nächstes kommt das Grüngestrüpp bei dem man ob seiner Größe schon nicht mehr sicher sein kann, ob es sich um Mangold, Blattspinat oder Monsterpetersilie handelt.
Am Ende bleibt das Zeug. Das Zeug lässt sich ausschließlich mittels Internet bestimmen.
Dabei ist maßgeblich, dass man die richtigen Suchstichworte in die Suchmaschine eingibt.
„Rund grün wahrscheinlich essbar“ ergibt beispielsweise nur unzureichende Ergebnisse. Wohingegen „Schale dünn, außen violett bis weiß gefärbt, inneres fest, weiß, kernlos, leicht muffiger Geruch“ sofort die richtige Antwort gibt.
Denn, so ist die Wahrheit, was man in dreißig Jahren noch nie gesehen hat, kennt auch Google nicht und was Google nicht kennt, das gibt es nicht.
Man wirft den ganzen Schmodder also einfach in einen Kochtopf und macht Eintopf.
also Google findet doch was:
;)
Is jetzt schon wieder Funkstille, habe ich einen wichtigen Link verpasst oder bin ich einfach nur ungeduldig? Wo seid ihr denn alle?
Ich tippe mal blind auf Gammelfleisch? Baujahr ’04, leicht säuerlich im Abgang mit einem vollwürzigen Paprika-Aroma?
… und verkauft es den Enkeln als QDDG. So geschehen bei mir. Kennen Sie QDDG, Frau Nuf? Querdurchdengarten – muss aus der Nachkriegszeit kommen.
Wie auch Steckrübenentopf. Weiss doch auch keiner, was das wirklich ist.
Weiss ja nichtmal einer, was Steckrüben wirklich sind.
Man isst somit
auf jeden Fall
on the greener
side.
Den Wertschätzungsbeauftragten nannte man früher¹ einfach „Priester“, oder?
Bei dem Monstergemüse² hätte ich jetzt auch ganz naiv auf Aubergine getippt, musste mich aber von Gugel belehren lassen:
„Vergewissern Sie sich, dass alle Wörter richtig geschrieben sind.
Probieren Sie andere Suchbegriffe.
Probieren Sie allgemeinere Suchbegriffe.
Probieren Sie weniger Suchbegriffe.“
Nun ja, das versuche ich auf dem Crellemarkt jeden Mittwoch und Samstag. Letztes mal habe ich zwei Kilo Portulak nach Hause getragen.
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¹ das waren die Zeiten, als man in im Unterricht noch nicht „Ethik und zahlenmäßige Wertekunde“ oder „Weltanschauliche Zwangsbeschulung“ hatte, sondern schlicht „Religion“ – was aber auch nichts anderes war.
² regelmäßige Leser wissen ja, dass Frau Nuf im Grunde alles Gemüse für Monstergemüse hält, besonders wertvoll *from outer Space*.
Wie hat der violette, leicht muffige Eintopf denn geschmeckt?
Hm, das Weltorakel… erm… Google gibt vor nichts zu wissen? Seeehr verdächtig.
Bestimmt handelt es sich hier um einen gefährlichen biologischen Kampfstoff in Rohform, der von dem neuen Internetterroristen-Filtr 2.0 zensiert wurde. Vorsicht!
Eine Rübenart vielleicht?
Ich habe mal von so einer Gemüsekiste gehört, in der zu jeder Gemüseart ein Zettel vom jeweiligen biologisch-dynamischen Bauern lag, der seine persönliche Beziehung zu seiner Ackerfrucht offenlegte. Das geht dann doch ein bisschen zu weit. Dann doch lieber im Internet suchen und Eintopf machen.
Achso, ganz vergessen: Die Theorie „Was Google nicht kennt, gibt es nicht“ halte ich für falsch und vor allem für gefährlich. Nur so am Rande.
Wie wär’s mit Aubergine? Nur mal so’n Vorschlag…
Ich würd ja auf gamlige Kaktusfeige oder Drachenfrucht tippen, aber das ist kein Gemüse und meistens haben die Dinger auch ein paar erkennbare kerne.
Jetzt ist mir ein wenig schlecht…
Google ist da falsch – Flickr hilft da sicher beser weiter! Ähnlich wie die Hekatomben an Pilz- und Kriechzeuchbildern, die zur Bestimmungszwecken im Internet abgeladen werden.
So a la „Have you seen this vegetable?“